"Deutschlandreise" von Roger Willemsen

  • Deutschlandreise - Roger Willemsen


    Inhaltsangabe:


    Wochenlang reiste Roger Willemsen mit dem Zug durch Deutschland-von Konstanz nach Kap Arkona, von Bonn nach Berlin, von Rostock nach Oberstdorf. Aus seinen Beobachtungen entwirft er das facettenreiche Bild eines Landes, das uns allen bekannt zu sein scheint und schon deshalb und Geschichten unbekannt zu werden droht. Ob bei einer Abiturfeier in Bonn oder in einem schäbigen Hotel in Berlin, ob bei den Schachspielern an der Brücke von Remagen oder bei der Begegnung mit einem Pornodarsteller-Roger Willemsen notiert und kommentiert Gespräche, Werbesprüche,Redensarten. Mit wacher Neugier und dem Blick des Forschers entdeckt er das Wesentliche im alltäglichen und das Typische im Zufälligen-das Glück und Unglück des ganz normalen Lebens.



    Über den Autor:


    Roger Willemsen,Jahrgang 1955, arbeitet als Autor, Auslandskorrspondent, Literaturwissenschaftler und -kritiker, bevor er 1991 zum Fernsehen kam, wo er vor allem mit "Willemsen Woche" bekannt wurde; darüberhinaus arbeitet er als Dokumentarfilmer und Produzent. Im Frühjahr 2002 quittierte er den Dienst beim Fernshen, um sich wieder dem Schreiben zuzuwenden. Roger Willemsens "Deutschlandreise" stand monatelang auf den Bestsellerlisten des "Spiegel".



    Meine Meinung:


    Meine Erwartunghaltung war groß, als ich dieses Buch zu lesen begann. Zum einen hatte ich die Lobeshymnen der Kritiker im Ohr und die Spiegelbestsellerliste erwähnte Willemsens Buch (was sich sicherlich kein Garant für ein gelungenes Werk ist),zum anderen war mir die Reputation des Autors bekannt und die Idee, das heutige Deutschland zu bereisen und eine Bestandaufnahme zu machen, gefiel mir.
    Mit zunehmender Zahl der gelesenen Seiten wurde meine Enttäuschung jedoch immer größer. Das lag einerseits daran, daß der Fokus des Autors nur auf bekannte deutsche Städte (Hamburg, Rostock, Rügen, Bonn, Hamburg...) gerichtet war, zum anderen, daß bei mir der Eindruck entstand, der Autor habe nur die negativen Seiten an Deutschland gesucht. In Mölln beispielsweise beobachtete Wilemsen eine einfache Frau, die er verächtlich als Kittelschürze bezeichnet; jede zweite junge Frau, die Gegenstand seiner Beschreibungen wird, wird als "fett" bezeichnet.
    Gleichzeitig macht der Autor keinen Hehl daraus, selbst aus der bildungsbürgerlichen Elite zu stammen. Keine Seite kommt ohne Fremdwort aus. Und sollte der Verfasser der "Deutschlandreise" kein Fremdwort parat haben, dann hilft eine Anspielung auf eine Oper, ein Parfum oder eine Modemarke. Nichts, was Willemsen nicht zu wissen scheint. Da mutet es ein wenig seltsam an, daß er während seiner Reise nicht auf seinesgleichen gestoßen ist. Vergeblich sucht der Leser die Begegnung mit Intellektuellen wie Architekten, Ärzten oder Anwälten. Vielmehr entsteht beim Lesen der Eindruck, in einem Land zu leben, in dem die überwiegende Bevölkerung ungebildet zu sein scheint. Das kann meines Erachtens jedoch nur ein Teil der Wahrheit sein. Wer Gefallen an diesem Buch findet, der stellt sich mit Willemsen auf eine Stufe und bringt sich genau wie der Autor um das Vergnügen, ein tolles Land und wunderbare Menschen kennenzulernen bzw. kennengelernt zu haben.

  • Willemsen kommt zu einer Lesung in meine Stammbuchhandlung und ich habe mich bereits gefragt, ob mich das interessieren würde.
    Nachdem was du da geschrieben hast, würde ich zunächst definitv sagen nein.
    Sollte ich das Buch in der Bücherei bekommen vorher und sollte ich es genauso empfinden, gehe ich hin und frage ihn, wie er dazu kommt.

