'Ein Gentleman in Moskau' - Seiten 001 - 138

  • Ich habe schon ein paar Tage vorher angefangen, da ich im Moment unter der Woche so gut wie gar nicht zum Lesen komme. Deswegen konnte ich heute auch schon den ersten Abschnitt beenden.


    Ich muss sagen, ich habe mich am Anfang ziemlich schwer getan mit dem Buch. Ich kann gar nicht sagen warum, aber ich bin nicht richtig reingekommen und konnte auch mit der Hauptperson Graf Rostov nicht so viel anfangen. Ich hatte das Gefühl, er verhält sich nicht wie jemand der erst Anfang 30 ist, sondern wie ein älterer Herr. Und ich fand es zu Beginn recht anstrengend, den Roman zu lesen. Ich hatte schon befürchtet, ich würde das Buch abbrechen.

    Aber als dann Nina aufgetaucht ist, hat es mir gleich viel besser gefallen. Und jetzt nach dem ersten Abschnitt bin ich schon sehr zufrieden mit dem Buch und ich lese es recht gerne. Es kommt mir ein wenig vor wie eine Märchengeschichte. Das Hotel mit seinen zahlreichen Räumen hinter Räumen und den vielen Angestellten ist ja auch wie ein verwunschenes Schloss. Und Rostov ist erstaunlich positiv eingestellt, trotz des verhängten lebenslangen Hausarrest. Er ist wohl von Natur aus ein sehr positiver Mensch, er versucht auf jeden Fall aus der Situation das Beste zu machen.


    Meine Lieblingsfigur ist ja Nina. Die finde ich einfach nur zauberhaft. Ich frage mich nur, woher sie denn den Generalschlüssel für das ganze Hotel hat? Wird das irgendwo erwähnt und ich habe es überlesen?

    Auf jeden Fall mag ich ihre Einstellung und ihre Neugier und ihren Entdeckergeist.

    Ganz toll fand ich das Gesrpäch zwischen den beiden am Ende des Abschnittes. Als der Graf sie frägt, ob sie sich auf die Schule freut und ihre Antwort: "Ich glaube das wird schrecklich langweilig, da werden jede Menge Kinder sein":lache das finde ich herrlich. Und auch ihre Ansichten zur Schule: "Könnte man mit Reisen nicht dasselbe viel sinnvoller erreichen? " Ich finde, da hat sie nicht ganz unrecht.;)

  • Ich hatte das Gefühl, er verhält sich nicht wie jemand der erst Anfang 30 ist, sondern wie ein älterer Herr.

    Für mich war er ein typischer privilegierter junger Adliger, der es sich erlauben konnte, nach eigenen Wünschen zu leben.


    Besonders interessant finde ich, dass er sich ausgerechnet Montaigne als Lektüre gewählt hat. Montaigne, der nach Jahren voller Pflichten die Abgeschiedenheit seines Turmes suchte und Rostov in seinem Hausarrest.


    Bisher bin ich erst auf Seite 91. "Zweite Versammlung des Ersten Kongresses der Moskauer Abteilung der Gesamtrussischen Gewerkschaft der Eisenbahner" Wow!

  • Ich habe heute mit dem Lesen begonnen, denn viel weiter werde ich wahrscheinlich wochentags nicht kommen. 11% habe ich gelesen, also ca. die Hälfte des 1. Buches (Nina hatte sich gerade zu Rostov gesetzt).


    Um mich nicht von meinen Gefühlen überwältigen zu lassen (Abarbeitung aller russischen Klischees, die man Westen, insb. den Vereinigten Staaten, hat; Dekadenz; irreführende Existenznot; fehlende psychologische Einfühlung) und mich gleich nach anderem Lesestoff umzusehen, habe ich mich in die Details des Romans eingelesen.


    Amor Towles verwebt unterhaltsam Romanfiguren mit historischen Akteuren. In der Gerichtsszene zu Beginn ist nur der Staatsanwalt Andrei Wischinski historisch verbrieft, die vorsitzenden Genossen haben Namen, die so ähnlich klingen wie Zeitgenossen.

    Die Schwester von Graf Rostov wurde von Walentin Serow gemalt, einer der bekanntesten russischen Porträtisten um die Jahrhundertwende.

    Jakow Swerdlow hatte zu Lebzeiten im Stockwerk unter Rostovs Zimmer letzte Hand an die Sowjetische Verfassung gelegt.


