Vicki Baum - Menschen im Hotel

  • Rumpelstilzchen : Ich bin mittlerweile beim Kapitel 5 angelangt (Preysings Verhandlung mit den Chemnitzern , seine Lüge über den Verhandlungsstand mit der englischen Firma, Kringelein geht mit Gaigern "shoppen"...) Ich finde auch, Vicki Baum hat einen wunderschönen Stil, alles lebendig zu erzählen, so dass ich sofort Bilder im Kopf habe, ich habe mir einige markiert, z.B.

    • "Die Suzette schloss beide Türen (...) und schrumpfte in einem Fauteuil zu einem kleinen fröstelnden Wartebündel zusammen." (bei mir S. 35)
    • "Kaviar ist eine Enttäuschung, findet Kringelein. Schmeckt wie Hering und kostet neun Mark. (...) Dass er falsch angezogen war und mit den unterschiedlichen Bestecken falsch hantierte, hatte Kringelein bald bemerkt, denn er war ja nicht dumm und sehr bereit, zu lernen." (bei mir S. 37)
    • (Kringelein trifft das erste Mal auf Preysing). "Kringelein schrumpfte zusammen, sein Halswirbel brach gewissermaßen ab, sein Kopf duckte sich, sein gestrammtes Kreuz fiel ein, seine Fußspitzen drehten sich nach innen, sein Rockkragen stieg im Genick hoch, seine Knie ließen nach, und über den traurigen Beinen schlug die Hose Querfalten." (S. 54/55)
    • und meine bisherige Lieblingsstelle: "Schweinmanns Augen kamen wie kleine graue Mäuse aus den roten Höhlen gekrochen , in denen sie wohnten,..." (S. 133)

    Und nun ist also Kringelein mit Gaigern "shoppen" - und er fühlt sich schon wie ein anderer Mensch...

    Ich bin wirklich gespannt, wie (und ob) Vicki Baum diese ganzen losen Enden zusammenbringt...

  • Natürlich sage ich dazu gar nichts

    Das habe ich mir fast gedacht ;):) … Ich bin sowieso immer etwas unsicher, was ich hier schreiben kann / nicht schreiben darf, um andere nicht zu spoilern, z.B. würde ich gern etwas über Preysing schreiben: er ist nicht unbedingt meine Lieblingsfigur (habe ich in diesem Buch aber auch insgesamt nicht so richtig), aber ich finde seinen Charaktere interessant geschildert und bei der Besprechung mit den Chemnitzern konnte ich sein Unwohlsein durchaus nachempfinden... Und etwas Mitleid hatte/ habe ich auch mit ihm, er ist kein Geschäftsmann wie sein Schwiegervater... Erstaunlich fand ich auch sein "Wandlung", als er seinen "Bluff" (Lüge) rausgelassen hatte - danach "flutschte" es ja bei ihm... Aber seine Idee, "in Begleitung" nach England zu reisen, gefällt mir nicht so gut!

    Bei der Beschreibung von Kringeleins alter Bekleidung hätte man heulen mögen. Der Mann hatte eigentlich eine ordentliche Stellung und konnte sich nicht einmal vernünftige Kleidung leisten.

    Da war ich auch ziemlich geschockt - und auch hier fand ich die "Wandlung" ausgesprochen gut beschrieben!

  • Tja, wie so oft hat mancher gerne Moral gepredigt und selbst gemacht, was er wollte. Das hat sich auch noch nicht überall geändert.

    Ja, diesen Satz von Dir verstehe ich jetzt - am Schluss - sehr gut... Ich habe gerade die letzte Zeile des Buches gelesen und bin ziemlich beeindruckt, wie gut Vicki Baum "die Kurve" geschafft hat, alle Figuren miteinander zu verweben und in Beziehung zu setzen. Vom Schluss war ich doch sehr überrascht, deshalb musste ich das Buch auch beenden, bevor ich ins Bett gehen konnte!!! Mich hat aber auch ihre bildgewaltige Sprache immer wieder auf's Neue fasziniert...

    Da ich mittlerweile denke, dass wir beide die einzigen sind, die das Buch lesen / gelesen haben, können wir uns vielleicht ja morgen hier etwas ausführlicher austauschen, oder? Für kluge (oder weniger kluge) Gedanken ist es heute für mich definitiv zu spät...

  • Die Beratungen des Generaldirektors Preysing offenbaren so einiges. Großes Geschick hat er jedenfalls nicht. Und dann "Flämmchen"!

    Das war der Punkt, an dem das Buch mich gepackt hat.

    Das ging mir auch so. Ab dieser Szene finde ich die Figuren herrlich überzeichnet und freue mich auf weitere Geheimnisse, die offengelegt werden.


