Heribert Prantl - Not und Gebot. Grundrechte in Quarantäne

  • Titel: Not und Gebot

    Autor: Heribert Prantl

    Verlag: C.H. Beck

    Erschienen: Februar 2021

    Seitenzahl: 200

    ISBN-10: 3406768954

    Preis: 18.00 EUR


    Erinnern wir uns kurz zurück. Im Mai 2019 wurde der Siebzigste Geburtstag des Grundgesetzes gefeiert. Markige Worthülsen und starke Sprüche wurden da vom Stapel gelassen – und wie man jetzt sieht, waren das vor allen Dingen nichtssagende Lippenbekenntnisse.

    Denn die Verfassungswirklichkeit ist seit über einem Jahr eine andere.


    „Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 den Löffel abgegeben. Damals hat er die epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt. Diese Feststellung war richtig, aber die damit verbundene freiwillige Selbstentmachtung war falsch, gefährlich und anhaltend schädlich“ (O-Ton Heribert Prantl /Seite 87).


    Seitdem befindet sich das Land in einem pausenlosen Lockdown.

    Man ist erinnert an einen Vers von Friedrich Hölderlin: „ In diesem Land leben wir, wie Fremdlinge im eigenen Haus.“


    Die Grundrechte wurden in einem seit dem Kriege noch nie dagewesenen Umfang eingeschränkt. Durch die Selbstverzwergung der Parlamente wurde die Exekutive mit Vollmachten ausgestattet, die im Grundgesetz an keiner Stelle vorgesehen ist.

    Prantl weist daraufhin, dass die Grundrechte nicht vom Staat gewährt werden – auch wenn viele Bürger offenbar dieser Ansicht sind. Die Grundrechte erlangt man durch Geburt, Einbürgerung etc. Sie werden aber nicht durch einen staatliche Gnadenakt gewährt und können auch nur für sehr begrenzte Zeit eingeschränkt werden – wobei immer der Verfassungsgrundsatz von der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Das geschieht aber leider nicht oder nur in sehr begrenztem Maße.


    Verlierer sind nicht nur die Menschen in diesem Land – sondern auch der Parlamentarismus und die Rechtsstaatlichkeit. Ohne Parlament werden beispiellose Einschränkungen der Freiheit beschlossen – von einem „Gremium“ was in der Verfassung nicht vorgesehen ist (siehe dazu auch das Interview mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Papier in der WELT vom heutigen Tage).


    Und Prantl sagt ganz richtig, das nicht nur die Menschen in Quarantäne sind – sondern auch die Grundrechte.


    Er kritisiert auch die Kirchen – die sich in vorauseilendem Gehorsam ganz schnell weggeduckt haben. Sie waren nicht da wo sie gebraucht wurden. Beispielsweise bei den sterbenden Menschen in den Alten- und Pflegeheimen, in den Krankenhäusern. Menschen wurden beim Sterben allein gelassen, starben einsam. Dabei wurde nicht einmal der Versuch unternommen, den notwendigen Beistand durchzusetzen.


    Prantl legt den Finger in die Wunde unserer Demokratie. Denn das die Demokratie in diesem Lande Schaden genommen hat wird wohl kaum jemand ernsthaft bestreiten. Nur zeigt es leider auch wie in diesem Land auf gehorcht wird. Hände an die Hosennaht und mit einem donnernden „JAWOLL“ folgt man den Führern – oder denen die sich dafür halten.


    Dieses Buch von Prantl ist eine Streitschrift für die Grundrechte. Auch wenn wir uns vor dem Virus schützen müssen, sollte das aber nicht zu irreparablen Schäden am Betriebssystem „Demokratie“ führen.

    Auch sehr viele Verfassungsjuristen sehen das Handeln der Regierenden mehr als kritisch.


    Und wenn Frau Merkel davon spricht, das Grundrechte Privilegien sind – so hat sie offensichtlich nichts verstanden – und wenn sie er verstanden hat, dann sollten alle Warnlampen aufleuchten.


    Heribert Prantl hat eine wirklich sehr lesenswerte Streitschrift für die Grundrechte verfasst. Man kann nur hoffen, dass dieses Buch von sehr vielen Menschen gelesen wird – aber der „Deutsche Michel“ steht ja eh auf dem Standpunkt, was von oben kommt wird schon richtig sein – und wendet sich wieder dem Trash-TV zu.


    Prantl ist kein Coronaleugner, kein Verschwörungstheoretiker, kein Rechtsbürger – Heribert Prantl ist das:

    Heribert Prantl, Dr. jur., gelernter Richter und Staatsanwalt, war lange Jahre Leiter des Ressorts Innenpolitik und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung. Er wurde unter anderem mit dem Geschwister-Scholl-Preis, dem Kurt-Tucholsky-Preis, dem Erich-Fromm-Preis, dem Theodor-Wolff -Preis und dem Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet.


    ASIN/ISBN: 3406768954

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.