Von welchen Autoren lernt ihr?

  • ich lerne (hoffentlich) von ganz unterschiedlichen autoren, die ich eben so lese, aber ich nehme mir jeweils die details, die mir zusagen und für die ich bisher noch keinen eigenen stil entwickelt habe, aber nur von einem zu lernen, da würde man wohl nur schlecht kopieren.

  • Hallo, Ines.


    Das ist schwer zu (be-)greifen, schwer in Worte zu fassen. Wie lernt man beim Lesen - und was? Keine Ahnung. Es scheint mir in erster Linie ein unbewußter Prozeß zu sein, der die Sprache feinschleift, den Sinn für Sprachmelodik entwickelt, einzelne Formulierungen und Kompositionsmethoden verinnerlicht. Auch dramaturgische Strategien lernt man, wenn man offenen Auges liest, vom einfachen "Cliffhanger" bis hin zu komplexeren Verfahren. Man lernt aber auch, wie man es nicht machen sollte. Je mehr man bewußt liest, umso mehr sieht man, wie und wo Bücher nicht funktionieren. An einzelnen Autoren oder Büchern könnte ich beides aber kaum festmachen. Sicher haben mich vor allem die "lockereren" Leute beeinflußt, von Douglas Coupland über Douglas Adams bis hin zu (einigen) neudeutschen Popliteraten (bis auf Sven Regener, den ich immer noch nicht gelesen habe :grin). Wie genau aber, das kann ich nicht sagen. Ich versuche, einen eigenen Stil zu entwickeln. Andere Autoren, andere Bücher, das sind Wegmarken, Bilder in der Landschaft, in die ich auch eines zu malen versuche.


    Zitat

    Von welchen Autoren habt ihr gelernt? Was habt ihr gelernt? Und wie habt ihr gelernt?


    Zwei kann ich nennen: Meine Autorenkolleginnen und Freundinnen Iris Kammerer und Maren Göbel. Die beiden haben mir sehr intensiv und ziemlich schonungslos gezeigt, wo meine Schwächen liegen, was ich anders machen kann und muß, wie man überhaupt an Texten arbeitet. Aber an meinen Texten, deshalb zählt das wohl nicht. :wave

  • Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich unsäglich blamiere, frage ich dich, Tom, was denn eigentlich so ganz genau ein Cliffhanger ist?


    Ich weiß eigentlich noch recht gut, von welchen Autoren ich was gelernt habe. Von Hebbel zum Beispiel gibt es eine Geschichte, die "Das Halstuch" heißt. Nirgendwo habe ich eine so geschickte Zeitraffung gelesen wie dort.
    Bei Philippe Claudel habe ich auf bewunderswerte Art lesen können, wie Gefühle und Reflexionen beschrieben werden, ohne langweilig oder mit Adjektiven überladen zu werden.
    Sandra Wöhe hat mir beigebracht, dass Erotik und Komik durchaus zusammen passen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Zwei kann ich nennen: Meine Autorenkolleginnen und Freundinnen Iris Kammerer und Maren Göbel. Die beiden haben mir sehr intensiv und ziemlich schonungslos gezeigt, wo meine Schwächen liegen, was ich anders machen kann und muß, wie man überhaupt an Texten arbeitet.


    Eigentlich ist das ja Vivisektion und gehört verboten, oder? :wow


    :lache


    :knuddel1

  • Cliffhanger bedeutet doch, dass ein Kapitel / Buch mit offenem Ausgang endet. ( ? ) Das soll die Spannung ( aufs Weiterlesen ) erhöhen. Michael Crichton hat das in Timeline viel verwandt.


    Vivisektion:
    Eingriff am lebenden Tier; nach dem Tierschutzgesetz ebenso wie Tierversuche grundsätzlich verboten. Wissenschaftlichen Instituten werden Vivisektion und Tierversuche unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen erlaubt. (Rechte bei wissen.de)


    Oo


    *klick* jetzt habe ich die Anspielung verstanden.




    *hm* Darüber bewusst nachzudenken hilft im selben Moment, sich bewusst zu werden, was man gelernt hat ( meint, gelernt zu haben ).


    An Büchern:


    Durch Groschenromane habe ich gelernt, dass ein "billiges" Charakterdesign sehr langweilig ist.


