'Ein Gentleman in Moskau' - Seiten 139 - 212

  • Ich bin noch mitten in diesem Abschnitt. Aber ich wollte schon mal kurz schreiben, dass ich die Szene, als der Graf und der Hauswart in der Nacht zusammen auf dem Dach Kaffee trinken einfach total hinreißend finde. Und die fleißigen Bienchen machen nebenbei ihre Arbeit.

    Ich konnte mir das so richtig gut vorstellen und hätte mich am liebsten dazu gesellt. Das war so eine entspannte, heimelige Atmosphäre :-]

    Überhaupt gefällt mir das Buch immer besser, je länger ich lese. Es sind so viele nett, kleine liebevolle Szenen, die ich sehr genieße zu lesen.

  • Mir ist aufgefallen, dass es in dem Roman sehr viel um Essen, Kochen, verschiedenen Zutaten und entsprechenden Wein/Getränke geht.

    Mir gefällt das sehr gut. Allerdings läuft mir beim Lesen ständig das Wasser im Mund zusammen und ich bekomme Hunger:lache

    Der Autor ist anscheinend ein Feinschmecker, oder war er mal selber Koch? Auf jeden Fall legt er da anscheinend viel Wert auf die kulinarischen Genüsse in seinem Buch. :-]

  • Rouge Nachdem was ich in der Presse las, ist Amor Towles Hobbykoch. Beruflich war er über 20 Jahre im Investmentbusiness tätig, häufig geschäftlich in Genf, wo ihm in einem Luxushotel auffiel, dass es dort Dauergäste gab. So soll er zum Thema seines Romans gekommen sein.


    Zufällig kenne ich auch gut Genf, da ich dort lange Jahre gearbeitet habe (nein, nicht als Bankerin). Das einzige Luxushotel am linken Rhône Ufer heisst... Hotel Metropol.


    PS. Muss mich für eine Woche oder mehr ausklicken, der Jahresabschluss, etc. winkt, und ich komme kaum zum Lesen.

  • Nachdem was ich in der Presse las, ist Amor Towles Hobbykoch.

    Danke für die Info. Das er Koch ist, merkt man dem Buch deutlich an. Mir gefällt das sehr. Man merkt seine Liebe zu den Zutaten und Gerichten.:-]


    Sequana : schade, dass Du hier pausieren musst. Ich wünsche Dir eine nicht zu stressige Zeit. Und hoffe danach noch einige Komentare von Dir zu dem Buch zu lesen.:knuddel1

  • Bei der „Begegnung“ mit der Schauspielerin zieht der Graf anscheinend erstmals in seinem Leben den Kürzeren - sie hat die Fäden in der Hand, nicht er. Eine für ihn wohl eher neue Erfahrung. Es würde ihn vielleicht beruhigen, wenn er wüßte, wie sehr die sich im Nachhinein über ihn aufregt. :grin Ob er durch sie allerdings verflucht worden ist - darüber müßte ich mir erst noch klar werden.


    Denn die Anonymität kommt für meine Begriffe nicht durch einen wie auch immer gearteten „Fluch“, sondern durch den Lauf der Zeit und das Vordringen der Bolschewiken. Überhaupt wundert mich, daß im Hotel solch ein fast normales Leben möglich ist, immerhin ist bereits seit 1922 Stalin an der Macht.


    Das Vordringen der Kommunisten merkt man auch „sehr schön“ an der Karriere des Kellners und dem Entfernen aller Etiketten von den Weinflaschen.


    S. 198: „Und so rollte das Leben voran, wie es das schon immer getan hat.

    Ein sehr schöner und treffender Satz.


    S. 200: „In den nächsten Generationen wird kein Schriftsteller diese beiden als Alpha und Omega der Erzählkunst überflügeln.

    Bei Tschechow kann ich das nicht beurteilen, im Bezug auf Tolstoi jedoch stimme ich uneingeschränkt zu, mit der Bemerkung, daß er bis heute noch nicht wieder erreicht wurde.


    Die Geschichte, die der Graf über seine Schwester erzählt hat, ist durchaus tragisch. Das Ende des Abschnitts dann empfand ich - erstmals für eine Szene im Buch - als hochemotional.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die Geschichte, die der Graf über seine Schwester erzählt hat, ist durchaus tragisch. Das Ende des Abschnitts dann empfand ich - erstmals für eine Szene im Buch - als hochemotional.

