Bis die Steine leichter sind als Wasser – Antonio Lobo Antunes

  • Verlag: Luchterhand, 2021

    528 Seiten


    Originaltitel: ‎ Até que as pedras se tornem mais leves que a água

    Aus dem Portugiesischen übersetzt von Maralde Meyer-Minnemann


    Kurzbeschreibung:

    Angola zurzeit des Kolonialkriegs. Ein afrikanischer Junge ist der einzige Überlebende, als sein Dorf von portugiesischen Soldaten gebrandschatzt wird. Ausgerechnet der Mann, der seine Eltern getötet hat, nimmt den Jungen mit nach Portugal zurück, doch er wird von der Familie in Lissabon nie richtig akzeptiert. Und die Erinnerungen an den Krieg verfolgen sowohl den Vater als auch mit den Jahren zunehmend den Adoptivsohn. Als im Heimatdorf des Vaters am Fuß der Berge das alljährliche Schlachtfest stattfindet, kulminert dieses intensive, eindringliche Sprachkunstwerk über die Grauen des Krieges.


    Über den Autor:

    António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in vierzig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander.


    Mein Eindruck:

    In Antunes neuen Roman verschwimmen die Gedanken des Protagonisten im gegenwärtigen Lissabon mit denen aus der Zeit des Kolonialkrieges in Angola, in dem er Hauptmann war.

    Dabei werden die Grausamkeiten des Krieges gezeigt und die Erinnerungen an Afrika verlassen ihn nie.

    Aus dem Krieg brachte er einen Jungen mit, den er als seinen Sohn aufzieht.

    Andere Kapitel zeigen die Gedanken des Sohnes, der auch als Erwachsener noch Spuren von Erinnerungen an seine Zeit in Afrika hat. In Portugal hat er als Schwarzer Demütigung und Rassismus erfahren.


    António Lobo Antunes war selbst im Angolakrieg als Militärarzt eingezogen worden und legt wie immer präzise dar, wozu Menschen fähig sind und wie die Vergangenheit nie wirklich vergangen ist.

    Und doch verspricht der Romantitel, dass die Verarbeitung der Erinnerungen die Vergangenheit auflösen kann wie eine Behandlung, die Nierensteine zu Wasser macht.

    Antunes wählt aber eine drastische Behandlung und der Titel wird mehr zu einem Todesmotiv. Die Mutter der Familie leidet lebensbedrohlich an einer Nierenerkrankung.

    Als die Familie zu einem Schlachtfest zusammenkommt, entladen sich die Erinnerungen in Gewalt. Das wird schon im kurzen Prolog vor dem ersten Kapitel angekündigt.


    Der Schwierigkeitsgrad des Romans ist für Antunes-Verhältnisse im mittleren Bereich, also anspruchsvoll, aber zu bewältigen.


    Die Romankomposition mit dem Schlachtfest, den Erinnerungen und den wechselnden Erzähstimmen funktioniert und zeigt gewaltige literarische Sprachbilder. In vielen Momenten kann Antunes seine düstere Poetik ausspielen.

    Ich denke, man kann diesen Roman zu den besten Büchern des Autors zählen.


    ASIN/ISBN: 3630876277