    Durch Diana Gabaldon habe ich gelernt, dass sexuelle Szenen nicht billig und unangebracht wirken, wenn sie Folge der Umstände sind ( oft wird alles andere in Folge von Sex zu Umständen gemacht >_>)


    Bei Dan Brown ist mir sehr stark aufgefallen, wie sehr es nerven kann, wenn ständig Anspielungen gemacht werden.


    Beim bewussten Lesen von Harry Potter ist mir aufgefallen, dass man als Leser weniger auf die Wortwahl achtet, als als Schreibender. In der deutschen Übersetzung steht sehr oft "sagte...", das viel mir jedoch beim "normalen" Lesen nie auf, erst, als ich danach suchte. Dadurch konnte ich den "Satzperfektionismus" etwas zurückstellen.


    An meinem eigenen Text habe ich gelernt, dass ich persönlich Gefühlsszenen berührender finde, wenn sie in Dialogen oder Gedanken in der Ich-Form abgefasst werden, als wenn sie als Text des Erzählers dastehen -denn dabei hat man meist nur die bekannten "großen" Worte übrig: "Trauer" , "Verwirrung" , "Schmerz" etc. ohne das das Gefühl wirklich herüberkommt.


    An Gedichten, die ins Internet gestellt werden, habe ich gelernt, dass ein Gedicht nicht gut sein muss, nur, weil es auf Teufel komm raus gereimt wurde -und das Gedichte ohne Reim sehr reizvoll sein können.


    An Menschen:


    Puh.


    Der erste war ein Freund von mir, der knallhart bewertet hat. Der erste Mensch, der konstruktive Kritik angebracht hat, ich habe danach gelechzt.


    Der zweite eine Freundin, die als erstes eine Geschichte gelesen hat, und sich die Mühe gemacht hat, mir einen Stapel Notizblätter anzufertigen, in denen von Rechtschreibfehler über schlechte Satzkonstruktionen bis hin zu logischen Fehlern mit Angabe der Seitenzahl alles aufgeschrieben war, was ihr aufgefallen ist.


    In einem Rollenspielforum habe ich gelernt, Absätze zu formulieren, und nicht nach jedem abgeschlossenen Satz eine neue Zeile zu beginnen.


    Von Iris habe ich gelernt, dass die Beste Idee in den Sand gesetzt wird, wenn man dabei vergisst, sie lesergerecht zu präsentieren. Ich habe gelernt, dass eine Geschichte rund verläuft, nicht linear. Außerdem, dass man (Auf Verlagsebene) sowohl bereit sein muss, Vorschläge für Veränderungen anzunehmen, als auch auf Punkte zu bestehen, von denen man gänzlich überzeugt ist.


    Viel lerne ich natürlich auch durch die Diskussionen und Tipps hier im "Autoren unter sich..." ( wobei ich dabei natürlich nicht an bestimmte männliche Autoren denke :grin ).


    Sicher ist mein ehemaliger Deutschunterricht auch nicht unbeteiligt. 1. Meine Mutter ist Deutschlehrerin und hat früher sowohl meine Texte korrigiert, als auch in der Grundschule ein waches Auge über meine Aufsätze gehalten. Mittlerweile kommt sie zu mir, wenn sie Hilfe beim Korrigieren der Aufsätze braucht. :grin 2. Hatte ich eine Deutschlehrerin, die jetzt meine Kunstleistungskurslehrerin ist, die mich immer meinen eigenen Weg gehen ließ und mich in die Schranken wies, wenn ich über die Stränge schlug. Als Beispiel fällt mir da der Text ein, den wir am Ende über das Semester Prozesse schreiben sollten. Anfangs fand sie es witzig, dass es sich mehr nach Cabarett anhörte, irgendwann wies sie mich jedoch zurecht, dass es nicht darum gehe, den Leser gut zu unterhalten, sondern zu dokumentieren, was man wann gemacht hat um was zu erreichen und was man tatsächlich erreicht hat.


    Im Endeffekt allerdings: Ich habe einfach Spaß eine Geschichte zu erzählen, und durch das Erzählen und Lesen des Erzählten lerne ich das meiste.