    Das kann ich so nur unterschreiben.:write

    Ich finde es überhaupt schön, dass man so nach und nach immer mehr über die Vergangenheit des Grafen erfährt. Er scheint ja ein sehr enges Verhältnis zu seiner Schwester gehabt zu haben. Man erfährt als Leser die Geschichte von seiner Jugend häppchenweise und lernt ihn immer besser kennen. Ich mag das sehr.

  • Ich habe mich in die Geschichte eingelesen, eingefunden habe ich mich nicht richtig. Ich finde so manches im Setting nicht der Zeit entsprechend. Das stört meinen Lesefluss. Zum Beispiel, dass in Moskau Kutschen unterwegs sind, beim Kochen eines Bratens aber die genaue Temperatur angegeben wird, was ganz nach Elektroherd klingt und unserer heutigen Garmethode entspricht. Meine Oma hat einfach im Schmortopf gegart, zum Teil noch über Holz.

    Ich kann auch kaum glauben, dass niemand darauf achtet, was der Graf in dem Hotel eigentlich treibt. War Speiseeis damals schon so verbreitet? Mein Opa erzählte immer, dass er erstmals in den 50gern in Hamburg auf einer Dienstreise Eis gegessen hat.

    Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.


    Beim Lesen schwanke ich zwischen Sympathie und Antipathie mit dem Grafen immer hin und her. Der gute Alexander ist ein ganz schöner Besserwisser, auch wenn er seine Belehrungen immer gut meint und sich auf seine Erziehung beruft. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass er damit auch ganz schön jemandem auf die Füße treten kann.

    Auch ist der Politikwandel noch nicht ganz bei ihm angekommen. Das ist natürlich auch schwierig in seiner Lage, dennoch hat er Zugang zu Tageszeitungen und ja auch lange Kontakt zu seinem Freund. Ich wundere mich, dass er nicht vorsichtiger im Umgang mit seinen Mitmenschen ist, besonders dem Personal. Der eine Kellner lässt ihn das ja auch spüren.


    Ich wundere mich auch, dass er nicht auch dankbar ist. Er hätte auch gut im Gefägnis landen können oder sogar hingerichtet werden können. Immerhin kann er sich frei im Hotel bewegen, kann sich noch so einiges leisten, kann Kontakte pflegen, wenigstens ein paar.


    Überhaupt scheint er seine Vorsätze gerne aus einem Impuls heraus über den Haufen zu werfen. Ich kann kaum glauben, dass er sich wirklich umbringen wollte. Er lässt sich schon unglaubwürdig leicht von seinem Vorhaben abbringen. Immerhin plant er es ja schon sehr lange im Voraus.


    Ich werde nicht so ganz warm mit dem Buch.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Bei der „Begegnung“ mit der Schauspielerin zieht der Graf anscheinend erstmals in seinem Leben den Kürzeren - sie hat die Fäden in der Hand, nicht er. Eine fürihn wohl eher neue Erfahrung. Es würde ihn vielleicht beruhigen, wenn er wüßte, wie sehr die sich im Nachhinein über ihn aufregt. Ob er durch sie allerdings verflucht worden ist - darüber müßteich mir erst noch klar werden.

    Diese Szene fand ich sehr schön geschildert und sehr gut von ihm reflektiert. Alexander hat es ja richtig genossen, dass sie die Zügel in die Hand genommen hat. :reiter

    Zum Glück hat der Autor sich nicht zu eienr halbgaren oder schwülstigen Liebesszene hinreißen lassen. Das rechen ich ihm hoch an.

    Am Ende kam doch der Pedant in ihm wieder durch, als er die Bluse aufheben musste. :nerv

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Denn die Anonymität kommt für meine Begriffe nicht durch einen wie auch immer gearteten „Fluch“, sondern durch den Lauf der Zeit und das Vordringen der Bolschewiken.Überhaupt wundert mich, daß im Hotel solch ein fast normales Leben möglich ist, immerhin ist bereits seit 1922 Stalin an der Macht.

    Das wundert mich auch. Es sind kleine Hinsweise, dass ein Umschwung stattfindet. Zum Beispiel, dass die nicht mehr weihnachtlich geschmückt wird, dass die Dienstleister dicht machen usw. Aber so richtig gelingt es dem Autor nicht, mich mitzunehmen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Die Geschichte, die der Graf über seine Schwester erzählt hat, ist durchaus tragisch. Das Ende des Abschnitts dann empfand ich - erstmals für eine Szene im Buch - als hochemotional.

