Markus Werner - Am Hang

  • Aus der Amazon.de-Redaktion
    Am Hang zu leben, kann riskant sein. Wie leicht können Dinge ins Rutschen geraten. Diese Erfahrung muss der Scheidungsanwalt Clarin machen, dessen Arbeitswochenende in seinem Tessiner Ferienhaus einen etwas anderen Verlauf nimmt. Ein abendlicher Trunk, ein harmloses Gespräch, mehr hatte dem leutseligen Clarin nicht vorgeschwebt, als er sich dem Fremden auf der Terrasse des Bellavista-Hotels vorstellte. Doch sollte sich bald herausstellen, dass Loos nicht der Partner für den erwartet netten Plausch war. Clarin dämmerte – diesen innerlich Zerrissenen würde er so schnell nicht mehr loswerden!
    Die Schlinge zieht sich zu. Zusehends redet sich der kultivierte, schwerblütige Loos in Rage, philosophiert hemmungslos und trunken über den erbarmungswürdigen Zustand einer lärmenden und oberflächlichen Welt, die ihm verhasst geworden ist. Vor einem Jahr war im Kurhotel in Cademario drüben am Hang seine über alles geliebte Frau von ihm gegangen. War es Selbstmord? Ein Restleben als Endlosschleife der Verzweiflung. Clarin beginnt, aufzuhorchen. Cademario war auch ihm kein fremder Ort. Schicksalsspuren überschneiden sich. Clarin beginnt zu frösteln.
    Mehr und mehr zieht es Clarin in den persönlichen Albtraum eines Beschädigten. Rätsel über Rätsel über den Verlust einer Frau werden aufgetürmt. Die kammerspielhafte Enge des Schweizer Talkessels, die immer fiebriger werdenden Zwiegespräche auf der Hotelterrasse, ziehen auch den Leser allmählich in ihren Sog. Vergessen wir das bisweilen unsägliche Dauerlamento des mürrischen Loos, dessen küchenpsychologische Alltagsbetrachtungen sich über die Verrohung des Menschen bis hin zu Hasstiraden auf Handytöne erstrecken – Markus Werner gelingt es dennoch meisterlich, den unheimlichen Spannungsbogen seines Psychodramas aufrecht zu erhalten.
    Am Ende des Vexierspiels um eine große verlorene Liebe wird auch die Welt des erotischen Leichtfußes Clarin schwer geworden sein. In bestürzender Weise muss er erfahren, wie alles mit allem zusammenhängt. Wie klein die Welt doch war. Eine Zufallsbekanntschaft brachte den Hang endgültig ins Rutschen! –Ravi Unger



    Meine Meinung:


    Es treffen sich zwei fremde Männer, zufällig, der eine Anfang 50 und Witwer, der andere Mitte 30 glücklicher Single, und kommen ins Gespräch. Dadurch, dass sie sehr konträre Ansichten vertreten, ist die Auseinandersetzung (Beziehung/Leben/Welt) höchst interessant. Erst im letzten Teil fällt es dem Leser wie Schuppen von den Augen und weiß, weiß alles. Eva braucht gar nichts mehr zu erwähnen, denn der ahnungslose Protagonist wird ein wenig herablassend, oder vielleicht auch mitfühlend erkannt. Im Nachhinein ergibt sich eine wunderschöne Metaphorik.
    Marcel Reich-Ranicki behauptet zu recht, dass dieses Buch sehr zu empfehlen ist.

  • Auch dieses ist ein Buch auf meiner Seminarliste.
    Deine Meinung, Heidi Hof, macht es mir gerade zwar schmackhafter, aber der Inhalt ist irgendwie nicht so mein Fall...


    Wie bist du an dieses Buch gekommen?

  • Hallo Eli,


    in einem anderen Thread hattest du nach Bücher zu Männern und Krisen gefragt. Spontan fiel mir "Am Hang" ein und es meldete sich sofort mein schlechtes Gewissen zu diesem Buch noch keinen Beitrag geschrieben zu haben. Und meine Nachlässigkeit hat einen guten Grund: ich tue mich verdammt schwer damit, über dieses Buch eine Meinung zu äußern.
    Zur Verwunderung meinerseits stieß dieses Buch bei den Eulen anscheinend auf wenig Gehör, trotz und obwohl die Werbetrommel für dieses Buch durch Frau Heidenreich und Co. enorm gerührt wurde.