    JASS :keks

  • Noch eine Ergänzung: Ich bin erst mit Mitte zwanzig zum leidenschaftlichen Leser geworden, etwa in der Zeit, als ich auch damit angefangen habe, längere Sachen zu schreiben. Ich denke, ziemlich beeindruckt und beeinflußt haben mich da vor allem die älteren Bücher von Philip Roth (hauptsächlich "Anatomiestunde" und "Portnoys Beschwerden") und tatsächlich die früheren - besseren - Romane von Philippe Djian wie "Verraten und verkauft" und - in erster Linie - "Rückgrat", nach wie vor mein Lieblingsbuch von Djian. Irgendwelche Leute haben meine Schreibe auch tatsächlich mal mit seiner verglichen. Inwieweit und auf welche Art sich diese "Beeinflussung" entwickelt hat - keine Ahnung. Wenn man sein Leben lang "nur" Goethe, Schiller und Lessing gelesen hätte, würde sich das ganz sicher im eigenen Stil niederschlagen. Andererseits beeinflußt mich der Stil anderer Autoren, deren Bücher ich ansonsten mag, durchaus nicht.

  • hi, Ines,
    gelernt? Stil, Sprache, Technik? Von keiner und keinem.
    Ich käme mir vor, als würde ich abschreiben. Ich will nicht schreiben wie.


    Sicher gibt es Einflüsse aus all den Unmengen, die ich gelesen habe.
    Sicher bin ich hin und wieder grün vor Neid, wenn ich einen perfekten Satz sehe.
    Doch müßte ich das Gleiche ausdrücken, müßte ich auch meine eigenen Worte finden.


    Was ich gelernt habe, ist, wie wichtig es ist, eine eigene Stimme zu haben und die auch laut werden zu lassen. ;-)
    Überzeugungen zu äußern. An Grenzen vorzudringen. Auch wenn es unangenehm wird.
    Besonders dann, wenn es unangenehm wird.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Schwierig zu beantworten.


    Ich würde sagen von Kenzaburo Oe. Ebenso von Autoren anderer Kulturen.
    Z.B bin ich immer wieder begeistert von den afrikanischen Autoren wegem dem Humor.
    Ansonsten lese ich jedes Buch genau und überlege mir ob mir das gefallen würde. Manchmal übe ich solche Sätze zuschreiben um den Weg zu erkennen.


    Zofie :wave

  • Das is mal wirklich ne gute, aber sehr schwere Frage!!!
    Wenn ich lese suche ich nicht wirklich nach fehlern, ich finde sie von selbst. Daraus lernt man auch sehr viel, weil man so die Fehler in seinen eigenen Texten schneller entdeckt.
    Von J.K.Rowling hab ich gelernt, dass ein guter Schreibstil nicht alles ist. Die Geschichte macht den größten Teil.
    Von W.Hohlbein hab ich gelernt, dass Hauptpersonen nicht unbedingt besondere Fähigkeiten haben oder besonders stark und mutig sein müssen.
    Aus dem Buch "Andorra" von Max Frisch habe ich gelernt, dass Personenbeschreibungen WIRKLICH WIRKLICH WICHTIG sind. Die fehlten da nämlich komplett.
    Aus "Der Hexer" von Hohlbein hab ich gelernt, dass tiefgründige Liebe nicht unbedingt kitschig ist. Man muss nur die richtigen Worte finden.


    Ich glaub, dass wars erstmal, aber wenn mir nochwas einfällt sag ich bescheid.


    LG,
    Rava

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


    Bücher sind lebensnotwendig. Ohne Bücher existiere ich. Aber ich lebe nicht.

  • Ravannah


    Den Satz über Frisch und Andorra habe ich nicht verstanden.
    Ist das nun gut oder schlecht, daß er in Andorra auf Personenbeschreibung verzichtet?
    Die Geschichte 'funktioniert' doch.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • magali : Schlecht. OK, die Geschichte funktioniert vielleicht, aber man hat keine Lust sie zu lesen. Mir sind Personenbeschreibungen immer sehr wichtig. Selbst bei Theaterstücken.


    LG,
    Rava

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


    Bücher sind lebensnotwendig. Ohne Bücher existiere ich. Aber ich lebe nicht.

  • Pat Califia zeigt, dass es möglich ist, auf dem schmalen Grat, der Politik und Pornographie trennt, witzig und geistreich sein.


