Der Junge, der das Universum verschlang - Trent Dalton

  • Der Junge, der das Universum verschlang

    Trent Dalton

    Harper Collins

    ISBN: 3749901414

    512 Seiten, 24 Euro


    Über den Autor: Trent Dalton wuchs in einem Vorort von Brisbane, Australien, auf und ist vielfach ausgezeichneter Journalist. Er gewann zweimal den »Walkley Award for Excellence in Journalism«, dreimal den »Kennedy Award for Excellence in NSW Journalism« und wurde viermal als australischer »Journalist des Jahres« geehrt. Hat er bislang die Geschichten anderer in vielbeachteten Reportagen erzählt, ist es nun seine eigene Geschichte, von der sein Debütroman »Der Junge, der das Universum verschlang« handelt. Trent Dalton hat mit diesem Buch einen modernen Klassiker geschrieben.


    Amazon-Kurzbeschreibung: Brisbane, 1983: Wie wird man zu einem guten Menschen? Diese Frage treibt den 11-jährigen Eli Bell um. Auf den ersten Blick hat er nicht gerade die besten Vorbilder um sich herum: Die Mutter und der Stiefvater dealen mit Heroin, sein großer Bruder Gus spricht nicht mehr, sein Vater glänzt durch Abwesenheit und sein Babysitter ist ein hartgesottener Exhäftling. Doch zwischen den Drogen und dem Schmutz erfährt Eli zärtliche Liebe, aufrichtige Freundschaft und die Magie seiner Phantasie. Elis Welt gerät erst ins Wanken, als der Cartellboss Tytus Broz in sein Leben tritt und die Familie auseinanderreißt.

    Während Eli heranwächst, wird er weiter mit der Frage kämpfen, ob aus einem schlechten Menschen doch noch ein guter werden kann; er wird in das berüchtigte Boggo Road Goal-Gefängnis einbrechen, um seine Mutter an Weihnachten zu besuchen; er wird durch seine Briefe ins Gefängnis einen wichtigen Freund gewinnen und aus Versehen mitten in einer Schießerei zwischen zwei Gangs landen; er wird einen Karriereweg finden, der nichts mit Drogen zu tun hat. Und er wird sich verlieben.


    Schlägt man dieses Buch auf und beginnt zu lesen, dann ist das bunte und fröhlich wirkende Cover für längere Zeit der letzte Lichtblick, denn das Leben von Eli ist so gar nicht leicht oder fröhlich wie es die Farben suggerieren. Schon der Bericht seiner Kindheit zeigt, dass sein Lebensweg nicht mit Rosen belegt sein wird; der Vater verschwunden, der traumatisierte Bruder stumm, die Mutter und sein Stiefvater Drogendealer – wo kann das hinführen?


    Der Schreibstil ist sehr gut und so bleibt man, trotz der teilweise etwas ausufernden Beschreibungen, am Ball, weil man wissen möchte, wohin es den Protagonisten verschlägt. Einfach ist das aber nicht und kein Fall für zarte Gemüter. Neben der Gewalt, den Kontakt mit Drogendealern und Gewaltverbrechern, sind es die düsteren Bilder, die die Welt von Eli ausmachen.


    Der Autor hat einen Blick für kleine böse Details und wird nicht müde, sie an jeder Stelle einzuarbeiten. So sitzen die Jungen am Straßenrand und statt auf Sonnenschein, Blumen und andere kleine nette Dinge in der Umgebung, wird der Fokus auf eine überfahrende Kröte gelenkt und mit Lust am Detail beschrieben wie sie aussieht. Und genau so geht es weiter. Es sind nicht die wirklich bösen Jungs, die Verbrecher, mit denen Eli im Lauf der Zeit zu tun haben wird, es ist die Summe aller bösen und grausamen Nebensächlichkeiten, die dieses Buch teilweise schwer erträglich machen. Der Schluss ist zwar ein wenig versöhnlicher aber nach all den Geschehnissen nicht unbedingt glaubwürdig geraten.

    Ich bin unsicher, wie ich das Buch bewerten kann. Einerseits ist es die großartige Schreibe, die einen beim Lesen in der Story hält, andrerseits habe ich mich durch die Vielzahl an grausamen kleinen Bildern gequält, unangenehme Menschen kennengelernt und fühlte mich fast wie befreit, als ich das Ganze endlich mit der letzten Seite beenden konnte.


    ASIN/ISBN: 3749901414

  • Eine sehr schöne Rezension, vielen Dank dafür!

