Von welchen Autoren lernt ihr?

  • Ines,
    ich verstehe offenbar die Frage nicht.


    1. Die Geschichte heißt nicht Halstuch und ist nicht von Hebbel, sondern von Hebel, ja? Wir hatten es doch vor Monaten mal davon. Mir fällt der Titel nicht ein, es geht um dieses verlobte Pärchen, wo der eine Teil alt wird und der andere durch einen Unglücksfall zu Tode komt, aber erhalten bleibt.
    Oder bin ich jetzt ganz durcheinander?


    2. Mittel
    Ich habe welche genannt, zum Thema Zeitraffung. Es gibt auf jeden Fall noch mehr. Sicher kann man die von anderen AutorInnen 'lernen', während man ihre Bücher oder Erzählungen oder Kurzgeschichten liest.
    Man achtet beim Lesen darauf, wie sie vergehende Zeit darstellen.


    Oder andere 'Mittel', ich habe sie oben genannt. Art des Satzbaus, Wortwahl, Charakterisierung...


    3. Einsatz
    Wand hin oder her, die Entscheidung darüber, w a s man schreibt, muß man treffen. Und sich entsprechend verhalten.


    Beispiel:
    Lange verschachtelte Sätze passen nicht in eine Kurzgeschichte.


    Es sei denn, man zielt damit auf etwas Bestimmtes. Es gibt z. B. diese 'Ein-Satz-Geschichten'. Die gesamte Handlung, die Atmosphäre, die Personen, die Aussage - ein einziger Satz.


    Ergebnis: eine Kurzgeschichte. Mit einem langen, verschachtelten Satz.


    Eine Folge der Entscheidung von Autor/Autorin


    Anderes Beispiel:


    Sprachebenen


    Flapsige, zeitgenössische Sprache paßt nicht als durchgängiges Mittel in einen historischen Roman.


    Oder doch, wenn Autor/Autorin damit etwas Bestimmtes aussagen möchte.


    Passend, richtig ist das, was dem Stoff entspricht. Das Beste daraus herausholt.
    Hebel hat diesen und andere, vergleichbare Texte für Zeitungen geschrieben und für 'Hauskalender'. Er war in der Form eingeschränkt und mußte deshalb etwas finden, womit er auf knappen Raum möglichst viel aussagte. Deshalb dieser Zeitsprung. Der ziemlich genial ist und wahrscheinlich nur eine Folge von Platznot war :grin


    Die Art von Text, die man schreibt, setzt bestimmte Grenzen. Das ist eine Möglichkeit, über die Mittel zu entscheiden, die man verwenden möchte.
    Im Roman kann man Personen breiter charakterisieren, mit äußeren Kennzeichen versehen, seitenlang.
    Man kann auch darauf verzichten, wenn man lieber Atmosphäre beschreibt oder Dialoge bastelt.


    Zugleich ist man also sehr frei in den Entscheidungen.
    Hat man sie aber getroffen, muß man dabei bleiben.
    Es ist eine innere Logik entstanden, die man aufrechterhalten sollte, wenn das Ganze gelingen soll.
    Klar hat das 'Gefühl' damit zu tun. Es geht ja um kreatives Arbeiten. Aber der Verstand genauso.
    Es ist ein dauerndes Balancieren.


    Und nein, ich lese Bücher nicht danach, wie eine oder einer die Mittel einsetzt.
    Manchmal fällt es mir beim Lesen auf und ich denke: Klasse!


    Schreibe ich aber selbst und stehe vor einem vergleichbaren Problem, dannn fällt mir NIE jene Stelle bei der entsprechenden Autorin ein. Dann bin ich auf mich selbst gestellt und muß das Problem mit meinem eigenen Witz lösen.
    Das ist auch richtig so, finde ich, denn ich bin in m e i n e r Geschichte und arbeite nach m e i n e r Logik.


    Genug Backsteine vermauert?
    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • <Klugscheißmodus>

    Zitat

    Original von magali
    Mir fällt der Titel nicht ein, es geht um dieses verlobte Pärchen, wo der eine Teil alt wird und der andere durch einen Unglücksfall zu Tode komt, aber erhalten bleibt.


    Johann Peter Hebel, Unverhofftes Wiedersehen (aus: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes)


    </Klugscheißmodus>



    Edit: Mist, man kann nicht löschen ... :-(

  • guckst du da.
    unverhofft kommt oft, scheint mir angesichts der reihe illustrer hinweisgeberinnen, an die ich den link nun antackere.


    schöne grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von Ines Doch welches sind die Mittel? Wo kann ich sie bekommen? Woher weiß ich, welches Mittel das passende ist?
    Bisher habe ich das rein nach Gefühl entschieden. Und es hat meist geklappt. Aber reicht das?