    Leider konnte ich in den letzten Wochen kein Buch zur Hand nehmen. Ich hoffe, das wird jetzt besser. :knuddel1


    Ich bin jetzt auf Seite 107 angekommen. Nach meiner Rechnung am Ende des 3. Kapitels.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Und bei der Stelle, an der Kringelein Herrn Preysing persönlich trifft, Preysing ihn aber überhaupt nicht beachtet - und trotzdem "sackt" Kringelein regelrecht in sich zusammen... Das fand ich so schön lebhaft beschrieben, das Bild entstand richtig vor meinen Augen!

    Eine wirklich bezeichnende Stelle. Ich genieße es, dass Baum es schafft, durch solche Halbsätze offenzulegen, welche Beziehung die beiden zueinander haben. Sie schreibt förmlich mit spitzer Feder.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Aber in der Zwischenzeit habe ich auch die nächtlichen Unternehmungen des Baron Gaigern miterlebt und frage mich: aus welchem Grund macht er das? Verarmter Adel kann sich den Lebensstil nicht leisten, Langeweile, Abenteuerlust?

    Ich vermute, aus krankhafter Abenteuerlust. Das Leben eines Barons scheint ganz schön langweilig zu sein. Ich bin sehr gespannt, ob er unentdeckt von dem Balkon wieder runterkommt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das Erklettern fremder Balkone ist nicht ungefährlich

    Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen..

    Schön fand ich ja, dass auch der Nachwuchs des Portiers noch erwähnt wurde.

    Das gefiel mir auch gut, das machte es so rund...


    Rumpelstilzchen : dann warten wir noch etwas mit unseren abschließenden Bemerkungen, sonst spoilern wir Regenfisch zu stark...

  • Rumpelstilzchen : dann warten wir noch etwas mit unseren abschließenden Bemerkungen, sonst spoilern wir Regenfisch zu stark...

    Das ist sehr rücksichtsvoll von euch und ganz lieb. :knuddel1

    Dieses Kapitel hat mir bisher am besten gefallen. Ich habe es sehr genossen, wie sich Gaigern vom Dieb zum verliebten Mann entwickelt. Und die Gru erblüht quasi unter seinen Händen und erwacht zu neuem Leben. Diesen Verlauf hätte ich nicht erwartet. Und eine gehörige Portion Humor war auch dabei, herrlich!

    Ganz wunderbar gefallen haben mir auch die Beschreibungen gefallen, zum Beispiel als der Baron die Gru beim Entkleiden beobachtet. Was für eine schöne Frau! Ich bin beim Lesen fast rot geworden. Sehr sinnlich.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ganz wunderbar gefallen haben mir auch die Beschreibungen gefallen, zum Beispiel als der Baron die Gru beim Entkleiden beobachtet. Was für eine schöne Frau! Ich bin beim Lesen fast rot geworden. Sehr sinnlich.

    Und sehr schön fand ich auch, dass sich der Baron ganz klar darüber war, wie ungewöhnlich das für ihn war, er sich sozusagen selbst beobachtet hat und dennoch konnte er sich dieses aufkommenden Gefühls gar nicht erwehren.

  • Und nun ist also Kringelein mit Gaigern "shoppen" - und er fühlt sich schon wie ein anderer Mensch...

    Ich bin wirklich gespannt, wie (und ob) Vicki Baum diese ganzen losen Enden zusammenbringt...

    Gaigern hat eine Art, jemanden etwas aufzuschwatzen, was er eigentlich gar nicht möchte, das ist schon phänomenal.

    Mir hat es in der "Shopping-Szene" fast das Herz zerrissen, als Kringelein entkleidet wurde. Er hat mir so leid getan, so im wahrsten Sinne des Wortes entblößt zu werden. Ich hoffe sehr, dass er sein neues Outfit noch eine Weile genießen kann.

    Die Fahrt über die AVUS fand ich auch großartig beschrieben. Überhaupt genieße ich die Lektüre sehr, kann nur nicht so viel auf einmal lesen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • "Kaviar ist eine Enttäuschung, findet Kringelein. Schmeckt wie Hering und kostet neun Mark. (...) Dass er falsch angezogen war und mit den unterschiedlichen Bestecken falsch hantierte, hatte Kringelein bald bemerkt, denn er war ja nicht dumm und sehr bereit, zu lernen." (bei mir S. 37)

    Ich musste an dieser Stelle so lachen. Ich habe tatsächlich auch nur einmal in meinem Leben den richtig echten Kaviar gegessen. Mir hat er geschmeckt, keine Frage, aber Hering, Makrele, Sardinen und Anchovis schmecken mir auch. :grin

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin