'Endymion: Die Auferstehung - Seiten 636 - Ende

  • Bei diesem Buch ging es mir wie bei anderen, von denen ich mich nicht trennen konnte: am Ende las ich extrem langsam. Auf der einen Seite wollte ich (endlich) fertig werden (zwei Monate Lesezeit sind dann doch eine lange Zeit für "eine" Geschichte), auf der anderen Seite wollte ich gar nicht aus dem Hyperion/Endymion-Universum verschwinden. Jetzt habe ich es doch geschafft. :-]


    Für meinen Teil bin ich auch sehr zufrieden mit dem Abschluss des Buches. Das hat Simmons wirklich perfekt hinbekommen :anbet. Ich hatte ja öfter mal kleinere Problemchen mit dem Buch, aber das Ende war wirklich stimmig und für mich überzeugend. Es war - wie schon Hyperion - sehr gut aufgelöst und die offenen Fäden zusammengeführt.


    Ich musste breit grinsen, als Raul in seiner Selbstreflexion genau die Punkte ansprach, die ich auch immer wieder kritisiert habe. Das hat mir sehr gut gefallen und von dieser Seite aus konnte ich mich auch mit der "unnahbaren" Aenea aussöhnen: die Geschichte ist aus Rauls Sicht geschrieben und da passt die Erzählweise. Toll fand ich auch, dass das Buch (fast) da endet, wo Hyperion angefangen hat: dem Steinway-spielenden Konsul auf dem Schiff vor der Jagd nach Dinosaurieren. Das fand ich sehr rund, auch wenn es wenig zur Geschichte beisteuerte.


    Aenas Ende musste wohl so kommen. Es war sehr brutal, aber für dieses Buch wohl unausweichlich. Alles andere hätte nicht gepasst. Als sie dann auf der Alten Erde plötzlich wieder da ist, dachte ich im ersten Moment: oh nein, bitte nicht auch noch eine Auferstehung - aber das wäre gar nicht gegangen. So ist es viel besser, auch wenn sie nur eine begrenzte Zeit miteinander haben. Aber ein sehr schönes Zitat aus Rauls Überlegungen habe ich mir notiert und das passt hier perfekt: Dieses Maß der Liebe zum Leben und zu anderen, ..., wird Unsterblichen niemals zuteil, sondern nur denen, die eine kurze Zeit leben und immer im Schatten von Tod und Verlust.


    Für mich ist dieser Satz auch ein Kerngedanke des Buches: der große "Sinn" der Sterblichkeit. Und so können sich auch Raul und Aenea ihre begrenzte Zeit gerade im Wissen um diese Begrenztheit intensiv erleben und genießen. Auf diese Lösung mit dem Kind wäre ich aber nie, nie, nie gekommen. Saiya : Respekt vor deiner Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen. :anbet


    Ich schließe das Buch also mit einem sehr zufriedenen Gefühl ab - auch diese 1400 Seiten haben sich wieder voll und ganz gelohnt. :thumbup:Wobei am Ende ja doch auch so ein kleiner Schrei nach einer Fortsetzung laut wird - die HIs oder Löwen, Tiger und Bären haben ja doch eine ganz unerwartet geringe Rolle gespielt, so dass da durchaus noch Luft wäre und wie es mit der Erde weitergeht ... Leider hat sich da ja nichts mehr getan, oder wisst ihr was? Ich wäre auf jeden Fall wieder mit dabei. :)

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Saiya schrieb:
    Das würde ich dir gerne im letzten Abschnitt nochmal aufgreifen. Es wird am Ende erst klar, warum das so ist.

