Aber es scheint, wenn man es so oberflächlich betrachtet, kein grundsätzliches Problem mit dem Zugang zu hochakademischer Bildung oder zu technischen Berufen zu sein, sondern vermutlich eine heterogene und unübersichtliche Gemengelage aus einer Vielzahl von Ursachen und Zusammenhängen. So beobachtet man das in der Regel ja auch im eigenen Leben: Man sieht Eltern, die immer noch in Rollenmodelle hineinerziehen, und aber auch Kinder und Jugendliche, die das explizit fordern, man sieht Männerdomänen und durchaus archaische Strukturen und andererseits Cliquen, man sieht rollenbesetzte Bildungseinrichtungen, wobei die Grund- und Mittelschulen, was das Personal anbetrifft, durchaus sehr frauendominiert sind, während in der Sekundarstufe dann fast nur noch Männer unterrichten, was schließlich in eine diffuse Struktur an den Hochschulen mündet, wo der Frauenanteil unter den Dozenten in den Logien stark ist, aber in den MINT-Fächern eher gering. Ähnlich verhält es sich in den Ausbildungssituationen. Aber das Angebot wird nach meiner Beobachtung deutlich offener und sehr zügig stärker geschlechterunabhängig, und ich kenne nicht wenige MINT-Auszubildende in sehr großen Unternehmen, die auf Wartelisteplätzen verharren mussten, bis klar war, dass es keine weiblichen Bewerber geben würde (und keine mit Behinderungen oder mit Migrationshintergrund).
Was ich jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehme, das ist, dass sich an dieser Situation überhaupt nichts oder noch weniger als nichts ändert, wenn wir von Mechaniker*:*innen oder Physiker*:*innen sprechen, wo wir doch eigentlich generische Oberbegriffe verwenden wollten. Selbst wenn sich das wirklich in der gesamten Gesellschaft durchsetzt, wovor uns irgendeine Göttin bewahren möge, wird sich äußerst rasch ein Gewöhnungseffekt etablieren, und der Aspekt des Genderns, den ich (als einzigen) auch begrüße, nämlich der zwar symbolische, aber notwendige Verweis auf Ungerechtigkeiten nicht in der Sprache, sondern in der Gesellschaft, wird sich schnell verlieren. Und die zwei oder drei Frauen, die sich tatsächlich (und nicht nur, weil sie denken, so fühlen zu müssen) benachteiligt - weil nur "mitgemeint"* - fühlten, wenn von Kunden oder Patienten oder Interessenten die Rede war, werden kein Jota glücklicher sein.
*Dieses Mitgemeint-Axiom ärgert mich wirklich, weil es kompletter Bullshit ist, sich die Diskussion aber so sehr verselbständigt hat, dass es von kaum noch wem hinterfragt wird (oder keiner mehr zuhört, wenn das geschieht). Wenn überhaupt, ist es umgekehrt, denn es gibt in den fraglichen Fällen für Männer keine Form, die eindeutig nur Männer meint. Ein Arzt kann ein Mann oder eine Frau sein, eine Ärztin ist immer eine Frau. Mir ist das piepschnurzegal, weil es auf die vom Formulierenden beabsichtigte Bedeutung ankommt, und nicht auf eine daherbehauptete innere Diskriminierung, die in Wörtern steckt, aber mich fragt ja keiner.