Das Glashotel
Emily St. John Mandel
Ullstein Hardcover
ISBN: 3550201826
400 Seiten, 23 Euro
„Das Licht der letzten Tage“ – Dieses Buch der Autorin hat mich fasziniert und tief beeindruckt. So sehr, dass ich ihr neues Buch „Das Glashotel“ unbedingt lesen wollte und den Erscheinungstermin gar nicht abwarten konnte. So waren meine Erwartungen entsprechend hoch, als ich den Roman endlich in den Händen hielt.
Die Parallelität zwischen den Figuren ihrer Dystopie „Das Licht der letzten Tage“ und den Personen im „Glashotel“ besteht darin, dass sie alle Sicherheit suchen. Die einen in einer durch eine Pandemie menschenleeren und bedrohlichen Welt, die anderen im Dschungel der Großstadt und im Leben allgemein.
Das Glashotel ist ein Hotel an der westlichen Küste Kanadas – es liegt abgeschieden und mitten in der Natur. Die Menschen, die hier her kommen, wollen die Natur durch die Glasfenster betrachten, ihr nahe sein, aber sie nicht zu nahe kommen lassen.
Das Hotel ist der Startpunkt für Vincent, die als Bardame hier ihren Dienst verrichtet. Auch ihr Bruder Paul arbeitet als Angestellter im Haus und bis eine verstörende Botschaft an ein Glasfenster geschrieben wird, ist die Welt der beiden noch in Ordnung. Ab da ändert sich ihrer beider Leben. Vincent lernt den Hotelbesitzer und schwerreichen Investor Jonathan Alkaitis kennen und wird seine Vorzeigefrau – ohne Ehe, aber mit Ehering. Sie lebt im Luxus und ist doch auf der Suche nach einer Perspektive, nach einem Leben, das sie befriedigt. Jonathans Imperium ist auf Betrug aufgebaut und als er dafür ins Gefängnis wandert, ist Vincent frei, doch wie lange dauert diese Freiheit an, wie hoch ist der Preis dafür?
Vieles verrät leider die Buchbeschreibung, trotzdem kann sie dem Roman nicht gerecht werden. Es gibt zu viele Zeitebenen, zu viele kleine Randfiguren und scheinbar zufällige Bezüge zueinander. Manche Lebenslinien kreuzen sich nur einen kleinen Augenblick und nur zu diesem Zeitpunkt, ruht kurz der Fokus der Aufmerksamkeit auf ihnen. Leider ist das auch mit Paul passiert, dem Bruder von Vincent, über den es eigentlich noch so viel mehr zu erfahren gäbe. Er ist stark skizziert, man lernt seine Gedanken und Gefühle kennen und es hätte Vincent gut getan, wenn auch sie so authentisch hätte sein können. Sie wirkt ein bisschen oberflächlich entworfen und die Distanz zu ihr beim Lesen bleibt bis zum Ende bestehen.
Mein Gesamteindruck von diesem Roman war, dass ihm – genauso wie seinen Figuren – ein gewisser Zielpunkt fehlt, etwas, worauf das Ganze hinsteuert. Sie alle wandern durchs Leben, verlieren sich, finden sich wieder und doch vermutet man bei dem Potential, das die Story zu bieten hat, dass noch etwas Großes auf sie wartet. Die Autorin kann zweifellos schreiben und hat das mit ihrem Roman erneut bewiesen, doch so mitreißen, wie sie es mit ihrer Dystopie vermocht hatte, konnte sie mich dieses Mal leider nicht. Trotzdem gibt es eine Leseempfehlung von mir, denn der Stil von Emily St. John Mandel ist auch in diesem Roman beeindruckend und lesenswert.
ASIN/ISBN: 3550201826 |