Ayse - Mich hat keiner gefragt

  • Diese Rezi habe ich vor ein paar Tagen bei Rezi-online.de veröffentlicht:


    Klappentext:


    Parallelgesellschaft mitten in Deutschland - mutig, offen und zutiefst bewegend erzählt.


    Ayse ist vierzehn Jahre alt, als sie von ihren Eltern verheiratet wird. Bei ihrem Mann Mustafa in Deutschland erwartet sie jedoch von Anfang an die Hölle: Noch vor der Hochzeit wird sie von ihm das erste Mal vergewaltigt. Entehrt geht Ayse in eine Ehe, die von Ausbeutung, Schlägen und sexueller Gewalt bestimmt ist. Sie bringt vier Kinder zur Welt und arbeitet bis zur totalen Erschöpfung, ohne jedoch je einen Cent dafür zu erhalten. Denn Ayses Schwiegermutter behandelt sie wie eine Sklavin. Erst nach neunzehn Jahren gelingt ihr endlich die Flucht aus der Zwangsehe.


    "Dieses Buch spiegelt eindrucksvoll das Elend von Tausenden 'Importbräuten' aus der Türkei wider - jeder sollte es lesen!"
    Serap Cileli



    Meine Meinung:


    Ayse wird 14jährig mit ihrem Cousin Mustafa verheiratet. Sie wird aus ihrer gewohnten Umgebung - einem kleinen türkischen Dorf - herausgerissen und muß fortan in Deutschland bei ihren Schwiegereltern leben. Ihr Mann prügelt und vergewaltigt sie, ihre Schwiegermutter hasst sie und behandelt sie wie eine Sklavin. Ayse bringt vier Kinder zur Welt und arbeitet bis zur Erschöpfung; ihr Mann dagegen arbeitet nur sporadisch, versucht sich hin und wieder als Geschäftsmann und scheitert immer wieder daran.
    Dann, als Mustafa sie eines Tages krankenhausreif schlägt, verlässt sie ihn und beginnt ein neues Leben. Doch dieser neue Anfang ist alles andere als leicht, Ayse muß sich nicht nur mit den Schulden ihres Mannes herumschlagen, sondern auch mit der Verachtung der Familie und ihrer eigenen Söhne.


    Für einen aufgeklärten Westeuropäer ist es nicht ganz einfach, diese Geschichte zu begreifen. Vor allem die Tatsache, dass so etwas sich in der unmittelbaren Nachbarschaft abspielt, erscheint auf dem ersten Blick absurd. Die Traditionen und Gesetze, von denen im Buch die Rede ist, wirken fremd und archaisch.
    Dass immer wieder Mädchen und Frauen diesen Traditionen zum Opfer fallen, wollen die wenigsten wahrhaben. Deshalb ist "Mich hat keiner gefragt" ein wichtiges Buch, das hoffentlich vielen Menschen die Augen öffnet.


    Mehr zum Thema Zwangsheirat hier.


    ***
    Aeria

  • Ich pflichte Dir voll bei, viele Menschen sollten dieses (und andere) Buch lesen und die Augen offen halten. Ein Schwager von mir stammt aus dem Iran, mein zweiter aus Syrien, ich habe einen Blutsbruder aus dem Libanon. Aber so offen wie alle mit mir reden, wenn es um die Traditionen geht, sind diese Menschen nicht in Deutschland, sondern in ihrer Heimat verwurzelt. Leider.

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

  • Uups, zu diesem Buch habe ich auch noch nichts gesagt. Aufgrund meiner ehrenamtlichen Tätigkeit für Terre des Femmes hatte ich das RIESENGLÜCK, Ayse gemeinsam mit ihrer Journalistin Renate Eder, zu Lesungen zu begleiten und vorab einen kleinen Vortrag zum Thema Zwangsheirat zu geben.


    Dadurch habe ich das Buch natürlich mehrfach gelesen und noch öfter Ausschnitte daraus gehört. Es hat mich beim Lesen zutiefst bewegt, was Ayse so lange ausgehalten hat und wie sie trotz allem, immer weitergemacht hat, Tag und Nacht geschuftet hat, eigene Wünsche hintenan gestellt hat.
    Da ich mich ja lange Zeit mit den Themen "Zwangsheirat" und "Ehrverbrechen" beschäftigt habe, habe ich entsprechend viel Lektüre konsumiert. Natürlich sind hier keine Pulitzerpreisverdächtigen Werke dabei, aber dies Buch gehört in dem Themenkomplex in meine Top 3.


    Die Lesungen mit Ayse, Renate Eder sowie der Leserin Karime Vakilzadeh haben richtig viel Spaß gemacht und waren gelungene Veranstaltungen, die hoffentlich ein bisschen zum Verständnis dieser Themen beigetragen haben.


    Serap Cileli sagte einmal: "Zwangsheirat ist Vergewaltigung auf Lebensdauer", dieser Satz steht auch im Vorwort und der sagt zu diesem Thema eigentlich schon alles aus. Wer aber hinter die Türen dieser von Zwangsheirat betroffenen schauen möchte, sollte dieses Buch lesen!


  • Meine Meinung:


    Ich habe dieses Buch innerhalb ein paar Stunden durchgelesen. Erschütternd, traurig und Beklemmend. Immer wieder musste ich mit dem Kopf schütteln. So eine Geschichte passierte und passiert immer wieder mitten in Deutschland. Nicht überall sind die Menschenrechte angekommen. Ein absolut lesenwertes Buch.


    lg
    hestia

  • Wenn man Ayse heute sieht, glaubt man kaum, was sie hinter sich hat. Sie hat heute eine Kraft, die ich allen Frauen wünsche, die sich in einer solchen Situation befinden. Aber auch ihre Co-Autorin Renate Eder hat hier eine fantastische Arbeit geleistet. Und die Zusammenarbeit von den beiden entstand durch einen Zufall beim Kaffekränzchen, es ist also nicht so, dass Ayse sich hier aufgedrängt hätte.


    Es hat mir riesig viel Spaß gemacht, Ayse, Renate und Karime (die gelesen hat) zu begleiten, die Lesungen waren immer schön und interessant.


    Das Buch jedenfalls zeigt eindrucksvoll, was in unserer Nachbarschaft so alles passieren kann, und dass wir gefordert sind, auch ruhig mal genauer hinzuschauen!

  • Sicher ein interessantes Buch- aber es hätte mehr gebraucht als zwei Seiten Nachwort von Terre des Femmes. Was ist an diesem Lebensentwurf duch den Islam geprägt, waas traditionalistisch, protoislamistisch? Was hätte mir als Deutsche anders, besser machen können um einige der Wichen im Leben der Autoren anders zu stellen? So ist es eine Biographie, interessant, sicher aber relevant?

  • Rezension:


    Irgendwann im Frühjahr 1964 wurde Ayse in einem kleinen Dorf namens Ballidere in Zentralanatolien geboren. Ihre Eltern waren arme Bauern. Der Vater schlug die Mutter und die Kinder, lediglich die jüngste Schwester wurde von ihm geliebt und von daher nie mit Strafen belegt. Ab ihrem 6. Lebensjahr musste sie auf den gepachteten Feldern ihrer Eltern mitarbeiten, die Schule besuchte sie nur unregelmäßig. Mit 9 Jahren wird sie mit ihrem Cousin verlobt, mit 14 Jahren muss sie ihn heiraten - gefragt wurde sie nicht. Sie ist nur eine Frau, deren Meinung nicht zählt!


    Doch anstelle einer großen Hochzeitsfeier, wird in der Türkei nur standesamtlich geheiratet. Die große Feier soll in Deutschland, dem "gelobten" Land nachgeholt werden. 15 Tage nach ihrer Ankunft soll die Hochzeit stattfinden und somit die Ehe offiziell geschlossen werden. Doch bereits an ihrem 2. Abend in Deutschland wird sie von ihrem Cousin / zukünftigen Ehemann vergewaltigt.


    Am Morgen nach der Hochzeit kommt ans Licht, dass sie keine Jungfrau mehr war! Ihre dominante Schwiegermutter beschimpft sie fortan als *Hure*, auch nachdem ihr Sohn gestanden hat, dass er es war, der ihr vor der Hochzeit die Unschuld nahm.


    Nach der Hochzeit wird es immer schlimmer. Ihr Mann schlägt und vergewaltigt sie regelmäßig und ihre dominante Schwiegermutter zwingt sie von morgens bis abends zu arbeiten - Lohn bekommt sie allerdings keinen. Alles Geld, was Ayse und ihr Mann verdienen, geht auf das Konto der Schwiegermutter. Mit 15 bekommt sie ihr erstes Kind.


    19 Jahre lang erträgt sie dieses Leben, 4 Kinder bekommt sie von ihrem Mann, doch dann hat er sie einmal zu oft misshandelt. Sie beschließt zu fliehen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Doch dann verschleppt ihr Ehemann die jüngsten Kinder in die Türkei ...


    Was für ein erschütterndes Buch! Aus den Medien hören wir viel über Zwangsheirat und Ehrenmorden, doch hier spricht ein Opfer. Hauptsächlich ein Opfer der Traditionen und ihrer Umwelt. Ayse schildert ihr Leben, von den ersten Jahren an in der Türkei, bis zur Gegenwart in Deutschland. Deutlich hervorgehoben sind die Kämpfe, die sie nicht nur mit sich, sondern auch mit ihrer Umwelt ausgetragen hat. Der Schreibstil des Buches ist sehr packend geschrieben, ohne übermäßig emotional zu wirken. Alles in allem hat mich dieses Buch sehr nachdenklich zurück gelassen.