    Schlägt man dieses Buch auf und beginnt zu lesen, dann ist das bunte und fröhlich wirkende Cover für längere Zeit der letzte Lichtblick, denn das Leben von Eli ist so gar nicht leicht oder fröhlich wie es die Farben suggerieren. Schon der Bericht seiner Kindheit zeigt, dass sein Lebensweg nicht mit Rosen belegt sein wird; der Vater verschwunden, der traumatisierte Bruder stumm, die Mutter und sein Stiefvater Drogendealer – wo kann das hinführen?

    So ging es mir mit den "Detektiven vom Bhoot-Basar" auch. Ich finde das mit den poppigen Covern zu solchen Inhalten sehr irritierend, fast schon heimtückisch. Die englische Ausgabe von Trent Daltons Roman ist genauso bunt...

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • „Ich bin erst zwölf, doch Slim ist der Meinung, dass ich die krassen Geschichten schon abkann.“


    Brisbane, 1983:

    Elison Bell, dessen Bruder August stumm ist, hat es nicht leicht. Seine Mutter sitzt im Gefängnis, sein Stiefvater Lyle dealt, der leibliche Vater hat sich längst aus dem Staub gemacht, an dessen „Gesicht“ kann sich Eli „kaum erinnern“. Gibt es überhaupt einen ehrlichen Menschen im Umfeld des zwölfjährigen Jungen? Auch der Babysitter Slim nahm es nicht so genau mit dem Gesetz. Doch Eli ist fest entschlossen, ein guter Mensch zu werden, und er hat einen Traum – er möchte Journalist werden…


    Der Journalist Trent Dalton präsentiert mit „Der Junge, der das Universum verschlang“ zwar keine Autobiographie, seine Erlebnisse haben ihn jedoch zur Ausarbeitung des Romans inspiriert.

    Es ist keine idyllische (und erst recht keine romantisierende) Coming-of-Age story, die entworfen wird, da der Autor drastische Gewaltszenen in die Geschichte einbaut. „Der Junge, der das Universum verschlang“ ist sicher keine Wohlfühllektüre, das Australien des Protagonisten bietet keinen Strand - Kitsch, nach Buschromantik kann man lange suchen. Insofern ist es ein bedrückender Bericht, aber es gibt auch poetische Momente und durchaus humorvolle Passagen in der Geschichte, und natürlich, wie kann es bei einem Heranwachsenden anders sein, soll auch die Liebe noch eine Rolle spielen. Stil und Sprache machen die Geschichte so besonders; eine knappe, präzise Schilderung der Dinge darf man als Leser jedoch nicht erwarten: Eli fabuliert gerne, und so schweift er in seinem Bericht immer wieder ab. Traum und Wirklichkeit vermischen sich, man fragt sich oft, wie die knallharte Lebensrealität des Ich-Erzählers ihn nicht die Hoffnung verlieren lässt. Seine Situation ist schlecht, er muss einige Rückschläge einstecken, bevor es endlich aufwärts geht.


    Auch als sein

    Erzeuger wieder in das Leben der Familie tritt, stellt sich nicht unverzüglich ein happy ending ein: Vater Bell ist ein abgehalfterter Alkoholiker, aber er ist bereit, für seine Jungs zu kämpfen. Die Figurenzeichnung ist insofern filigran, da die Personen nicht auf ihre schlechten Eigenschaften reduziert werden; das macht ihre Handlungen nachvollziehbar. Beim Lesen durchlebt man eine Achterbahn der Gefühle, Elis Geschichte fand ich deprimierend, die Protagonisten waren mir jedoch nicht immer unsympathisch.


    „Der Junge, der das Universum verschlang“ ist ein lesenswerter Roman, der dem Leser Einiges abverlangt.


    ASIN/ISBN: 3749901414

    "Literatur ist die Verteidigung gegen die Angriffe des Lebens."


    "...if you don't know who I am - then maybe your best course would be to tread lightly."

  • Australien in den 1980er-Jahren: Das Leben von Eli Bell in einem Vorort von Brisbane ist nicht einfach. Der Vater des Jungen ist verschwunden, sein Stiefvater ist ein Drogendealer und auch die Mutter ist mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Doch Slim, ein ehemaliger Häftling, passt auf den zwölfjährigen Eli und dessen Bruder August auf. Der Junge hat einen Traum. Aber es gibt noch einige Hindernisse zu überwinden...


    „Der Junge, der das Universum verschlang“ ist der Debütroman von Trent Dalton.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus relativ kurzen Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Eli. Die Handlung umfasst mehrere Jahre.