    Ich nehme an, du meinst "Aeneas gemeinsamen Augenblick". Ja, das war schon eine unerwartete, aber sehr passende Wendung und so macht sowohl das Verteilen der Getreuen Aeneas im gesamten Universum als auch ihr ganzes Martyrium einen Sinn. Und es bewirkt ja umfassende gesellschaftliche Veränderungen, wirklich eine "neue Chance", wie sich Aenea treffenderweise ausgedacht hat. Aenea kannte wohl ihr Schicksal und wollte durch die Geheimniskrämerei vor allem ihre Freunde schützen. Allerdings: so hin und wieder ein paar mehr Informationen hätte sie schon rauslassen können. Aber ich hab ja oben schon geschrieben: es ist aus Rauls Sicht und er bezeichnet sich ja selber als jemand, der erst als letztes alles mitkriegt. Vielleicht muss das so sein.


    Im vorherigen Abschnitt habe ich ja die "Gabe" der Inneren Leere als sehr belastend empfunden und auch abgelehnt. Das war sicher vorschnell (ich sollte mir meine Meinungen vor dem Ende des Buches wirklich abgewöhnen ;)), aber ich denke immer noch darüber nach, ob ich das jetzt haben möchte. Natürlich ist es einerseits ein großes Geschenk der Freiheit, sich beliebig im Raum bewegen zu können, auf der anderen Seite - ich weiß nicht. Es ist wirklich eine völlige Umkrempelung bisherigen Lebens und für mich schwer vorstellbar. Zum Glück muss ich diese Entscheidung nie treffen. :grin Was meint ihr dazu?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich meinte damit, deinen "Ärger" darüber, dass wir als Leser überhaupt nichts oder kaum etwas über Aeneas Motive oder Pläne erfahren, was mich übrigens auch immer mal wieder beim Lesen gestört hat.


    Wir erfahren ja wirklich erst ganz am Ende, dass wir über zwei Bücher hinweg tatsächlich immer nur Rauls Perspektive und Geschichte gelesen haben. Und Dan Simmons hat die ganze Zeit darauf geachtet, dass wir wirklich nicht mehr wissen als sein Erzähler.

    Mir war bis dahin auch nicht klar, warum diese Dilogie "Endymion" und nicht "Aenea" oder wie auch immer heißt. Raul schreibt über die/seine große Liebe. Im Nachhinein finde ich das sehr, sehr gut gemacht. Und das hat mich auch über einige Längen und Beschreibungen hinweggetröstet.


    Dieser ganze letzte Abschnitt war sehr schön erzählt. Ich habe mich gefreut, dass "unser" Freund A. Bettik eine besondere Rolle gespielt hat.

    Ganz besonders habe ich mich aber über die Auferstehung von Pater Dure gefreut. Ach, eigentlich war ich am Ende mit allem zufrieden. Das hat sich wirklich gelohnt.

  • Ich schließe das Buch also mit einem sehr zufriedenen Gefühl ab - auch diese 1400 Seiten haben sich wieder voll und ganz gelohnt. Wobei am Ende ja doch auch so ein kleiner Schrei nach einer Fortsetzung laut wird - die HIs oder Löwen, Tiger und Bären haben ja doch eine ganz unerwartet geringe Rolle gespielt, so dass da durchaus noch Luft wäre und wie es mit der Erde weitergeht ... Leider hat sich da ja nichts mehr getan, oder wisst ihr was? Ich wäre auf jeden Fall wieder mit dabei.

    Eine wirklich Fortsetzung gibt es leider nicht.

    Aber Simmons hat einen weiteren Zweiteiler geschrieben, der auf einer zukünftigen Erde handelt (und nicht nur dort, sondern auch im Weltall, auf dem Mars, usw.). Ich kann mir gut vorstellen, dass sie nach "Endymion" angesiedelt sein könnte.

    Hier verarbeitet er u. a. Homer, aber auch Shakespeare, schreibt wieder sehr weitschweifend/langatmig, aber auch spannend und die Figuren sind so, so toll. Das ist ein sehr skurriler, irrer, aber auch schöner Trip.


    Ich möchte das unbedingt irgendwann nochmal lesen.


