Die Schatten und der Regen von Hakan Nesser

  • INHALT:
    Viktor Vinblad hat es nie einfach gehabt. Sein Vater war ein Mörder. Seine Mutter vorwiegend mit sich selbst beschäftigt. Mit neun Jahren wird er Vollwaise und lebt fortan in einer Pflegefamilie. Viktor ist hoch begabt, aber auch erschreckend wunderlich. Mit fünfzehn singt er Psalmen rückwärts und ist in der Lage, die schwierigsten mathematischen Fragen zu lösen, als er unter dramatischen Umständen aus dem zweiten Stock des Schulgebäudes fällt. Er überlebt, doch fortan ist er stumm. Dennoch schafft er es, nach der Schule eine Anstellung bei einer Bank zu bekommen. Und sogar in eine Wohngemeinschaft zieht er ein. Es ist eine seltsame Truppe verschrobener Menschen, die sich hier versammelt: Der nervöse Persson, der Statistiken liebt. Der leicht zurück gebliebene Farin, der von seinen Eltern einen großen Hof geerbt hat. Und zu guter Letzt Sara Salmodin, jüngste Tochter eines Predigers und von herzerfrischender Naivität, sowie Viktor Vinblad selbst, der geniale Außenseiter. Doch dann schlägt das Schicksal erneut zu. Sara wird ermordet – und Viktor verschwindet spurlos. Ein Schuldeingeständnis? Als ein solches nehmen es jedenfalls Freunde, Verwandte und auch die Polizei. Wie der Vater so der Sohn, lautet das fast einhellige Credo. Aber stimmt die Vermutung auch? Oder ist Viktor ebenfalls ein Opfer?


    DER AUTOR:
    Håkan Nesser, geboren 1950, ist einer der interessantesten und aufregendsten Krimiautoren Schwedens. In seiner Heimat gilt er als der unbestrittene Star in seinem Genre. Für seine Kriminalromane um Inspektor Van Veeteren erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sie sind in mehrere Sprachen übersetzt, wurden erfolgreich verfilmt und werden demnächst auch im deutschen Fernsehen zu sehen sein.


    MEINE MEINUNG:
    Ich habe das Buch auch in amazon rezensiert und kopiere den Text hierher, denn damit ist alles gesagt


    Die ersten Seiten fehlte mir van Veeteren und seine Mannschaft, doch dann riss mich die Geschichte der Protagonisten vollkommen mit. Nesser wechselt die Erzählperspektive von David, dem Freund-Bruder, zu Viktor, dem Mörderkind und zu letzt zu Maria, der unwilligen Fast-Schwester, geht dabei immer wieder durch alle Zeiten und erzählt doch flüssig und zielgerichtet.


    Wer hat das junge Mädchen Sara damals wirklich erschlagen? Das Bild des wahren Mörders entsteht erst nach vielen, vielen Perspektiven und ist doch nicht fassbar. Mehrere Leben sind durch diesen Mord so nachhaltig aus der Bahn geraten, dass man die Ausmaße des Mordes erst auf den letzten Seiten wirklich begreift.


    Ein fast lyrisches Buch über Menschen, drei Morde und den Auswirkungen, am ehesten vergleichbar mit Nessers *Kim Novak*. Nicht vom Plot oder von den Personen her, sondern vom Stil.


    Ich bin außerordentlich beeindruckt und empfehle das Buch jedem, der Lust hat sich auf die Reise ins Innere zu begeben.


    Kein Thriller oder Kriminalroman direkt, und doch spannender als jeder andere. lg Bea

  • Ich kann mich Bea´s Begeisterung über dieses Buch nur anschließen. Mit "Die Schatten und der Regen" ist Nesser mM ein Roman gelungen, der weit über einen Krimi hinausgeht. Nesser beschreibt seine Charaktere unglaublich gut, so dass man sich in sie hineinversetzen kann, läßt sie Entwicklungen durchleben und erklärt auch die skurrilsten Handlungen für den Leser nachvollziehbar. Seine Sprache liest sich flüssig, spannend und sorgt unter anderem dafür, dass dieser Roman für mich auch literarisch wertvoll ist.
    Die Krimihandlung steht bei diesem Werk eher im Hintergrund. Dass der Mord schließlich geklärt wird, ist eher nebensächlich - vielmehr stehen die Hautfiguren als eigenwillige Persönlichkeit in einer außergewöhnllichen Situation und einem komplizierten Umfeld im Vordergrund. Ihre Geschichten fesseln und ziehen den Leser mehr in ihren Bann als die Aufklärung des Verbrechens.
    Für mich ein absolut empfehlenswerter Roman, den ich sehr genossen habe (vermutlich weitaus mehr als alle anderen, bisher gelesenen Nesser-Bücher, die ich ebenfalls sehr schätze).

  • Jetzt lese ich doch schon sechs Tage an diesem Roman und komme nicht wirklich voran... :-(
    Mir gefällt die Geschichte, aber wenn man eine zeitlang nicht zum lesen kommt, ist man auch schnell wieder "raus" und muss sich ein bisschen einlesen.
    Es gibt schon ein paar Stellen, die ich als sehr zäh empfinde. Dann gibt es aber auch wiederrum Stellen, die absolut genial sind und nur so vor Sarkasmus triefen :-) !
    Hoffentlich kann ich mich dieses WE wieder mehr darauf konzentrieren!

  • Ich fülle mal diesen Thread weiter auf... :grin


    Ich kann mich der Begeisterung der Vorgänger nicht ganz ansschließen. Große Probleme hatte ich mit dem Einstieg und der Ich-Erzählform des Erzählers. Dieser holt an manchen Stellen doch seeehr weit aus und ich habe mich des Öfteren gefragt, ob das jetzt gerade am Anfang nötig ist...
    Das nächste was mir gefehlt hat war die Spannung . Dieser Roman wird nun einmal als Krimi deklariert und dementsprechend erhofft man sich natürlich auch ein paar spannende Momente.


    Aber: Wenn man dann einfach hinnimmt, dass es eben kein typischer Krimi ist und anfängt das Buch von der psychologischen Schreibe her zu genießen ist es wirklich richtig gut und in einer ganz eigenen Weise auch spannend.
    Und nach der Hälfte - da tritt auch ein neuer Erzähler auf - konnte ich es wirklich nicht mehr aus der Hand legen; denn ab dann wollte ich doch wissen: Wieso, weshalb und vor allem wer...


    Für das Ende gibt es wieder Abzüge

  • Ich habe das Buch als Wanderbuch bekommen - worüber ich anfangs sehr froh war - und jetzt, wo ich es durch habe, frage ich mich, ob ich es mir nicht doch zulegen soll, um es später noch einmal lesen zu können.


    Ein Buch, das mir schwerfällt,spontan zu beurteilen!


    Ich kann die Leute verstehen, die das Buch entnervt in die Ecke geworfen habe - denn es ist nicht das, was es auf dem ersten Blick zu sein scheint! Als Thriller oder Krimi kann man es meiner Meinung nach nicht bezeichnen - auch wenn durchaus ein Mord eine wesentliche Rolle spielt!


    Aber hier gibt da andere Dinge, die viel entscheidender sind - eine wirklich interessante Story, wenn man sich erst mal drauf eingelassen hat - interessante Personen - und ein eigenwilliger Schreibstil!


    Alles zusammen genommen sicher keine 08/15 Literatur - aber es lohnt sich, sich durch die erste Hälfte des Buchs zu kämpfen, weil man dafür in der zweiten Hälfte allemal entschädigt wird!

  • Kann man dieses Buch entfernt mit "Barins Dreieck" vergleichen? Das spaltet nämlich auch seine Leserschaft, stärker als die Van Veeteren Reihe.

    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das nicht allemal das Buch.
    Georg Christoph Lichtenberg

  • Ich lese Die Schatten und der Regen gerade und hatte auch so meine Anfangsschwierigkeiten. Ich habe noch nicht die Hälfte gelesen, will trotzdem wissen, was, wie und warum. Es ist also spannend und wird auch sprachlich besser, als ich am Anfang befürchtet hatte.


    Mit van Veeteren ist es nicht vergleichbar, allerdings würde ich es auch nicht mit Barins Dreieck vergleichen, wo ich mich wirklich bis zum Schluß durchquälen mußte und leider dann auch keinen wirklichen Faden durch die 3 Geschichten gefunden habe. Ich habe am Schluß also viel mehr gerätselt, als mittendrin. Zudem haben mir die Geschichten auch überhaupt nicht gefallen.