  • Ich finde, Roger Willemsen ist ein unerträglicher Schwätzer und ich glaube nicht, daß mich das Buch wirklich interessiert.


    Nichtsdestotrotz würde ich es wagen, das Buch im Buchladen ein wenig anzuschmökern. Ich muß ja prüfen, ob das Urteil, daß ich über seine Person als Moderator gefällt habe auch auf den Autoren Willemsen zutrifft. ;-)


    Allerdings... wenn ich mir Salonlöwins Rezi so durchlese ahne ich, wie das Urteil ausfallen könnte. :grin

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Den Beitrag von Salonlöwin kann ich Wort für Wort nur unterstreichen.


    Auch ich hatte mich darauf gefreut und voller freudiger Erwartung angefangen zu lesen.
    Das Lesevergnügen ließ aber leider ziemlich schnell nach und ich hatte nach der Hälfte überhaupt keine Lust mehr, ihm durch das Deutschland zu folgen, das er versucht hat darzustellen. Wobei mich am meisten gestört hat, dass er die meisten Menschen wirklich mit einer arroganten Überheblichkeit - teilweise Verachtung - beschrieben hat.


    Gut, dass man es besser weiß (hoffentlich).


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • ich las kürzlich ein buch mit gesammelten kolumnen von 1985-1998 (hoffentlich erinnere ich die jahre jetzt richtig). teilweise empfand ich den autor als unerträglich arrogant, teilweise jedoch, vor allem, wenn er das englische königshaus unter die lupe nahm, musste ich heftig schmunzeln.
    hinsichtlich des hinten im buch angepriesenen titels deutschlandreise bin ich noch unentschlossen.
    haben ihn inzwischen weitere von euch gelesen? und wie gefiel er euch ggf?

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Ich hab das Buch damals abgebrochen. Mir hat der Schreibstil nicht gefallen und vor allem die Überheblichkeit abgestoßen. Ich fand es sehr schade, dass tatsächlich nur negative Beispiele und junge Mädchen Thema waren.


    Willemsen habe ich vor diesem Buch mal bei einer Lesung kennen gelernt und war nach der Lesung in kleiner Runde beim Essen dabei. Am Abend der Lesung war er sehr höflich, interessiert, hat jedem am Tisch zugehört, egal wie alt oder jung und hat alle ins Gespräch mit einbezogen. Selbstverständlich weiß er auch, wie unterhaltsam er sein kann.


    Ich bin also nicht nur mit negativer Meinung an das Buch rangegangen und ich werde dem Buch auch noch eine zweite Chance geben, aber wie gesagt - es war eigentlich nur negativ, bis auf ein Mädel, an das ich mich erinnern kann, das er im Zug getroffen hat und das ihm wohl gefallen hat...

  • Ich habe den Tod von Roger Willemsen zum Anlass genommen mal ein Buch von ihm zu lesen, in diesem Fall die Deutschlandreise. Ich kannte ihn nur als Moderator, als welchen ich ihn sympathisch, interessiert an seinen Gästen und höflich erlebt habe.


    Das Buch Deutschlandreise kommt leider über Oberflächlichkeiten bei Betrachtungen von Menschen nicht hinaus. Der Autor ist wochenlang in Deutschland mit der Bahn herumgefahren und kann somit nur sehr flüchtige Eindrücke mitbekommen haben. Ein paar der Städte, die er besucht hat, kenne ich selber und mein Eindruck der Städte (länger gebildet, als bei einem Kaffee in einem Strassencafe oder ähnlichem) deckt sich sicher nicht mit dem Kurzerleben, welches man als Bahnreisender hat. Die Betrachtungen bleiben distanziert, der Autor ansich ein einsamer Mensch.


    Ich habe das Buch bis zum Ende durchgelesen, aber es hat mich Überwindung gekostet, denn der Stil ist nicht einfach, durch die Distanz nicht darauf angelegt, beim Leser grosse Gefühle zu wecken.


    Ich habe vor Jahren mal 'Deutschland, eine Reise' von Wolfgang Büscher gelesen, was eine ähnliche Thematik hat, nur dass der Autor sich zu Fuss vorwärts bewegt hat. Wenn ich eine Empfehlung aussprechen sollte, würde ich jederzeit das Buch von Wolfgang Büscher bevorzugen.