Ulrike Schweikert - Novembersturm

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Der Bahnhof Friedrichstraße. Ein Jahrhundertbauwerk. Stolzes Herz einer Stadt auf dem Sprung zur modernen Weltstadt. Als der junge Architekt Robert 1920 den Auftrag bekommt, am Neubau des Bahnhofs und der Planung der ersten U-Bahn-Linie Berlins mitzuarbeiten, ist er überglücklich. Endlich kann er seiner großen Liebe Luise einen Heiratsantrag machen. Doch ihr Glück ist nicht ungetrübt. Seit dem Großen Krieg ist Roberts bester Freund Johannes, mit dem er gemeinsam an der Front kämpfte, verschollen. Johannes war Luises erste Liebe. Als sie glaubte, er sei tot, fand sie Trost bei Robert. Ausgerechnet am Tag ihrer Hochzeit taucht Johannes wieder auf, kriegsversehrt und ohne Hoffnung, Luise eine Zukunft bieten zu können …


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Ulrike Schweikert arbeitete nach einer Banklehre als Wertpapierhändlerin, studierte Geologie und Journalismus. Seit ihrem Romandebüt «Die Tochter des Salzsieders» ist sie eine der bekanntesten deutschen Autorinnen historischer Romane. Beide Bände ihrer Erfolgsreihe «Die Charité» standen in den Top 10 der Bestsellerliste und verkauften sich insgesamt über 200.000-mal. Zuletzt begeisterte die Verfilmung ihrer Jugendbuchserie «Die Erben der Nacht» zahlreiche Zuschauer.


    Allgemeines

    Erster Band der zweiteiligen Friedrichstraßensaga

    Erschienen am 14.09. 2021 bei Rowohlt als TB mit 512 Seiten
    Gliederung: Prolog (1882) – 28 Kapitel – Epilog – Bibliographie der verwendeten Literatur, Magazine und Filme – Nachwort zu Dichtung und Wahrheit – Danksagung

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: Berlin, 1920 bis 1933 (mit Rückblenden auf frühere Jahre)


    Inhalt

    Robert Wagenbach, Johannes Rosenstein und Luise Richter wachsen gemeinsam in Berlin auf, zwischen Johannes und Luise entwickelt sich im Laufe der Jahre eine Jugendliebe. Dann kommt der Erste Weltkrieg, beide Männer werden eingezogen, doch nur Robert kehrt zurück, während Johannes als vermisst gilt. Als Robert, inzwischen Architekt, den lukrativen Auftrag bekommt, an der Modernisierung des Bahnhofs Friedrichstraße mitzuarbeiten, macht er Luise, in die er schon lange verliebt ist, einen Heiratsantrag. Sie nimmt den Antrag an, doch die Ehe verläuft nicht rundum harmonisch. Dies liegt zum einen an Roberts Kriegstrauma, das sein Eheleben dauerhaft überschattet; seine Weigerung, psychologische Hilfe zu suchen, verstärkt die häuslichen Konflikte. Zum anderen leidet die Ehe gelegentlich unter den unterschiedlichen Lebensentwürfen von Robert und Luise. Robert ist konservativ eingestellt und nimmt daran Anstoß, dass Luise ihre Arbeit als Sekretärin bei der Berliner Sittenpolizei nicht aufgeben möchte. Er befürwortet auch nicht Luises Freundschaft mit Ilse, der Schwester von Johannes. Ilse ist überaus emanzipiert, sie kümmert sich wenig um „Schicklichkeit“ und zeigt Luise das Berliner Nachtleben, aufgrund von Ilses sexueller Orientierung verkehren die Frauen auch in Szenebars lesbischer Frauen. Als Johannes zwei Jahre nach Kriegsende als Kriegsversehrter nach Berlin zurückkehrt, ergeben sich weitere Anlässe für Konflikte.