    Von Hans Kneifel habe ich gelernt, dass das Übertragen der zum Zeitpunkt des Schreibens aktuellen Gesellschaftslage auf andere Epochen automatisch dafür sorgt, dass der gesamte Text eine Halbwertzeit hat, die mindestens doppelt so kurz ist, wie der Autor glaubt.


    Selma Lagerlöf macht Mut zur schlichten Formulierung.


    Von Karl May lässt sich lernen, wie Dialoge leseunfreundlich werden.


    Chaim Potok zeigt, wie eine Kultur dargestellt werden kann, ohne die in ihr Lebenden oder die außerhalb ihr Stehenden vorzuführen.


    Ich lerne dazu bei jedem Buch, das ich lese. Und mehr, wenn ich es wiederlese.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Mich haben die Sachen von Chuck Palahniuk und Sylvia Plath ziemlich begeistert. Palahniuk schreibt unverkitscht, trocken, itonisch bis sarkastisch, zahlreiche Schauplatzwechsel, Zeitsprünge...
    Von Plath gibt´s ja leider nur einen Roman (sie hat´s vorgezogen, keinen zweiten zu schreiben sondern sich stattdessen lieber umzubringen) und einige Erzählungen, aber sie hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil. Da versuche ich, irgendwann mal hinzukommen...

  • Ach ja, und meine härtesten Kritiker sind mein ehemaliger Deutsch- Lehrer, dem ich so ziemlich alles, was ich schreibe, schicke, und der mir dann seine undiplomatisch- diplomatische Meinung darüber mitteilt, ebenso wie eine gute Freundin aus Studienzeiten, bei deren Kritik ich manchmal ganz schön schlucken muss...

  • Hallo Ines,


    eigentlich habe ich von allen Autoren gelernt, die ich jemals gelesen habe. Nicht bewusst oder absichtlich, aber es bleibt einfach eine Menge hängen wenn man viel liest. Man merkt was funktioniert und was nicht, und was einem selbst gefällt und liegt.


    In den letzten Jahren habe ich natürlich viel von den US-Autoren von Romantic Suspense gelernt. Meiner Meinung nach haben viele dieser Autoren eine unglaubliche Leichtigkeit des Schreibens, die man in Deutschland oft vergeblich sucht.


    Allerdings eifere ich keinem bestimmten Autor hinterher und versuche ihn zu kopieren - das würde sowieso nicht klappen. Am schönsten finde ich es, wenn Leser zu mir sagen: 'Das war ein typischer Michelle Raven.' :-)



    Viele Grüße,


    Michelle

  • Ines hat mal gesagt, irgendwo hier im Forum, daß man wenn man meine Geschichten und meine Äußerungen im Thread ICH LESE GERADE im Kontext sieht, man sehr schön meine schreiberische Entwicklung anhand des Lesestoffs beobachten könnte.


    Ich neige dazu zu sagen, man lernt aus jedem Text den man liest.


    Ich glaube nicht, daß das was damit zu tun hat, daß man schreiben möchte WIE jemand, sondern daß sich einfach die Ausdrucksweise und der Wortschatz mit jedem gelesenen Text erweitert. :-]

  • Hallo,


    ich habe mir beim Kauf eines Buches (Belletristik!!) noch nie im Vorfeld überlegt, was ich denn jetzt gerne lernen möchte.


    Auch wenn sich das jetzt ein wenig flach anhört, zunächst einmal geht es mir darum, für einige Stunden, Tage, gut unterhalten zu werden.
    Lerne ich was dabei, freu ich mich sehr über den "Nebeneffekt", auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.
    [Z.B. kleine gelbe Sonnen als "Markenzeichen" der Pelzhändlerin.
    Mein großer Bruder brennt mir gerade eine CD von Jackson Browne, Running on Empty. Das will ich mir aus reiner Neugier mal anhören. Tom erwähnte die Platte mal. ;-)]


    Manchmal wecken Romane, in denen ich etwas gelernt habe dann die Lust, noch mehr über das Gelernte zu erfahren.
    So bin ich bei einem meiner Londonbesuche in die Kirche von St. Pauls, nur um auf den Spuren von "Das Lächeln der Fortuna" die Gedenktafel von John of Gaunt - Duke of Lancaster zu finden.


    Gruß,
    Mariegod