    Der Schreibstil ist recht ungewöhnlich und markant. Er ist geprägt von originellen Vergleichen, starken Sprachbildern und Wortneuschöpfungen. Die Sprache ist oft flapsig, teilweise ziemlich derb, wirkt aber durchaus authentisch. Das trifft vor allem auf die zahlreichen Dialoge zu. Kreativ ist auch, dass die Kapitelüberschriften immer aus drei Worten bestehen und fast ausschließlich mit dem Wort „Junge“ beginnen, auf den ein Prädikat folgt. Eingefügt sind mehrere Briefe und Artikel.


    Die Protagonisten sind interessante Charaktere. Es fiel mir nicht schwer, mit dem sympathischen Eli mitzufühlen. Auch die Nebenfiguren sind reizvoll ausgestaltet.


    Mit rund 500 Seiten ist der Roman recht umfangreich und hat gleichzeitig nur wenige Längen. Der Einstieg war für mich jedoch ein wenig verwirrend. Danach konnte mich die Geschichte immer mehr für sich einnehmen.


    Inhaltlich ist die Geschichte ebenfalls sehr speziell. Thematisch geht es um Freundschaft, Familie, das Heranwachsen und wahre Liebe. Darüber hinaus steckt aber auch ernste Problematik in der Geschichte, denn Gewalt und Kriminalität spielen unter anderem ebenfalls eine große Rolle. Das macht den Roman facettenreich und berührend. Anzumerken ist dabei, dass er der Leserschaft einiges abverlangt.


    Der deutsche Titel ist erfreulicherweise nahe am australischen Original („Boy swallows Universe“). Das Cover ähnelt ebenso der Gestaltung der Erstausgabe, was mir gut gefällt.


    Mein Fazit:

    „Der Junge, der das Universum verschlang“ von Trent Dalton ist ein ungewöhnlicher Roman, der trotz kleinerer Schwächen in mehrerer Hinsicht besonders ist.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

  • Australien 1980er Jahre: Der zwölfjährige Eli Bell lebt mit Mutter, Stiefvater und älterem Bruder in keinen guten Verhältnissen, dennoch fühlt er sich nicht unwohl – bis eine Tragödie über die Familie hereinbricht und sein Leben auf den Kopf stellt. Aber Eli ist niemand, der schnell aufgibt.


    Trent Dalton ist Journalist und debütiert mit diesem Roman, der offenbar – hoffentlich nicht allzu viele – biografische Anteile hat. Der Autor lässt seinen Protagonisten selbst in Ich-Form erzählen, teilweise in recht derber Sprache, wie man es aber auch von einem Junge dieses Alters aus diesem Milieu erwarten könnte. Erzählt wird über mehrere Jahre und Eli erlebt viel, auch viel Schlimmes, aber er gibt nicht auf, kämpft für seine Familie, seine Träume (u. a. den, Journalist zu werden), und tut nicht immer das Richtige. Auf Grund seiner Herkunft stellt er sich immer wieder die Frage, wie sich gute und schlechte Menschen unterscheiden, wie man wird, was man ist – explizit beantwortet wird diese Frage aber nicht, so dass man selbst darüber nachdenken kann. Eli ist ein wunderbarer Junge, der mich emotional packt und dem ich durchgehend die Daumen gedrückt habe.


    Eine ganz besondere Rolle in Elis Leben spielt Slim, der viele Jahre im Gefängnis saß, immer wieder ausgebrochen ist, und dessen Schuld offen bleibt. Er ist es, der viele Weichen in Elis Leben stellt. Ich mochte ihn, und erlebt im Nachwort eine kleine Überraschung.


    Viele der Charaktere, die Eli trifft, sind gut gelungen. Sie werden alle aus Elis Perspektive, also subjektiv gefärbt, betrachtet, dennoch kann man sie sich als Leser gut vorstellen. Dass man sich in Australien befindet, spürt man immer wieder, nicht nur, weil es an Weihnachten warm ist, auch die australische Tier- und Pflanzenwelt, die Bevölkerung u. a. spielen ihre Rolle. Der Autor ist selbst Australier.


    Der Roman hat mich von Anfang an gepackt und wurde schnell zum Pageturner. Elis Schicksal nahm mich schnell mit und ist spannend, gegen Ende sogar sehr spannend. Was mir zudem gut gefällt, ist, dass bei aller Tragik, immer auch Humor hervorblitzt, z. B. bei Elis Wiedersehen mit einem Schulkameraden, oder bei seinem Besuchsvorhaben im Gefängnis – turbulent, überdreht, tragikomisch. Ich könnte mir den Roman sehr gut verfilmt vorstellen, er hat eine Menge Bilder in meinen Kopf gepflanzt.