    Beurteilung

    Der Beschreibung nach könnte man hinter „Novembersturm“ einen Liebesroman vermuten, dies trifft jedoch nicht zu. Die Schicksale der Hauptfiguren Robert, Luise, Johannes, Ilse und auch Ella, einer Bewohnerin des ärmlichen „Hinterhauses“, die seit ihrer Kindheit nicht so recht zur Gruppe der Freunde gehört, vollziehen sich vor dem gründlich recherchierten Hintergrund Berlins in den 1920er und frühen 1930er Jahren. Die Autorin entwirft ein beeindruckendes Panorama dieser Zeit und führt dem Leser die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen und Strömungen der Epoche vor Augen. Die politische Lage ist instabil, ständig wechseln die führenden Politiker und die nationalsozialistischen „Braunhemden“ terrorisieren zunehmend die Bevölkerung, auf offener Straße greifen sie Kommunisten und Juden an. Die wirtschaftliche Situation ist von Inflation und für die ärmeren Bevölkerungsschichten – hier exemplarisch an Ellas Familie dargestellt – Hunger und Mangel geprägt. Die gesellschaftliche Veränderung ist gegenüber den Vorkriegsjahren enorm: Auch Frauen sind berufstätig, verlangen in der Ehe mehr Gleichberechtigung und auch sie wollen nach den harten Kriegsjahren das Nachtleben erkunden. Tanzbars mit amerikanischer Musik und Kinos bieten erweiterte Freizeitmöglichkeiten. Des Weiteren gibt es in Berlin auch schon zahlreiche Bars für homosexuelle/ lesbische Gäste. Der Leser begegnet zahlreichen prominenten Zeitgenossen, seien es Politiker, Autor(inn)en oder Künstler(inn)en. Hier wäre ein Personenverzeichnis im Anhang hilfreich gewesen.

    In die fortlaufende Schilderung der Ereignisse sind Rückblenden auf die Kindheits- und Jugendjahre sowie die Kriegserlebnisse der Protagonisten eingeflochten, die deren gründlich und differenziert ausgearbeitete Charaktere erhellen und manch ungewöhnliche Verhaltensweise nachvollziehbar machen.


    Fazit

    Ein überaus fesselndes Panorama der deutschen Hauptstadt im Zeitraum von 1920 bis 1933, ein sehr lesenswerter Roman, der schon Vorfreude auf den Folgeband „Tränenpalast“ (Mai 2022) weckt!

    10 Punkte

    ASIN/ISBN: 3499000083

  • Novembersturm

    Inhaltsangabe: Quelle Rowohlt Polaris


    Friedrichstraßensaga, Band 1

    Der Bahnhof Friedrichstraße. Ein Jahrhundertbauwerk. Stolzes Herz einer Stadt auf dem Sprung zur modernen Weltstadt. Als der junge Architekt Robert 1920 den Auftrag bekommt, am Neubau des Bahnhofs und der Planung der ersten U-Bahn-Linie Berlins mitzuarbeiten, ist er überglücklich. Endlich kann er seiner großen Liebe Luise einen Heiratsantrag machen. Doch ihr Glück ist nicht ungetrübt. Seit dem Großen Krieg ist Roberts bester Freund Johannes, mit dem er gemeinsam an der Front kämpfte, verschollen. Johannes war Luises erste Liebe. Als sie glaubte, er sei tot, fand sie Trost bei Robert. Ausgerechnet am Tag ihrer Hochzeit taucht Johannes wieder auf, kriegsversehrt und ohne Hoffnung, Luise eine Zukunft bieten zu können …


    Meine Meinung zur Autorin und Buch

    Ulrike Schweikert, hat mich mit ihrem neusten Roman dem 1. Band ihrer Familiensaga hellauf begeistert. Sie nimmt uns mit in die wilden Zwanziger Jahre bis 1933 in Berlin. Auch sind die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen sehr gut recherchiert und spannend erzählt, besser als jeder trockene Geschichtsunterricht. Dem Elend, der Armut und Arbeitslosigkeit, in dieser Zeit. Die Traumata der Kriegsheimkehrer aus dem ersten Weltkrieg. Ihre Haupt Protagonisten sind zwar fiktiv , aber all den Künstler denen wir mit den Figuren sind real, ob Kästner, Vicki Baum, die Manns, die Dietrich usw. Ihr Schreibstil ist sehr flüssig, Bildhaft und sehr mitreißend. Ihren Figuren hat sie Leben eingehaucht, so das man mit ihnen gelitten und sich gefreut hat, man konnte regelrecht mit ihnen verschmelzen.


