Die Angst des Reihers – Gaetan Soucy

  • Originaltitel: L'Angoisse du héron. Suivi de l'Angoisse du lecteur

    Aus dem Französischen von Andreas Jandl


    Mit einem Nachwort von Alberto Manguel


    Kurzbeschreibung:

    Wie lässt sich auch nach dem Tod eines Freundes noch Zugang zu seinen Gedanken finden? Was lässt sich über einen Verstorbenen erzählen, um ihn nahbar zu machen? In den Zeichnungen seines verstorbenen Freundes entdeckt der Protagonist der Erzählung die Skizze eines Reihers. Und auch in einem bislang unbeachteten Text von ihm stößt er auf das hochbeinige Tier, dem uralten Symbol für die Kraft der Stille. Darin wird der Reiher allerdings von einem Menschen verkörpert, einem Insassen einer Nervenheilanstalt. Verbissen liefert er sich ein fast unsichtbares Duell mit einem Widersacher, aus dem er unter donnerndem Applaus als Sieger hervorgeht. Schlussendlich fragt sich der Hinterbliebene, wie er sich mit dem Gedanken abfinden kann, dass der gescheiterte Malerfreund im Grunde ein verkannter Schriftsteller war? Gaétan Soucy hinterfragt in seiner vielschichtigen Erzählung die Möglichkeit verlässlichen Erzählens. Die Grenzen zwischen dem Handelnden und dem Erzähler verwischen und die forschende Lektüre beobachtet wie der Reiher den selbst forschenden Autor.


    Über den Autor:

    Gaétan Soucy, 1958 in Montréal geboren, studierte Mathematik, Astrophysik und Philosophie. Lehraufträge führten ihn nach Japan, das ihm zur zweiten Heimat wurde. Bis zu seinem Tod im Jahr 2013 lebte er in Montréal und erhielt für seine Bücher, die in über 20 Sprachen übersetzt wurden, zahlreiche Preise.


    Mein Eindruck:

    Bei Die Angst des Reihers handelt es sich um eine Erzählung von ca. 20 großformatigen Seiten, gefolgt von einem Nachwort.

    Zwei Ereignisse bestimmen die Erzählung. Zum einen der beklemmende Besuch in einer Psychiatrie, wo zwei psychisch gestörte Männer beobachtet werden. Der eine wird der Schauspieler genannt, der andere der Komödiant. In einer Auseinandersetzung nimmt der Schauspieler die Pose eines Reihers ein.


    Der zweite Abschnitt handelt von der Auflösung des Werks eines Zeichners, erzählt von einem Freund. Auch hier ist Stimmung beklemmend, da der Zeichner Suizid begangen hat. Ein Skizzenbuch nimmt der Erzähler mit, doch er fühlt sich mit diesem Erbe, das unter anderen auch einen Text enthält, nicht wohl.


    Daraus ergibt sich ein unerwarteter stilistischer Trick, der verblüfft. Mehr darf ich an dieser Stelle aber nicht dazu verraten.


    Eine Erkenntnis der Erzählung ist, wie sehr wir letztlich an der Fiktion hängen und das die Realität diese Erwartungen nicht erfüllt.


    Am Ende dieser verschachtelten Erzählung gibt es noch einmal eine kleine Überraschung. Das sind literarische Qualitäten eines Autors von Belang.



    ASIN/ISBN: 3751806059