Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Berlin, 1957: Der Krieg liegt nun schon einige Jahre zurück, doch er hat Spuren hinterlassen im Leben von Edith, Margot und Luise. Während Margot noch immer unter dem Verlust ihrer großen Liebe leidet, kümmert Luise sich um vier Pflegekinder, die sie kurz vor Kriegsende bei einem Bombenangriff retten konnte. Und Ediths Tochter Jule hat sich als Hebammen-Schülerin beworben. In die Klinik werden immer wieder Frauen eingeliefert, die sich gezwungen sahen, zu „Engelmacherinnen“ zu gehen, um nicht als ledige Mutter zu enden. Als es dabei sogar zu Todesfällen kommt, wollen die Hebammen nicht länger tatenlos zusehen und versuchen, auf eigene Faust herauszufinden, wer hinter diesen illegalen Abtreibungen steckt.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Hinter Linda Winterberg verbirgt sich Nicole Steyer, eine erfolgreiche Autorin historischer Romane. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern im Taunus. Im Aufbau Taschenbuch und bei Rütten & Loening liegen von ihr die Romane »Das Haus der verlorenen Kinder«, »Solange die Hoffnung uns gehört«, »Unsere Tage am Ende des Sees«, »Die verlorene Schwester«, »Für immer Weihnachten«, »Die Kinder des Nordlichts« sowie die ersten beiden Teile der großen Hebammen-Saga »Aufbruch in ein neues Leben« und »Jahre der Veränderung« vor.
Allgemeines
Abschließender Band der Hebammen-Tetralogie
Erschienen am 15.03.2021 im Aufbau Taschenbuch Verlag mit 400 Seiten
Gliederung: 35 Kapitel – Nachwort – Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Berlin, März 1957 bis April 1959
Inhalt
Die drei Hebammen Luise, Margot und Edith, deren Leben der Leser bereits seit deren Ausbildung verfolgt, stehen jetzt in den letzten Jahren ihrer Berufstätigkeit. Die Frauenklinik am Mariendorfer Weg in Neukölln ist für die Zeit sehr modern und gut ausgestattet, im Jahr 1957 wird dort erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Ausbildung für Hebammenschülerinnen angeboten. Drei der jungen Frauen, Ediths Tochter Jule, Helga und Marion, freunden sich dort an, so wie ihre Ausbilderinnen 40 Jahre zuvor. Neben den schönen Erlebnissen ihrer Tätigkeit müssen sie auch erschreckende Erfahrungen machen, sie erleben hautnah den Tod einiger junger Mädchen nach unsachgemäß ausgeführten Abtreibungen mit. Aufgrund öffentlicher Prüderie und mangelnden Zugriffs auf Verhütungsmittel werden relativ viele unverheiratete Frauen ungewollt schwanger. Diejenigen, die sich nicht in die Hände einer „Engelmacherin“ begeben und ihre unehelichen Kinder austragen, werden gesellschaftlich stigmatisiert, für die Jüngeren unter ihnen bleibt oft nur der Aufenthalt in einem Mutter und Kind-Heim. Sogar diejenigen, die noch „rechtzeitig“ verheiratet werden, haben nicht unbedingt das große Los gezogen. Ohne eigene Ausbildung/ Berufstätigkeit, sind sie von ihren Männern vollkommen abhängig und auf die Rolle der an das Haus gebundenen Ehefrau festgelegt.
Beurteilung
Grundsätzlich ist es empfehlenswert, die vier Bände der Reihe in der korrekten Reihenfolge zu lesen, da wiederholt auf Ereignisse der vorherigen drei Bände Bezug genommen wird. Im vorliegenden vierten Band geht es schwerpunktmäßig um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Im Gegensatz zur Jugendzeit der drei älteren Hebammen ist die Gesellschaft trotz des Wirtschaftswunders und Wohlstandes rückständiger geworden. Für Frauen, die in Kriegszeiten viele beruflichen Tätigkeiten ausgeübt haben, ist als Zukunftsmodell die Ehe und Mutterschaft vorgesehen, als Ausbildung kommt bestenfalls ein Besuch einer Haushaltsschule in Betracht. Junge Frauen, die einen Beruf ergreifen wollen, bekommen Probleme mit ihren Eltern oder potenziellen Ehemännern. Die Sexualmoral ist ebenso rückständig wie verlogen, die jungen Leute haben kaum Kenntnisse über und Zugang zu Verhütungsmitteln, woraus viele ungewollte Schwangerschaften resultieren. „Engelmacherinnen“ haben Hochkonjunktur, denn offiziell sind Abtreibungen nicht erlaubt.
Auch der Klinikalltag auf der Geburtsstation wird – wie schon in den vorherigen Bänden – anschaulich geschildert. Erkrankungen, die bekannt sind, können immer noch tödlich enden. Die Gestose kann inzwischen häufig behandelt werden, aber eine vor dem Muttermund liegende Plazenta kann vor der Einführung des Ultraschalls in die Schwangerenvorsorge auch von versierten Hebammen nicht diagnostiziert werden und endet nach wie vor oft tragisch.
Die Charaktere der inzwischen sechs weiblichen Hauptfiguren sind differenziert ausgestaltet, allerdings wirkt ihr Verhalten gelegentlich unglaubwürdig, da es in nicht nachvollziehbarem Widerspruch zu ihren medizinischen Fachkenntnissen steht.
Ein informatives Nachwort rundet den Abschlussband der Tetralogie ab.
Fazit
Ein unterhaltsamer Einblick in die deutsche Gesellschaft der Fünfzigerjahre!
8 Punkte