    Die Liebe zu seiner Schwester ist sehr gut dargestellt. Das finde ich auch.

    Ich fand das Ende dieses Abschnitts fand ich allerdings unglaubwürdig. Das Buch wäre natürlich an dieser Stelle zu Ende gewesen, wenn der Graf sich vom Geländer gestürzt hätte. Zugegeben.

    Mal sehen, wie es weitergeht.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das wundert mich auch. Es sind kleine Hinsweise, dass ein Umschwung stattfindet. Zum Beispiel, dass die nicht mehr weihnachtlich geschmückt wird, dass die Dienstleister dicht machen usw.


    Ich denke aber, das kommt auch daher, dass der Graf in seinem Hotel doch ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Auch wenn er Zugang zu Zeitungen hat, ist es immer ganz anders, wenn man die Auswirkungen selber spürt.

    Zudem waren die Veränderungen zu der Zeit vermutlich vor allem auf dem Land zu spüren.

    Die Hauptstadt und vor allem die Leute mit Geld, und das hatte er ja.

  • Zum Glück hat der Autor sich nicht zu eienr halbgaren oder schwülstigen Liebesszene hinreißen lassen. Das rechen ich ihm hoch an.

    :write Etwas anderes würde meiner Meinung nach auch nichts ins Buch passen.


    Ich fand das Ende dieses Abschnitts fand ich allerdings unglaubwürdig.

    Offen gesagt, erscheint mir das ganze Buch unglaubwürdig. Hätte es einen Grafen Rostov gegeben, er wäre vermutlich nicht mehr am Leben. Aber dann gäbe es dieses Buch auch nicht, weswegen ich darüber hinwegsehen kann.


    Ich bin mitten im nächsten Abschnitt. Zwar kommt bei mir immer noch keine "russische Stimmung" auf (ich würde das immer noch in einer westlichen Großstadt verorten), aber das Buch und vor allem der Schreibstil des Autors gefallen mir außerordentlich gut. Ich werde sicher noch mehr von ihm lesen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Offen gesagt, erscheint mir das ganze Buch unglaubwürdig. Hätte es einen Grafen Rostov gegeben, er wäre vermutlich nicht mehr am Leben. Aber dann gäbe es dieses Buch auch nicht, weswegen ich darüber hinwegsehen kann.

    Das ist eine gute und versöhnliche Taktik. Der schließe ich mich an. :anbet

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das wundert mich auch. Es sind kleine Hinsweise, dass ein Umschwung stattfindet. Zum Beispiel, dass die nicht mehr weihnachtlich geschmückt wird, dass die Dienstleister dicht machen usw. Aber so richtig gelingt es dem Autor nicht, mich mitzunehmen.

    Das Hotel Metropol war wohl so etwas wie eine Insel der Gestrandeten. Im gleichnamigen Buch kommt das viel mehr zur Geltung. Da wohnen die gleichen Leute fast 20 Jahre, werden immer wieder zu Verhören geholt, manche kommen nicht wieder. Davon wird hier im Buch nichts bemerkt. Der Graf lebt in einer Glocke, Kutschen gab es mit Sicherheit noch, da Autos wohl eher dem Geheimdienst und den höheren Rängen vorbehalten waren. Das einfache Volk fuhr Kutsche, wenn überhaupt.

    Das mit der Temperatur ist mir nicht aufgefallen, aber ich lese hier nicht immer sehr genau, da ich vom Buch nicht so gefesselt bin, wie oft bei anderen.

  • Das Hotel Metropol war wohl so etwas wie eine Insel der Gestrandeten.

    Danke für den Hinweis. Ich weiß, vielleicht „sollte man das wissen“ - ich wußte es aber nicht. Das Hotel gab/gibt es tatsächlich, hier der Wikipedia-Artikel.


    Am Ende ist die Geschichte des Grafen doch im Bereich des Möglichen...?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Danke für den Hinweis. Ich weiß, vielleicht „sollte man das wissen“ - ich wußte es aber nicht. Das Hotel gab/gibt es tatsächlich, hier der Wikipedia-Artikel.


    Am Ende ist die Geschichte des Grafen doch im Bereich des Möglichen...?

    Auf jeden Fall ist die Geschichte möglich. Wenn ich aber von Eugen Ruge sein "Hotel Metropol" nicht gelesen hätte, würde ich da wohl auch daran zweifeln.