    Und ja, dieses Buch hat das gewisse Etwas, obwohl es ziemlich nah an Klischees entlang schrammt. Der Aufhänger ist gut gewählt für ein Thema, das schon tausende Male in der Literatur aufgegriffen wurde. Ein Gespräch über die Liebe und das Leben und die Existenz im Allgemeinen. Der eine beschreibt es aus der Sicht des jungen Lebemannes, der andere aus Sicht eines Mannes, der vielleicht die besten Jahre hinter sich hat. Der Schreibstil ist gefühlvoll, manchmal ein wenig behäbig aufgrund der schweizerdeutschen Ausdrucksweise, aber irgendwie auch gefällig. Und den Leser beschleicht beim fortschreitenden Lesen das Gefühl, dass der Autor selbst eine Rolle in seinem Buch einnimmt, der er nicht gewachsen ist. Letztlich bleibt der Eindruck, dass der Autor eine Zwischenbilanz seines Lebens zieht und sich dazu einer seiner Figuren bedient.
    Insgesamt kein schlechtes Buch, nur sollte sich das Lesepublikum vom raffinierten Stil Werners nicht um den Finger wickeln lassen.

  • :bruell Warnung an alle Vor-dem-Schlafengehen-Leser:
    Das Buch nicht zu diesem Zeitpunkt zuende lesen!
    Sonst könnte es euch gehen so wie mir und ihr wälzt euch die die ganze Nacht unruhig von einer Seite zur anderen und grübelt über das Gerade-Gelesene nach.
    Irgendwie war ich böse auf diesen Loos, der so sang und klanglos verschwunden war und mich als Leser mit unzähligen Fragen zurückließ.
    Was war nun wahr an seinen Erzählungen, was teils der Wahrheit entsprechend, was freie Erfindung, was gar dreist erstunken und erlogen?


    Werner ist sicherlich ein guter Erzähler. Ihm ist es gelungen, fast die ganze Geschichte lediglich in einem Dialog zwischen zwei Fremden zum Leben zu erwecken, in einer Zeitspanne von zwei Abenden. Respekt!
    Die zahlreichen philosophisch gefärbten Abhandlungen u.a. über Treue, Ehe, den modernen Menschen, zwingen zum Nachdenken. Eine empfehlenswerte Lektüre!


    P.S.: Schade, daß Papst Ratznicky auf dem Umschlag seinen Senf abgeben muß. Mit diesem Ekelpaket will ich nicht unbedingt einer Meinung sein, auch wenn das manchmal unvermeidlich ist.

  • Ein wunderbares Buch, ich habe es sehr gerne gelesen. Am Ende angekommen, mußte ich natürlich gleich wieder von vorne anfangen und nochmal den Einstieg lesen, wer am Ende angekommen ist, weiß warum...
    Aber eins läßt mich doch nicht los: es hatte sich bei mir auch so das Gefühl eingestellt, es sei ein "Männerbuch", also ein Buch, das Männer lieber lesen als Frauen. Konnte mir aber selbst nicht so recht erklären, warum ich darauf komme. Nur weil zwei Männer sich unterhalten, das ist mir zu wenig.
    Hatte noch jemand ein ähnliches Gefühl?

  • Ralles Hypothese kann ich jetzt mich bestätigen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen.


    Allerdings nicht auf Anhieb. Beim ersten "Anlauf" habe ich das Buch nach den ersten dreißig Seiten weggelegt, weil es mich nicht interessiert hat und ich es langweilig fand. Einen neuen Anlauf habe ich gestartet, als es mir wärmstens empfohlen wurde. Und siehe da, als ich weiter gelesen habe, hat es mich immer mehr in seinen Bann gezogen. Für mich hat das Buch wie beim Schneeball erst später Fahrt aufgenommen, aber dann hat es mich mit voller Wucht gepackt. Ein toll erzählter Roman.

  • Ich habe die Lektüre von "Am Hang" gerade beendet und schreibe also noch ein bisschen im Wahn.


    Salonlöwin schreibt:

    Zitat

    Insgesamt kein schlechtes Buch, nur sollte sich das Lesepublikum vom raffinierten Stil Werners nicht um den Finger wickeln lassen.


    Ich sage: Lasst Euch um den Finger wickeln, auf jeden Fall! Ich habe selten ein Buch in der Hand, das mich am Ende dermaßen treibt, wie dieses. Ich habe immer schneller gelesen, eine regelrechte Unruhe packte mich.


    Ich kopiere hier mal meine Stichpunkte aus dem "Ich lese gerade..."-thread rein, damit Ihr seht, wie es mir anfangs mit dem Buch ging:


    "Ich bin begeistert!


    - fast reiner Dialog, abwechselnd zwischen direkter und indirekter Rede
    - Gespräch über Gott und die Welt, in dem eine These die nächste jagd, ohne dass es nervt oder aufdringlich wirkt - der eine Redner hat einen gerade überzeugt, da antwortet der andere und man kann ihm nur zustimmen - großartig
    -zwischendrin erzählt Loos haufenweise Geschichten, wie nebenbei
    -und über allem diese eigenartige Atmosphäre"


    So fing es also an, man sieht, das Buch hat mich gleich in seinen Bann gezogen und ich wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil, es entwickelt eine ungewöhnliche Spannung, die am Ende dann ihr Finale erreicht.