    Es war einfach wunderbar die Freunde, Luise, Ilse, Robert, Johannes aus dem Vorderhaus zu begleiten, aber auch Ella die im Hinterhaus lebte, auf ihren Lebenswegen zu begleiten. Alle haben ihre Träume und ihr Päckchen zu tragen, so verschieden sie auch sind, man ist für einander da. Es ist nicht leicht nach dem Krieg, der Hunger, das Elend und die Arbeitslosigkeit sind groß. Luise arbeitet bei der Polizei, In der roten Burg, Robert der aus dem Krieg zurück gekehrt ist, arbeitet als Architekt, und ist mit an der Planung, des neuen Bahnhofs und der U- Bahn in Berlin beteiligt. Ilse, ist eine unruhige Seele, sie verkehrt in berüchtigten Lokalen und der Künstler Szene. Ich hatte oft Angst das sie im Abgrund landen würde und Luise mit sich zieht. Ella hat es geschafft aus dem Hinterhof Milieu, als Verkäuferin zu arbeiten. Johannes der als Tod gilt und nicht aus dem Krieg zurückgekommen ist, taucht ausgerechnet am Tag von Luise und Robert Hochzeit plötzlich auf. Er war Luise Große Liebe, es ist für alle betroffen nicht leicht. Beide Männer leiden unter den Folgen des Krieges, aber sie fressen alles in sich hinein, anstatt sich zu öffnen, sie können einfach nicht über die grausamen Dinge erzählen. Ilse und Luise, werden zu innigen Freundinnen, und es war schon spannend mit ihnen auf Streifzüge durchs nächtliche Berlin zu ziehen. Alles hätte so friedlich weitergehen können, aber Hitler und seine Anhänger, gewinnen an macht, und versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Luise Ehe, hat auch ihre dunkle Seite, und Luise ihre Geheimnisse. Alles scheint wieder in Ordnung zu sein, als sie die Kleine Lilli zur Welt bringt, wirklich ein kleiner Sonnenschein. Eine Geschichte voller dunkler Geheimnisse und Abgründe, man wird beim lesen auf die Folter gespannt. Mehr mag ich nicht erzählen, sonst würde ich zu viel Preis geben. Jedenfalls das Ende hat mich jäh und unerwartet erwischt .


    Jedenfalls freue ich mich schon auf Teil 2

    Berlin Friedrichstraße, Tränenpalst , Mai 2022

  • Louise und Robert sind schon seit ihrer Jugend eng befreundet. Johannes ist der Dritte im Bunde, aber ist nicht aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt. So entschließt sich Louise Robert zu heiraten und in die Zukunft zu schauen. Doch dann taucht Johannes am Tag der Hochzeit wieder in Berlin auf.


    Was wie der Auftakt zu einem Beziehungsdrama klingt, täuscht ganz gewaltig. Die Leser begleiten Louise, Robert und Johannes, sowie dessen Schwester Ilse und Ella, die im Hinterhaus groß geworden ist, durch die zwanziger Jahre bis ins Jahr 1933. Die Handlung springt immer wieder in der Zeit zurück, in die Kindheit, die Kriegsjahre und einmal auch in die nähere Vergangenheit. Die Beziehung zwischen den fünf Protagonisten wandelt sich mit der Zeit und wir begleiten sie gemeinsam und getrennt. Gerade Ilse trifft einige prominente Gesichter wie Marlene Dietrich, Anita Berber und Erich Kästner, immer wieder, während die anderen sich in den unterschiedlichsten Milieus bewegen. Dadurch entsteht ein breit gefächertes Bild der Zeit.


    An sich hat mir das Buch gut gefallen, das Lebensgefühl der zwanziger Jahre wird gut transportiert und viele Geschehnisse werden genauer beleuchtet. So sprechen die Protagonisten immer wieder über die Politik und auch gesellschaftliche Ereignisse, wie die Eröffnung der Avus, Kino und Theater, sowie auch die Musikszene sind immer wieder Thema. Doch hatte ich manchmal das Gefühl, dass es ein wenig zu viel war, was da alles reingepackt wurde. Dabei ging mir der Bezug zur eigentlichen Geschichte ein wenig verloren. Und manchmal hatte ich das Gefühl, nicht genau zu wissen, in welcher Zeit wir gerade sind.


    Trotzdem lies sich das Buch gut lesen und hat einen Lesesog ausgelöst, so dass es nie langweilig wurde und man immer wissen wollte, wie es denn nun weitergeht. Daher kann ich das Buch durchaus empfehlen und freue mich auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr erscheinen wird.


    8 von 10 Punkte

  • Luise, Robert und die Geschwister Johannes und Ilse wohnen im gleichen Haus in Berlin und sind unzertrennlich. Aber auch Ella aus dem Hinterhaus ist ständig in der Nähe. Später verlieben sich Johannes und Luise. Bevor Johannes an die Front geht verloben sie sich heimlich. Doch Johannes kehrt nicht zurück. Berlin will nach dem Krieg in eine neue und moderne Zeit aufbrechen. Daher wird ein neuer Bahnhof geplant, der ein Zeichen setzen soll - der Bahnhof Friedrichstadt Der junge Architekt Robert ist an der Planung beteiligt. Louise und Robert wollen heiraten. Aber am Tag der Hochzeit taucht Johannes unverhofft wieder auf. Der Krieg hat Spuren bei ihm hinterlassen.