  • Zitat

    Original von Taschenbuch
    Kann man dieses Buch entfernt mit "Barins Dreieck" vergleichen? Das spaltet nämlich auch seine Leserschaft, stärker als die Van Veeteren Reihe.


    Nein, finde ich nicht. Barins Dreieck fand ich persönlich ganz furchtbar, während mir dieses hier wirklich gut gefallen hat... es war auch nicht so verworren wie Barins Dreieck, finde ich.

  • Die befreundete Kollegin, bei der ich heute zum Frühstück eingeladen war, hat das auch in der Mache momentan und schwankte zwischen "gut wie immer" und "ziemlich heftig" ...


    Ich werde wohl keinen Nesser lesen, mir reicht Mankell als skandinavischer Krimiautor ...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Fritzi


    Ich werde wohl keinen Nesser lesen, mir reicht Mankell als skandinavischer Krimiautor ...


    Da entgeht dir aber so manches Meisterwerk. :-)
    Wenn ich denke, ich hätte nie einen Nesser, nie was von Indridason, nie Karin Fossum oder A. Edwardson gelesen. :wow ( Und das sind nur ein paar Beispiele. :grin )

  • Habe das Buch nun beendet und schliesse mich den positiven Meinungen hier voll und ganz an. Ein geniales Buch! :anbet Ich liebe diesen typischen Nesser-Stil, mir gefällt die Schreibweise einfach sehr.


    Dieses Buch ist viel mehr als ein herkömmlicher Thriller/Krimi. Und wer Action erwartet ist hier auch fehl am Platze.


    Von mir gibt es uneingeschränkte 10 Punkte. :anbet

  • Zum Buch (lt Amazon):
    David Mörtberg kehrt nach langer Zeit an den Ort seiner Kindheit zurück. Seine Schwester Maria hat ihn gerufen, denn Viktor Vinblad wurde in der Gegend gesehen, jener Viktor, der einst Opfer einer Familientragödie wurde und Jahre später in ein brutales Verbrechen an einer jungen Frau verwickelt war. Die Tat wurde nie aufgeklärt, Vinblad gilt seit dem Tag des Mordes als verschollen und -- tatverdächtig. Widerwillig, doch in der Hoffnung, privaten Problemen für eine Weile entkommen zu können, tritt Mörtberg die Reise in die alte Heimat an. Zunehmend durch die Schatten der Vergangenheit gebannt, versucht er, seine eigene und Vinblads Geschichte zu rekonstruieren. Er ist nicht der Einzige ...


    Zum Autor:
    Hakan Nesser, geboren 1950, ist einer der interessantesten und aufregendsten Krimiautoren Schwedens. In seiner Heimalt gilt er als der unbestrittene Star in seinem Genre. Für seine Kriminalromane und Kommissar Van Veeteren erhielt er zahlreiche Auszeuchnungen, sie sind in mehrere Sprachen übersetzt und wurden erfolgreich verfilmt.


    Meine Meinung
    Ich hab lange einen Bogen um Nesser gemacht und weiß jetzt, nach dem ersten Buch von ihm, eigentlich gar nicht mehr richtig warum. "Die Schatten und der Regen" beschreibt in unglaublich spannender und fesselnder Weise das Leben vieer Menschen, die von unseren gesellschaften Normen (was immer die auch sind) abweichen. Vier Menschen, die sich gerade wegen ihrer Außergewöhnlichkeit gut verstehen. Ein Mord passiert, der den Ort und die Menschen 30 Jahre lang nicht loslässt. Nichts wird vergessen und jeder versucht damit zu leben - die einen besser, die anderen schlechter.


    Alle Charakter - so "sonderbar" sie auch sind - beschreibt Nesser sehr genau, intelligent und nachvollziehbar. Der Stil ist - für einen Krimi - erstaunlich. Ich fand Sätze wie "Die Lieblinge der Götter sterben jung" und Stichworte wie "Gottes Kuckucksjunge", die den Inhalt und die Emotionen hervorheben und betonen. Themen wie Verletzlichkeit, Absonderungen und Einsamkeit werden auf leichte aber dennoch tiefgreifende Weise behandelt.


    Es gibt Bücher die wirken und funktionieren - das ist eines davon, darum kann ich es nur sehr empfehlen.