    10 von 10 Punkten


    Lesen, kann ich nur sagen!


    Gruß, Bell


    PS: Gibt's auch als Taschenbuch, leider ist kein Bild dabei, aber es sieht genauso aus wie das Hardcover.

  • Mir wurde letztlich von einem Journalisten, der mich interviewt hat, Markus Werner wärmstens ans Herz gelegt.
    Ich kann mich aber noch nicht dazu durchringen, ich hab Angst er sagt mir nicht zu. :wow

  • Hallo Babyjane,


    wovor hast Du Angst? Es sind gerade mal ca. 190 Seiten. Gefällt es Dir nicht, hast Du es schnell überstanden und vielleicht ändert sich die Haltung sogar bis zum Ende bzw. Du kannst es doch auch vorher weglegen. Vielleicht sogar gefällt es Dir gleich! Falls es ums Geld geht, bekommst Du das Buch vielleicht gebraucht oder Du findest es, wie ich, als Mängelexemplar.


    Nur Mut ;-)

  • :grin
    Es geht mir darum, daß ich mich im Moment auf ein Buch freue, von dem mir versprochen wurde, daß es mir bestimmt wunderbar gefällt.
    Wenn diese Freude dann enttäuscht wird, dann bin ich immer ziemlich geknickt, davor habe ich Angst. :-(
    Also freue ich mich lieber noch ein wenig... :lache

  • Verstehe. Dann solltest Du das Buch vielleicht lieber noch ignorieren und es erst lesen, wenn Du fast schon vergessen hast, worum es geht - damit dürfte dann auch die Vorfreude und also die zu große Erwartungshaltung weg sein. So etwas dauert ja meist gar nicht lange, ein paar Bücher dazwischen müssten reichen ;-)

  • So jetzt les ich es.... bin sehr gespannt.


    Edit:
    Fertig! :lache
    Der Stil gefällt mir ausgesprochen gut und auch das was Werner zu sagen hat, war interessant und wichtig für mich.
    Seine Art Dinge anzusprechen und andere ungesagt zu lassen, spricht mich sehr an.
    Etwas schade, fand ich, daß bereits im Klappentext darauf hingewiesen wird, daß irgendwas an der Begegnung nicht ganz koscher ist.
    Dadurch war ich sehr aufmerksam und wußte schon recht bald, wo der Hase hinläuft und ahnte auch bereits vor dem Ende, was es mit Loos und Bettina auf sich hatte.
    Das hat mir ein wenig der Spannung genommen.
    Ansonsten gabs volle Punktzahl ein supertolles Buch und jetzt schreib ich erstmal dem Herrn Journalisten und bedanke mich für die gute Einschätzung meines Lesegeschmacks. :-]

  • Ein wunderbares Buch, gut eine Elke Heidenreich Empfehlung löst bei mir immer erstmal leichtes Stirnrunzeln aus, die Vielquasslerin trifft nicht immer meinen Geschmack, aber dieses Buch ist wirklich,wie auch Salonlöwin und Wilma schon schrieben- vielschichtig und sehr zum Nachdenken anregend..

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • also, dieses Buch ist einfach klasse!


    Ich fing an zu lesen und konnte es dann kaum mehr weglegen. Die Dialoge zwischen Clarin und Loos sind so spannend. Sozialkritische Themen werden aufgegriffen und zum Teil recht zynisch beleuchtet.


    Schon zu Beginn erfährt der Leser, dass diese zufällige Bekanntschaft ein bedrohliches Ende nehmen wird. Und man liest und weiß, da wird sich irgendwann etwas verändern. Dabei hat Loos neben seiner Verbitterung auch eine sympathische Art, über sein Leben zu erzählen (z. B. das Kennenlernen seiner Frau, die Szene mit den Hunden, so genial :grin ).


    Der Schreibstil ist wunderbar, am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten zu erkennen, wer gerade spricht, aber das legte sich nach einigen Seiten.


    Ich find es auch gut, dass man am Ende das Buch weglegt und erstmal denkt: was war jetz das?! :grin Ich hab da noch lange drüber nachgedacht :gruebel


    Das Buch kriegt von mir auf jeden Fall 10 Punkte :-)

  • Ich kenne das Buch aus der Schule, stand beim Abschluss auf unserer Literaturliste und einige aus unserer Klasse mussten ein Referat darüber halten. Was die über das Buch erzählteb, hörte sich interessant an, und darum beschloss ich, es bei Gelegenheit auch zu lesen.


    Ich habe das Buch jedoch nach ca. einem Drittel weggelegt. Die endlosen Gespräche konnten mich irgendwie einfach nicht recht packen und da ich das Ende schon kannte, hatte das ganze auch keine richtige Faszination mehr. Schade. Gibts bei mir eher selten, dass ich Bücher nicht zu ende lese. Vielleicht versuch ichs wiedermal...