    Dieser Roman von Ulrike Schweikert spielt in einer interessanten Zeit. Das Berlin der Zwanziger Jahre hat seine lebensfrohen und strahlenden Seiten, aber auch die mit großem Leid und großer Not. Das ist der Nährboden, auf dem die Nazis stärker werden.

    Der Schreibstil der Autorin lässt sich angenehm und flüssig lesen.

    Die Charaktere sind gut und authentisch beschrieben. Louise ist eine junge Frau, die ihren Beruf bei der Polizei mag, aber sie möchte wie das damals üblich ist natürlich auch eine Familie haben. Robert und Johannes studieren gemeinsam und haben sich beide in Louise verguckt. Johannes ältere Schwester Ilse ist eine starke selbstbewusste Persönlichkeit und führt ein eigenständiges Leben. Ihre Neigungen gefallen der Familie überhaupt nicht. Sie wird Louises beste Freundin. Ella gehört aufgrund der Standesunterschiede nicht wirklich zum Freundeskreis, doch als Johannes wieder auftaucht, kümmert sie sich um ihn.

    Die jungen Leute haben ihre Träume und ihre eigenen Vorstellungen vom Leben. Doch der Krieg sorgt für Ernüchterungen und die Zeit danach sorgt für neue Schwierigkeiten.

    Mir hat dieser historische Roman gut gefallen und ich bin schon gespannt auf die Fortsetzung.


    8/10

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Berlin in stürmischen Zeiten...


    Ich wollte mal wieder einen richtig schönen Schmöker mit Drama und Herzschmerz vor historischem Hintergrund lesen und genau dies bekommt man hier auch.


    In der Geschichte geht es um Luise, Johannes und Robert, die bereits als Kinder eng befreundet sind. Aus Freundschaft wird Liebe, doch dann müssen die Jungs in den Krieg und nur Robert kehrt zurück, obwohl Johannes die erste Liebe von Luise war. Als die zwei übrig Gebliebenen den Bund der Ehe schließen, taucht der einst Verschollene wieder auf. Was macht das mit den Dreien und welche Auswirkungen haben die Kriegserlebnisse auf die Seelen aller?


    Der Roman besticht vor allem durch tolle Schilderungen Berlins und sympathische Hauptfiguren. Mir gefiel, dass auch damalige Tabuthemen wie ungewollte Kinderlosigkeit, alleinerziehende, arme Mutter und ähnliches erwähnt werden, denn so war der enorme Klassenunterschied am meisten zu spüren.


    Identifizieren konnte ich mich am ehesten mit Luise in ihrer nicht ganz glücklichen Ehe. Durch sie erleben wir live mit, was Ehemänner ihren Frauen verbieten und wie sie deren Leben einschränken konnten.


    Berührt hat mich außerdem Hinterhofkind Ella, die für die Freundschaft alles tut, auch wenn sie sich selbst dabei oft vergisst. Sie möchte dazu gehören. Wie sie sich durchs Leben boxt, das hatte schon etwas für sich.


    Ilse als queere Figur in die Handlung einzubauen mochte ich sehr, da es hier sehr natürlich geschildert wird. Ihre Kontakte zur Künstlerszene und wie sie die Abende verbringt, das hatte schon etwas für sich.


    Außer dem Leben der Hauptfiguren erfährt man viel über die damaligen geschichtlichen Hintergründe und politischen Entwicklungen, was ich bei historischen Romanen sehr wichtig finde. Hier hatte ich aber das Gefühl, dass das zu sehr gewollt war. denn die Erwähnungen finden nicht nebenbei statt und fließen mal eben so in die Handlung ein, sondern sie wurden für meinen Geschmack zu sehr reingedrückt. Auch das Auftauchen diverser Künstler war mir einfach zu viel. Wäre Ilse eine berühmte Persönlichkeit, dann hätte ich das vollkommen genossen und geglaubt, aber so erschien mir die Menge an Künstlertreffen zu unglaubwürdig.


    Sehr einfühlsam rüber gebracht waren die Emotionen zum Krieg und was dieser aus den einzelnen Akteuren gemacht hat. Hier hatte ich teils Gänsehaut beim Lesen.


    Der Schreibstil Schweikerts ist gewohnt süffig und man kann gut ins Geschehen abtauchen und die Welt um sich herum vergessen.


    Die Berlinkarte in der Klappe mochte ich, da kann man sich gut orientieren. Ein Glossar gibt es nicht.


    Fazit: Ein solider Schmöker und erster Band einer Reihe, den ich gern gelesen habe. Die perfekte Kost für kalte Herbst- und Wintertage. Prädikat gut!


    Bewertung: 8/ 10 Eulenpunkten