    Und dann sind da die vielen literarischen Querverweise, die mich gerne zum Schmunzeln bringen. Jules Vernes Kapitän Nemo, Montaigne (zu seinen Essais‘ werde ich bestimmt am Ende des Buches zu sprechen kommen), Alexandre Dumas‘ Edmond Dantès, Cervantes‘ Don Quijote,…


    Graf Rostov ist ein Mensch, der immer das Halbvolle Glas, immer das Gute im Menschen sieht. Würde nicht jeder kindlich Gebliebene einen Aufenthalt in Kapitän Nemos kleiner Kajüte auf der Nautilus dem Aufenthalt in einem Luxushotelzimmer vorziehen. So sieht er sich mit dem Einzug in die Mansarde einen Jungenwunsch erfüllt.


    Die Situationskomik kann sicherlich einem Roman Spitzen nehmen, Zuviel davon verursacht Bauchschmerzen. Der Moment, wo der Graf die beiden Cognacflaschen vor den Blicken der danach sehnenden Soldaten einsteckt, ja, die ausführende Szene beim Friseur, da fehlte die beruhigende Hand eines Lektor.


    Was die Form anbelangt, fiel mir beim Lesen (des Original in Amerikanischen Englisch) ins Auge, dass alle Kapiteltitel von Book One bis und mit Book Five mit A beginnen. Was es damit auf sich hat, habe ich noch nicht entschlüsselt. Ist der deutschen Übersetzerin etwas Ähnliches eingefallen?

  • Was die Form anbelangt, fiel mir beim Lesen (des Original inAmerikanischen Englisch) ins Auge, dass alle Kapiteltitel von Book One bis undmit Book Five mit A beginnen. Was es damit auf sich hat, habe ich noch nichtentschlüsselt. Ist der deutschen Übersetzerin etwas Ähnliches eingefallen?

    Würde mir ja nie im Leben auffallen.

    Nein, leider fängt jedes Kapitel mit einem anderen Buchstaben an.

  • Gestern fiel mir spät ein, wie diese Wiederholung eines Buchstabens zu Beginn von Wörtern als Stilmittel heisst, Alliteration. Nicht nur die Kapiteltitel auch im Text fast jeden Kapitels benutzt Amos Towles sie, dann gibt er allerdings bei diesem Spiel mit Wörtern auch anderen Buchstaben die Ehre.


    Hier z.B. „A“ bei den Kapiteltiteln (da ist mir dieses Gewollte "A" richtig aufgefallen und ich wurde auf die Wiederholungen aufmerksam):

    Book One:

    1922: Ambassador

    An Anglican Ashore

    An Appointment

    An Acquaintanceship

    Anyway…

    Around and About

    An Assembly

    Archeologies

    Advent


    oder im Text:

    -der Buchstabe „B“ als die Soldaten den Grafen Rostov in seine alte Hotelsuite begleiten: The two bellhops, their bright blue uniforms already smudged from their efforts, took hold of it by the corners.


    - hier gleich mehrere Alliterationen in einem Satz, als vom Küchenchef die Rede ist: The Metropol’s larder was depleted bushel by bushel, pound by pound, dash by dash, and its chef was left to meet the expectations of the audience with cornmeal, cauliflower, and cabbage - that is to say, with whatever he could get his hands on.

    (In der Aufzählung fehlt mir einfach das Hauptnahrungsmittel der Russen in Zeiten von Mangelwirtschaft, Kartoffeln = potatoes; nur der Buchstabe "P" passte nicht.)


    Passen diese Alliteration zum Verhalten des Grafen Rostov, seine Sorgfältigkeit, der Sinn für Regeln, Fürsorge? Sollen Charaktereigenschaften wie gewissenhaft und pflichtbewusst durch die bewussten Alliterationen gerade unterstrichen werden?


    Was meint Ihr, liebe Eulen, will uns Lesern der Autor mit den Alliterationen sagen?

    Wie geht die Übersetzerin mit diesem Stilmittel im Roman um?

  • Ich habe die ersten Seiten gelesen und es hat mir auf Anhieb gefallen. Aber ich habe im Moment den Kopf nicht frei zum längeren Lesen. Ich werde also länger brauchen, nicht wundern. :wave

    :write:write


    Ich habe heute erst gedacht, ich glaube ich schaffe es im Moment nicht, an der Leserunde teil zu nehmen. Habe heute aber mal das Verhör gleich am Anfang gelesen. Es gefällt mir gut, da ich ja dieses Jahr erst "Hotel Metropol" gelesen habe, bin ich gespannt, wie es hier zur Geltung kommt. Erwartet nicht zu viele Beiträge von mir, im Moment geht es drunter und drüber und mein Kopf ist nicht frei für längere Diskussionen.

