'Berlin Alexanderplatz' - 3. - 5. Buch

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  • Das 3. Buch ist ja relativ kurz und ich glaube ziemlich entscheidend. Franz wird von seinem Partner betrogen und das scheint ihn richtig aus der Bahn zu werfen, denn sobald er davon erfahren hat, ist er spurlos verschwunden.


    So ein Vertrauensbruch ist sicher schwer zu schlucken, aber ich finde es faszinierend, dass es anscheinend auch für jemanden wie Franz, der es ja zumindest vor seinem Gefängnisaufenthalt mit der Moral und dem Gesetz nicht so genau genommen hat, ebenso hart trifft. Vielleicht ja gerade deshalb....

  • Zitat

    Original von milla
    ... jemanden wie Franz, der es ja zumindest vor seinem Gefängnisaufenthalt mit der Moral und dem Gesetz nicht so genau genommen hat, ebenso hart trifft. Vielleicht ja gerade deshalb....


    Ja, so das finde ich auch. Er hat sich zwar geschworen, nun anständig zu sein, aber er hat schließlich auch seine Lina betrogen....


    Für mich auffallend sind diese erwähnten Bibelmotive. Hier im dritten Buch kommen wieder Adam und Eva und auch die Schlange vor.


    Etwas verwirrend auch der Einschub über den Einarmigen und dessen verstorbenes Kind, die Anklagen gegenüber dem Arzt.


    Ansonsten komme ich mit dem Buch immer besser zurecht. Mit manchen Berlinerischen Ausdrücken hab ich so meine Schwierigkeiten, aber ich lese mich schon recht gut rein.


    Es wird ein (so glaube ich) recht authentisches Gesamtbild einer Großstadt in der Zwischenkriegszeit geschildert. Einerseits das aufstrebende Bürgertum (z.B. die Witwe), die Kluft zwischen arm und reich, die immer größer wird, all diese verkrachten, gestrandeten Leute, die verdammte Armut, die Arbeitslosigkeit, die Tostlosigkeit, die in Alkohol ertränkt wird, die Erinnerungen an den Krieg, und die ersten Vorzeichen des bevorstehenden Krieges.


    Sehr interessant, und sehr deprimierend!


    Liebe Grüße!!

  • So, dank Zugfahrt konnte ich heute auch das 4. Buch beenden und hm.... Direkt das erste Kapitelchen hat mir wieder sehr gut gefallen, Döblin beschreibt einfach ein paar Menschen, die um den Alexanderplatz herum leben und arbeiten und wie er das macht, gefällt mir einfach, es zieht sich durch das ganze Buch.


    Bei der Geschichte mit der Diebesbande musste ich wirklich lachen, allerdings auch erst ziemlich verspätet, weil ich es zuerst überhaupt nicht verstanden habe, wer jetzt mit wem und warum. Das finde ich sehr ärgerlich, denn er KANN ja klar (be)schreiben, warum wird er in so vielen Handlungssträngen so chaotisch? Das nervt mich wirklich!


    Die Schlachthofszenen waren nur eklig, da habe ich dann auch mal den ein oder anderen Absatz übersprungen. Allerdings passt es genau dazu, was Jersey in ihrem letzten Absatz beschrieben hat.


    Die Bibelzitate (@ Jersey) gibt es in diesem Buch ja auch wieder, normalerweise gefällt mir so ein Stilmittel recht gut, aber hier fehlt mir einfach der Zusammenhang (oder ich kann ihn einfach nicht finden *help*) und da sind wir auch schon bei meinen größten Fragezeichen zu diesem Buch: Das Kapitel über Hiob hab ich ÜBERHAUPT nicht kapiert, was das da soll, genauso ging es mir mit dem allerletzte Abschnitt aus dem 4. Buch.


    Kann mich jemand erleuchten? :help

  • Irgendwie sind wir auf einem Nenner :grin, Milla; denn die Ausführungen über den Schlachthof und dem Schlachten habe ich auch nicht über`s Herz gebracht, diese Seiten habe ich überschlagen.


    Dieses Durcheinander als es so richtig spannend war, fand ich grässlich. Man kommt ja total durcheinander! Aber mittlerweile versuche ich erst gar nicht der Sache auf den Grund zu gehen, es löst sich eh im Verlauf auf.


    Das Hiob Beispiel hat mir eigentlich sehr gut gefallen, nur warum lag der (Hiob) im Kohlgarten??? Das kapiere ich nicht!
    Ansonsten, denke ich mir, hat Döblin diesen Ausschnitt der Bibel als Parallele zu Biberkopf gewählt. Hiob wird von Gott geprüft ob sein Glaube stark ist, und er sich nicht auf den Teufel einlässt. Biberkopf steht ja auch vor dieser Prüfung.
    Auch die Auszüge von Adam und Eva fand ich bis jetzt immer stimmig. Das Paradies war wohl das Gefängnis, dort brauchte er sich um nichts zu kümmern und war dennoch „ehrlich“. Dann wurde er aus dem Paradies entlassen.