    Dieses Entscheiden nach Gefühl ist mit das Wichtigste. Natürlich muss die innere Logik einer Geschichte stimmen. Aber Widersprüche und Brüche kann man bei der Überarbeitung ausmerzen.


    Das Gefühl für die richtige Wortwahl (z.B.) kann man jedoch durch keine Logik ersetzen. So etwas muss man verinnerlicht haben.




    Liebe Grüße
    Sysai

  • Zitat

    Original von Sysai
    Das Gefühl für die richtige Wortwahl (z.B.) kann man jedoch durch keine Logik ersetzen. So etwas muss man verinnerlicht haben.


    Hallo, Sysai


    Da stelle ich mir gerade vor, du hättest diese Formulierung nicht Ines, sondern einem Schreib-Frischling auf den Bildschirm geknallt. Uiuiui. Sofort drängt sich mir jedenfalls die Frage auf, ob, wo und wie dieses Verinnerlichen denn nun erlernbar sein könnte.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Iris und blaustrumpf
    Jupp, die war's.


    Das Dumme ist, daß das Ding bei Ines und mir unter 'Die Halstuchgeschichte-Du-weißt-schon' läuft, daher das Chaos. :lache


    Sysai


    Ja und nein.
    Grundsätzlich hängt die Wahl der Sprache auch von dem ab, man erzählen will.
    Man benutzt Sprache ja auch, um Personen in der Handlung zu charakterisieren. Dialekte, Jargon, Hochsprache....
    Daß man wählen kann, heißt aber, daß man über bestimmte Fertigkeiten im Umgang mit Sprache verfügt.
    Und da kommt man durchaus in den schwierigen Bereich 'Talent'. Dazu gehören auch Gefühl und Intuition. Man setzt ein bestimmtes Wort eben dahin, wo es dann steht. Warum? Darum. Gefühl


    Um es mit Sepp Herberger zu sagen:
    Entweder ma hots oder ma hots net.
    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @topic:


    Ich möchte mir nicht von anderen in die Suppe spucken lassen; das überlasse ich mir lieber selber. Das heißt natürlich nicht, daß ich mir nicht doch den einen oder anderen Knuff beibringen lasse, allerdings sollte meine Schreibe auch meine Schreibe bleiben - was auf der gegenüber liegenden Seite wiederum nicht bedeutet, ich ließe mich nicht doch von anderen Autoren beeinflussen.


    Der Einfluß meiner Lieblingsautoren liest sich zwar weniger in der Schreibtechnik, dafür aber immer häufiger in den Problemstellungen, die ich mit meinem Geschreibsel bewältigen will. Hört sich engstirnig an, entspricht aber auf der vollen Geraden meinem Verständnis von Kunst als einer ausschließlich persönlichen Angelegenheit. Allerdings wäre es ebenso utopisch anzunehmen, die künstleriche Entwicklung bliebe von äußeren Einflüssen vollständig verschont.

  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    Da stelle ich mir gerade vor, du hättest diese Formulierung nicht Ines, sondern einem Schreib-Frischling auf den Bildschirm geknallt. Uiuiui. Sofort drängt sich mir jedenfalls die Frage auf, ob, wo und wie dieses Verinnerlichen denn nun erlernbar sein könnte.


    Hallo, Blaustrumpf,


    ich glaube, da kommen Talent und Übung zusammen. Wenn man viel liest, verinnerlicht sich die geschriebene Sprache, und wenn man viel schreibt, übt man das Verinnerlichte - bewusst und unbewusst.


    Auch die Wahl der Sprache wird auf die Dauer durch das beeinflusst, was man liest und selbst schreibt. Wenn man es dann nicht mehr bewusst tut, wird es zum 'Gefühl'.


    Vielleicht ist es nur ein Weg, wie man lernt, gute Romane zu schreiben. Ich bin jedenfalls kein Genie, das schon in sehr jungen Jahren druckreif schreiben konnte.


    Liebe Grüße


    Sysai

  • Ich denke man lernt von jedem Autor den man liest , sei es das man lernt wie man es nicht machen sollte oder aber man lernt verschiedene Techniken und Schreibweisen kennen , die man dann später für sich einsetzt. Nicht das man etwas kopiert , sondern man sucht sich eben die für sich besten Techniken heraus.

  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    Ich lerne dazu bei jedem Buch, das ich lese. Und mehr, wenn ich es wiederlese.


    Wie wahr. Beim Wiederlesen eines Buches versteht man manchmal erst den Sinn der Geschichte. Erstaunlich - beim ersten Lesen begreift man den oft gar nicht. Ohne es zu wissen! :wow

    Roxane :-]



    Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort,
    und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort ...