    ASIN/ISBN: B00LO77ABU


    ASIN/ISBN: B00LO73GYA

  • Ich meinte damit, deinen "Ärger" darüber, dass wir als Leser überhaupt nichts oder kaum etwas über Aeneas Motive oder Pläne erfahren, was mich übrigens auch immer mal wieder beim Lesen gestört hat.


    Wir erfahren ja wirklich erst ganz am Ende, dass wir über zwei Bücher hinweg tatsächlich immer nur Rauls Perspektive und Geschichte gelesen haben. Und Dan Simmons hat die ganze Zeit darauf geachtet, dass wir wirklich nicht mehr wissen als sein Erzähler.

    Mir war bis dahin auch nicht klar, warum diese Dilogie "Endymion" und nicht "Aenea" oder wie auch immer heißt. Raul schreibt über die/seine große Liebe. Im Nachhinein finde ich das sehr, sehr gut gemacht. Und das hat mich auch über einige Längen und Beschreibungen hinweggetröstet.

    Ah so meintest du das! Ja, da kann ich dir nur voll und ganz zustimmen! :writeIch finde es auch sehr genial von Simmons, dass wir als LeserInnen erst ziemlich am Ende checken, dass es ja in erster Linie Rauls Geschichte ist, die hier erzählt wird. Obwohl er (also Raul) das ja sehr direkt gleich am Anfang des Buches sagt. Aber igendwie ist man da da toal auf dem Holzweg. Das ist wirklich sehr gut gemacht! Ich finde es - genauso wie in Hyperion - toll, dass sich die wichtigsten Fragen am Ende super auflösen. Es muss nicht alles auserzählt sein, der Kreis schließt sich trotzdem.


    Eine wirklich Fortsetzung gibt es leider nicht.

    Aber Simmons hat einen weiteren Zweiteiler geschrieben, der auf einer zukünftigen Erde handelt (und nicht nur dort, sondern auch im Weltall, auf dem Mars, usw.). Ich kann mir gut vorstellen, dass sie nach "Endymion" angesiedelt sein könnte.

    Hier verarbeitet er u. a. Homer, aber auch Shakespeare, schreibt wieder sehr weitschweifend/langatmig, aber auch spannend und die Figuren sind so, so toll. Das ist ein sehr skurriler, irrer, aber auch schöner Trip.


    Ich möchte das unbedingt irgendwann nochmal lesen.

    Danke für die Info! :)Das klingt auf alle Fälle sehr spannend und vielleicht, vielleicht ergibt sich ja etwas, dass wir wieder miteinander lesen können! Ich wäre ab der 2. Jahreshälfte begeistert mit dabei! :grin

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Saiya und ich hatten irgendwo schonmal über Ilium und Olympos als Leserunde geschrieben, weiß gar nicht mehr wo. Das fände ich grundsätzlich auch sehr gut, vielleicht lässt sich das ja auch kurzfristig irgendwann mal planen wenn wir alle dann einen Kopf für eine fordernde Leserunde haben.


    Im Gegensatz zu euch fande ich es durchgehend als Rauls Geschichte, die halt viel mit Aenea kollidiert, aber es bleibt daher auch viel im Dunkeln.


    Der letzte Abschnitt war ein Meisterwerk. Wie Simmons alles verwoben hat, ohne kitschig zu werden und vielen Figuren gerecht werden zu können, das ist beeindruckend. Schade finde ich allerdings, dass Khasssd wieder vorgekommen ist, ich fand seine Geschichte in Hyperion auserzählt und in Endymion wurde auch nichts gewinnbringendes hinzugefügt.

  • Das fände ich wirklich toll, wenn wieder eine (kleine) gemeinsame Leserunde zusammengehen würde. :thumbup:


    Wegen Kassad hast du recht baro : ich verstehe (im Gegensatz zu Het Masteen oder Pater Dure) auch nicht, warum er nochmal aufgetaucht ist. Aber da er hier nur eine Nebenfigur war, hat es mich auch nicht weiter gestört.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021