    „Der Junge, der das Universum verschlang“ ist eines meiner bisherigen Jahreshighlights. Der Roman ist packend, auch emotional, und wird noch länger nachhallen. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung an alle, die sich von der manchmal derben Sprache und den nicht immer schönen Erlebnissen des Protagonisten nicht abschrecken lassen.

  • richtig guter Thriller mit Schwächen

    Eins vorweg, dieser Roman ist nichts für Zartbesaitete.


    Elli Bell hat alles andere als eine friedliche und behütete Kindheit und Jugend. Das Gegenteil ist der Fall. Sein Babysitter, der seinen Bruder und ihn bespaßt ist ein verurteilter Mörder und Ausbrecher, der seine besten Jahre hinter sich hat und sich nun auf sein Altenteil zurückgezogen hat. Sein Mutter und sein Stiefvater sind in seiner Kindheit Totallausfälle, da sie ihre Zeit lieber damit verbringen Drogen unter die Menschen zu bringen anstatt ihren Jungs eine gewisse Stabilität zu gewährleisten. Doch sein Stiefvater lägt sich mit den Falschen an. So stürmen eines Abends ein Drogenboss und seine Handlanger das Haus der Familie, trennen Elli einen Finger ab, verschleppen den Stiefvater und seine Mutter landet für mehrere Jahre im Knast. Ob nun Glück im Unglück oder nicht landet die beiden Brüder bei ihren Vater, der nicht nur ein Alkoholproblem hat, sondern auch ein Problem mit dem Rausgehen. So vergehen die Jahre, Elli und sein Bruder werden größer gehen ihren Weg bis zu einer Verhängnisvollen Begegnung, die Ellis Leben noch mal gehörig erschüttert.


    Der Autor macht es den Leser alles leicht, dieses Buch mal eben so nebenbei zu lesen. Er entwirft mit brillanter Wortakrobatik die schönsten Bilder nur um dann mit dem Vorschlaghammer, wie ein von der Tarantel Gestochener, dies im Bruchteil eines Wimpernschlages zu Nichte zu machen. Ein ums andere mal wird mal als Leser mit extremen Gewalttaten konfrontiert, die man so nicht von dem Buch erwartet hat. Im starken Kontrast dazu steht der liebenswerte kindlich naive Erzählstil.


    Das Elli Bell alles andere als eine normale und behütete Kindheit hat wird schon nach den ersten Seiten klar. Und ganz ehrlich wer damit so seine Schwierigkeiten hat, sollte vielleicht dann 200 Seiten überspringen und dann erst anfangen zu lesen. Warum ich dies so ausdrücklich sage, hat den Grund das gerade auf den ersten 200 das Pendel zwischen exzessiver Gewalt und bildberauschenden Phasen extrem hin- und herschwingen. Mal ganz abgesehen davon das sich die Handlung teilweise ganz schön in die Länge zieht besonders merkt man dass, wenn man ein wirklich extrem langes Kapitel ließt. Aber all diese Kritikpunkte sehen blass aus, wenn man am Ende des Buches angelangt ist. Leute das entschädigt wirklich für alles. Besonders Thriller und Krimifans unter euch werden dieses Ende lieben.


    Elli Bell und sein Bruder August sind im wahrsten Sinne des Wortes ganz besondere Jungs. Auch wenn sie nicht auf der Sonnenseite des Universums groß werden konnten, zeigt sich doch wieder mal, dass das Universum oder das Schicksal seine ganz eigenen Pläne hatte. Sie wurden durch ein Tal der Tränen geschickt, das ihnen einiges abverlangte und sie als Familie auf die Probe stellte. Es zeigt sich wieder mal, nicht jeder der eine miese Kindheit hatte wird gleich kriminell. Vielmehr bereichern sie das Leben ihrer Mitmenschen und ändern so, so manches Leben. Sie mögen durch ihre harte Kindheit stark traumatisiert worden sein, aber sie kämpfen, wie die Löwen für ein besseres Leben und ihre Träume. Wie kann da das Universum den Spielverderber spielen wollen.


    Das Cover ist zwar herrlich bunt, vermittelt jedoch ein gänzlich anderes Bild über das Buch, als es in Wirklichkeit ist.


    Fazit: Ein bildgewaltiger, brutaler und zugleich unglaublich schöner „Thriller“, der einen einfach nicht mehr loslässt. Das Universum ist immer für eine Überraschung gut, also lasst euch überraschen. Auch wenn es sich zeitweilig recht zäh ließt gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.

    :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup: