Mitgift
Henning Ahrens
Klett-Cotta
ISBN: 3608984143
352 Seiten, 22 Euro
Über den Autor: Henning Ahrens, 1964 in Niedersachsen geboren, lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Frankfurt. Er übertrug unter anderem die Werke von Jonathan Safran Foer, Colson Whitehead, Meg Wolitzer und Richard Powers ins Deutsche. Für sein literarisches Werk erhielt er mehrere Auszeichnungen, zuletzt erschien 2015 »Glantz und Gloria. Ein Trip«, das mit dem Bremer Literaturpreis geehrt wurde.
Henning Ahrens hat die Geschichte seiner Familie aufgeschrieben und obwohl er sich die Freiheit genommen hat, einige Dinge zu verändern, spürt man mit jeder Zeile seinen engen Bezug zu den einzelnen Personen und zu dem kleinen Dorf in Niedersachsen, in dem er aufgewachsen ist. Seit sieben Generationen wird der Hof der Leebs bereits von ihnen bewirtschaftet und vom Vater zum Sohn weiter gegeben. Es wird standesgemäß geheiratet und diese Pflicht steht über allem; engt alle Hoferben ein. So auch Wilhelm Leeb, der „Willem“ genannt wird, damit man ihn von seinem Vater Wilhelm unterscheiden kann. Willem soll einmal den Hof übernehmen, sein Lebensweg scheint vorgezeichnet. Schon als Jugendlicher kümmert er sich um Haus und Hof, während der Vater sich freiwillig zum Kriegsdienst meldet und in Kriegsgefangenschaft gerät. Als der Vater dann zurückkehrt, muss er seinen Platz in der zweiten Reihe wieder einnehmen und den Erwartungen entsprechen, die die gesamte Familie an ihn hat…
Ich habe diesen Roman innerhalb kurzer Zeit verschlungen. Das liegt hauptsächlich an dem beeindruckenden Schreibstil, mit dem Henning Ahrens seine Figuren zum Leben erweckt. Man merkt, dass es wahre Vorbilder gibt, man sieht förmlich in die dunklen, engen Stuben, in denen düstere Möbel der Vorfahren stehen und alles zu erdrücken scheinen, atmet die Landluft und spürt das Ackerland unter den Füßen. Die eindrücklichen Landschaftsbilder, die geschilderte dörfliche Atmosphäre haben beim Lesen bei mir zusätzliche Bilder im Kopf entstehen lassen, da ich aus der Gegend stamme. Ich erkenne das Dorf und die Kleinstadt wieder, kann die einzelnen Stationen, die einzelnen Lebenswege der Familie plastisch vor Augen sehen. Der Blick auf die engen Denkstrukturen der ländlichen Gesellschaft, auf die teilweise mächtigen Bauern, dörfliche Netzwerke und das freudlose Leben von Willem, der statt Wärme und Liebe nur Pflichten und Opfer aufgebürdet bekommt, haben mich beim Lesen tief in die bedrückende Enge seiner Welt hineingezogen und noch lange nachdem die letzte Seite beendet ist, klingen die Bilder und die bedrückende Stimmung in mir nach.
Mein Fazit: Es geht um die uralte Frage, wie viel Blut und Tränen, wie viel Opfer und persönliche Entbehrungen ein Stück Land wert ist. Eine bedrückende Familiengeschichte, meisterhaft erzählt.
Der Roman ist für den deutschen Buchpreis nominiert und das hat er verdient.
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ASIN/ISBN: 3608984143 |