  • Vielleicht lerne ich nicht direkt von Autoren, aber ich habe mich zum Beispiel von Cornelia Funke inspirieren lassen.


    In meinen Texten wimmelt es nur so von Metaphern, tiefgründigen Beschreibungen und verdeutlichenden Vergleichen. Und der mir eigene Schreibstil setzt sich trotzdem durch, sodass nichts wie kopiert aussieht. Ist es ja auch nicht. Es ist lediglich Inspiration.


    Von C. Funke habe ich außerdem gelernt, dass ich mich in meinen Texten ruhig an waghalsige Beschreibungen herantrauen darf, auch wenn man noch so oft Dinge in anderen Büchern liest, die dem ganz und gar widersprechen und sozusagen eine bestimmte Stilrichtung vorschreiben.
    In Tintenblut zum Beispiel treffe ich manchmal - wenn auch sehr selten - auf so haarsträubende Vergleiche, dass ich gleich mutiger werde...(Ist doch immer so, wenn man Profis Fehler machen sieht) :lache Auch, wenn sie es sonst immer schafft, mich zu rühren oder zu faszinieren. Auf jeden Fall zu fesseln.


    Von R.L. Stevenson habe ich gelernt, dass eine gute Story noch so perfekt sein kann und einen trotzem nicht fesselt, weil der Schreibstil nun mal nichts taugt (siehe »Die Schatzinsel« und »Der seltsame Fall von Dr Jekyll und Mr Hyde«)... :sleep :grin

    Roxane :-]



    Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort,
    und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort ...

  • Zitat

    Original von JASS
    In der deutschen Übersetzung steht sehr oft "sagte...",


    Wie wahr... hat aber mit der Zeit doch leicht nervtötende Auswirkungen auf den Leser... :grin
    Scheint jedoch die siebenhunderttausendbillionentrilliarden (ähä?) Harry Potter-begeisterten Leser auf der ganzen Welt nicht gestört zu haben :lache

    Roxane :-]



    Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort,
    und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort ...

  • Dann werde ich auch mal meinen ersten Beitrag in diesem Forum versuchen. :wave


    Das was ich lese, beeinflusst unbewusst auch meinen Stil beim Schreiben. Deshalb bemühe ich mich, bevor ich schreibe nur gute Texte zu lesen.
    Klappt natürlich nicht immer. :grin
    In der Schule habe ich mal Passagen aus Macbeth abgeschrieben (freiwillig!), und dabei eigentlich erst gemerkt wie wunderbar exakt, präzise und musikalisch Shakespeares Sprache ist, weil man sich beim Schreiben (sogar beim Abschreiben) viel genauer auf de Sprache einlässt. Mir geht das jedenfalls so.


    Natürlich entwickelt man im Laufe der Zeit einen eigenen (hoffentlich unverwechselbaren) Stil. Aber ich bin auch weiterhin immer auf der Suche nach solch wunderbaren Fundstücken präziser Formulierkunst, nach Metaphern, die Welten eröffnen, nach Sarkasmus, der den Unfug der Gewohnheit entlarvt. Manchmal findet sich so ein Geschenk beim Lesen und das ist jedes Mal ein Glücksmoment.
    Danke dafür an Sibylle Berg, Michael Ondaatje, Wole Soyinka, Robert Gernhardt, James Joyce, Thomas Mann, Bret Easton Ellis...

  • Zitat

    Original von flashfrog
    präzise Formulierkunst...Robert Gernhardt, James Joyce,...Bret Easton Ellis...


    Präzise Formulierer gefallen mir auch gut (Von Easton Ellis habe ich nichts gelesen, außer winzigen Textausschnitten, aber allein die Idee seiner "Collagen" aus Konsum- und Gewaltsprache fand ich beeindruckend). Ich versuche manchmal einen Autor, der mir gefällt zu imitieren, mit den offensichtlichen Techniken zu spielen. Die Ergebnisse sind meistens nichts, was man Freunden zeigen kann, aber wenigstens merke ich, daß sich was verbessert.


    Letztes Jahr fand ich Raymond Carver ganz toll, in dessen Geschichten nur ganz banale Sachen passieren, die auch noch sehr sparsam erzählt werden, aber genau dadurch der Alltag plötzlich ganz surreal wirkt. Dieses Jahr hab ich mich mit "radikalen" Sprachexperimentierern befasst, Joyce, Burroughs, surrealistische Autoren... hab eigentlich mehr über sie als von ihnen gelesen.


    Jedenfalls möchte ich von Autoren lernen, die wie in der Poesie Sprache gezielt benutzen, einfach um an meiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit zu arbeiten.