    Im letzten Kapitel (Hopp hopp hopp) dort ist mir direkt der grüne Heinrich entgegen gesprungen. Halt stopp, dachte ich mir, ist das nicht auch ein Roman? Ja, von Gottfried Keller und das habe ich bei Amazon gefunden:


    Zitat

    …. Gerade als sein Leben eine gute Wendung zu nehmen scheint – Heinrich begegnet einem reichen Grafen, der sein Gönner wird, und verliebt sich in dessen Mündel Dortchen –, ist es einmal mehr sein Zaudern, das einen glücklichen Ausgang verhindert. Nachdem die Mutter kurz zuvor aus Gram über sein Ausbleiben und ihren wirtschaftlichen Ruin gestorben ist, erkennt der grüne Heinrich – die Farbe Grün ist Symbol für Jugend und Hoffnung, aber auch für die bei aller Einsicht geistige und emotionale Unreife des Protagonisten – sein vergeudetes Leben. Auch er stirbt an gebrochenem Herzen.


    So, morgen geht’s weiter. Allerdings werde ich immer langsamer …

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Ansonsten, denke ich mir, hat Döblin diesen Ausschnitt der Bibel als Parallele zu Biberkopf gewählt. Hiob wird von Gott geprüft ob sein Glaube stark ist, und er sich nicht auf den Teufel einlässt. Biberkopf steht ja auch vor dieser Prüfung.
    Auch die Auszüge von Adam und Eva fand ich bis jetzt immer stimmig. Das Paradies war wohl das Gefängnis, dort brauchte er sich um nichts zu kümmern und war dennoch „ehrlich“. Dann wurde er aus dem Paradies entlassen.


    Im letzten Kapitel (Hopp hopp hopp) dort ist mir direkt der grüne Heinrich entgegen gesprungen. Halt stopp, dachte ich mir, ist das nicht auch ein Roman? Ja, von Gottfried Keller und das habe ich bei Amazon gefunden:...


    zu Hiob: Ok leuchtet mir ein :-]


    zu Adam & Eva: Hmmm ok habe ich bislang nicht so gesehen, aber wenn es stimmt und das Paradies hier quasi als Synonym für Gefängnis gemeint ist, dann ist Franz ja demnach unfähig ein Leben in Freiheit zu führen. Also unfähig im Sinne von: damit überfordert, eigene Entscheidungen zu treffen und für diese und sein Handeln Verantwortung zu übernehmen. So etwas ist mir immer etwas zu einfach, denn damit entzieht er sich ja jeder Verantwortung und stellt sich selbst als "Opfer" einer höheren Macht hin. Allerdings tut dies Franz selbst (es sei denn ich habe es überlesen) nicht, eher beschreibt ihn Döblin so, aber ist das das Menschenbild, das er vermitteln will? Auf jeden Fall nachdenkenswert!


    zum grünen Heinrich: "grüner Heinrich" wurden auch die Polizeiwagen genannt steht in meinen Worterklärungen. Möglicherweise ist dieser Begriff aber aus dem Roman von Keller abgeleitet.

  • Hallo!
    So, das 4. Buch habe ich jetzt auch durch.


    Die Schlachthofszenen halte ich auch für entbehrlich, habe ich nur so quer drübergelesen. Solche Beschreibungen brauche ich nicht wirklich, und schon gar nicht in der Früh :grin


    Die Hiob-Geschichte fand ich recht schön, damit konnte ich wirklich was anfangen.


    Im Großen und Ganzen scheint Franz sich ja jetzt besser im Griff zu haben. Im Kapitel "hopp, hopp...": Es war geschehen, dass Franz Biberkopf aus seinem Bau gekorchen war, außerdem widersteht er dem Alkohol. Das ist ja schon ein gutes Zeichen nach Vorwärts.


    Heidi : Danke für den Tipp mit dem Grünen Heinrich, das passt ja ganz gut zusammen. Ich hätte den "grünen Heinrich" eigentlich nur mit einem Rettungsfahrzug (ins Irrenhaus) assoziiert, in diesem Fall sieht man aber auch Parallelen zu Kellers Roman.


    Zum Kohlgarten habe unter Hiob nichts gefunden, allerdings gibts in der Bibel im 1. Buch der Könige 21 folgende Aussage: (über google gefunden):


    Und Ahab redete mit Nabot und sprach: Gib mir deinen Weinberg; ich will mir einen Kohlgarten daraus machen, weil er so nahe an meinem Hause liegt. Ich will dir einen besseren Weinberg dafür geben, oder, wenn dir's gefällt, will ich dir Silber dafür geben, soviel er wert ist. ...... auch eine Versuchung des Teufels??


    Ansonsten ist das Buch schon ziemlich mühsam, und der Gedanke, dass ich noch nicht einmal die Hälfte habe und dass es jetzt noch auf 250 Seiten immer so weitergeht ...... motiviert mich nicht unbedingt. Ehrlich gesagt, ich bin froh, wenn ich durch bin.


    Liebe Grüße!!

  • So, es geht ja eh dahin :lache Ich habe soebendas 5. Buch ausgelesen.


    Der Kernsatz ist wohl kurz vor Schluss "Verflucht ist der Mann, spricht Jeremia, der sich auf Menschen verlässt. Er gleicht einem Verlassenen in der Steppe."


    Ich habe jetzt ein bisschen meine Meinung über Franz geändert. Anfangs war er für mich eine verkrachte Existenz, dem Alkohol verfallen der v.a. selber Schuld an seinem üblen Zustand hatte, nicht unbedingt sympathisch, jetzt habe ich zunehmend Mitleid mit ihm. Er versucht ja wirklich und ehrlich, anständig zu sein. Er ist auch bemüht, Reinhold (der ja wirklich von der ganz üblen Sorte ist) zu bekehren, er bemüht sich um Cilly, hat Verantwortungsgefühl ihr gegenüber, und trotzdem gerät er wieder so auf die schiefe Bahn.


    Woran liegt es? Hat er so wenig Selbstbewusstsein, dass er sich immer gleich an falsche Freunde hängt?


    Mit dem letzten Kapitel des 5. Buches kann ich wiederum gar nichts anfangen. - Die Sonne geht immer wieder auf, egal was geschieht? ?(

  • Das 5. Buch liegt jetzt auch hinter mir :-)


    Zitat

    Original von Jersey
    Ich habe jetzt ein bisschen meine Meinung über Franz geändert. Anfangs war er für mich eine verkrachte Existenz, dem Alkohol verfallen der v.a. selber Schuld an seinem üblen Zustand hatte, nicht unbedingt sympathisch, jetzt habe ich zunehmend Mitleid mit ihm. Er versucht ja wirklich und ehrlich, anständig zu sein. Er ist auch bemüht, Reinhold (der ja wirklich von der ganz üblen Sorte ist) zu bekehren, er bemüht sich um Cilly, hat Verantwortungsgefühl ihr gegenüber, und trotzdem gerät er wieder so auf die schiefe Bahn.


    Ging mir genauso, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte ihn nicht zu mögen, das ganze Buch durch (nachdem was man bisher über ihn wusste), muss ich auch meine Meinung ändern. Er weiß ja ganz genau, dass er gerade gezwungen wird, an etwas Unrechtem teilzunehmen und das mit Cilly war wirklich rührend.


    Zitat

    Woran liegt es? Hat er so wenig Selbstbewusstsein, dass er sich immer gleich an falsche Freunde hängt?


    Hm, ich hätte jetzt nicht auf mangelndes Selbstbewusstsein getippt, sondern eher auf grenzenlose Naivität. Mir scheint es, als hätte er mit seinem Vorsatz anständig zu bleiben jedes Misstrauen in andere Menschen verloren, und er handelt so, als hätten alle diesen Vorsatz gefasst.


    Zitat

    Mit dem letzten Kapitel des 5. Buches kann ich wiederum gar nichts anfangen. - Die Sonne geht immer wieder auf, egal was geschieht? ?


    Den Abschnitt habe ich so verstanden: Auch wenn ein Mensch einen schweren Schicksalsschlag erleidet, wie jetzt Franz, der womöglich sein ganzes Dasein umkrempelt, geht doch jeden Morgen die Sonne wieder auf, die Erde dreht sich weiter, als wäre nichts geschehen. In diesen Dimensionen (Sonne - Erde) ist ja auch nichts geschehen. Also mit anderen Worten: wie unbedeutend ist doch ein Menschenleben oder die Schicksale einzelner Menschen im Hinblick auf das gesamte Universum.
    Allerdings war ich mir beim allerletzten Abschnitt dann doch wieder unsicher. Wer ist Raquil?? Oder ist das völlig irrelevant und nur ein konkretes Beispiel dafür, dass das Schicksal von Franz nicht nur für den Planeten, sondern selbst für die Menschen in der gleichen Stadt unbedeutend ist und sich deren "Welt" auch einfach weiter dreht???