  • Vermutlich eignet sich das Buch ganz wunderbar als Hörbuch. :-]


    Sequana , ich fürchte, die Übersetzerin hatte für Alliterationen nicht so viel Sinn. Oder sie sind ihr gar nicht aufgefallen.

    Die Kapiteltitel haben die unterschiedlichsten Anfänge:

    1922 - Der Attachékoffer

    Ein Engländer....

    Ein Termin

    Eine Bekanntschaft

    Jedenfalls...

    Überall und nirgends


    Bei den Pagen scheint der Satz völlig umgekrempelt worden zu sein. Du meinst vermutlich die Stelle, als sie "vor den weit geöffneten Türen" stehen.

    Und die Stelle mit den Zutaten muss sich mit: "...Maismehl, Mohrrüben und Weißkohl.." begnügen.


    Keine Alliterationen weit und breit. Jedenfalls nicht, wenn man mehr als zwei gleichlautende Anfangsbuchstaben erwartet.


    Ganz traurig finde ich die Stelle (bei mir ab Seite 113) als der Schriftsteller Mischka vom Treffen des neuen Schriftstellerverbandes erzählt und von den großen Hoffnungein einiger bisher verfolgter Schriftsteller : Achmatowa, Bulgakow, Majakowski, Mandelstam.

    Wenn man weiß, wie es ihnen in der stalinistischen Sowjetunion ergangen ist, wird man ganz traurig.


    Ich bin am Ende des ersten Lesebschnitts angekommen und mir macht das Buch in jeder Hinsicht Freude - trotz der herannahenden geschichtlichen Tragödien. Aber von denen weiß der Graf ja nichts.

  • Findus : ich freue mich, dass Du trotzdem hier mitliest. Ich wünsche Dir alles Gute:knuddel1


    Sequana : Ich finde es toll und interessant, was Dir beim Lesen so alles auffällt:).

    Allerdings ist es mir persönlich im Moment viel zu anstrengend, auf solche Sachen während des Lesens zu achten. Nach meinen 11 Stunden Arbeitstagen bin ich froh, wenn ich am Abend noch ein paar Seiten schaffe und möchte dann einfach nur gut unterhalten und abgelenkt werden. Ich kann da gerade nicht allzu viel analysieren. Tut mir leid.

  • Wenn ich dann aber mit der Nase drauf gestoßen werde, finde ich das schon interessant

    Ich finde es ja auch sehr interessant. Das hatte ich ja auch geschrieben. Und ich bin auch froh, dass hier in der Leserunde solche Sachen erwähnt werden.:)

    Ich bin nur gerade selber nicht in der Lage, auf so etwas zu achten. Um so schöner, wenn das jemand anderes für mich macht.

  • Ich finde es ja auch sehr interessant. Das hatte ich ja auch geschrieben. Und ich bin auch froh, dass hier in der Leserunde solche Sachen erwähnt werden.:)

    Ich bin nur gerade selber nicht in der Lage, auf so etwas zu achten. Um so schöner, wenn das jemand anderes für mich macht.

    So geht es mir momentan auch, wobei es traurig ist, dass gerade solche Feinheiten in der Übersetzung nicht auftauchen. Ob das denen auch nicht aufgefallen ist? Oder ist es nicht möglich, ein passendes Wort dafür zu finden?

  • Mittlerweile habe ich auch das erste Buch beendet.


    Das Hotel Metropol erscheint mir wie eine Insel der Glückseeligen. Die Weltpolitik, das post-revolutionäre Geschehen in der neu gegründeten SU erreichen Graf Rostov schallgedämmt.

    Wie es Rumpelstilzchen bemerkt, erwähnt der gute Freund Misha Poeten, die wie andere Intellektuelle bald Stalins harte Hand zu spüren bekommen. Das junge Paar vom Nebentisch unterhält sich über Tagespolitik, die gerade vollzogene Gründung der SU und die Probleme der ethnischen Minderheiten.


    Latvian stew, bitte wie wurde dieses Gericht ins Deutsche übersetzt? Lettisches Ragout!? Ob ich ein Rezept dafür in einem Lettischen Kochbuch finde, oder wurde das Essen vom Autor als Koch kreiert?

    Nach Georgischem Mukuzani :versenk werde ich bei meinem Weinhändler Ausschau halten. Er erinnert mich an Festtage in meiner Kindheit… Nein :D damit fange ich jetzt nicht auch noch an.