Grand Hotel Europa - Ilja Leonard Pfeijffer

  • ASIN/ISBN: 3492070116

    Aus dem Niederländischen übersetzt von Ira Wilhelm


    Klappentext:

    Ein junger Page, Abdul, empfängt den Schriftsteller auf den Marmorstufen des Eingangsportals, über dem in goldenen Lettern der Name "Grand Hotel Europa" zu lesen ist. Sie rauchen eine erste Zigarette und kommen miteinander ins Gespräch. Der Schriftsteller spricht von Venedig und von Clio, seiner großen Liebe, die ihn verlassen hat. Nun ist er hier, bezieht sein Zimmer in diesem geheimnisvollen Hotel, und während er die eleganten Gäste kennenlernt, fragt er sich, wie er Clio zurückgewinnen kann. - "Grand Hotel Europa" erzählt von einem alten Kontinent, auf dem vor lauter Geschichte kein Raum für die Zukunft ist und die einzige Perspektive der Tourismus. Es ist ein Roman über unsere europäische Identität und die Nostalgie am Ende einer Ära.


    Autor:

    Ilja Leonard Pfeijffer, geboren 1968 in Rijswijk/NL, schreibt Romane, Geschichten, Gedichte, Kolumnen, Essays, Theaterstücke und Songtexte. 2008 übersiedelte er nach Genua, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. 2014 erhielt er den Libris Literatuur Prijs für seinen vierten Roman "Das schönste Mädchen von Genua", der zurzeit verfilmt wird. "Grand Hotel Europa" steht seit seiner Publikation 2018 in den Niederlanden an der Spitze der Bestsellerliste.


    Zusammenfassung:

    Der niederländische Schriftsteller und Ich-Erzähler Ilja Leonard Pfeijffer zieht sich in ein heruntergekommenes europäisches Luxushotel zurück, das Grand Hotel Europa, um über seine zerbrochene Liebesgeschichte mit Clio nachzudenken und zu schreiben. Sie bleibt seine grosse Liebe für die er Genua verlassen hat und ihr nach Venedig gefolgt ist.

    Er lernt nach und nach die anderen Dauergäste des Hotels kennen, das gerade von einem reichen Chinesen gekauft wurde. Unter dessen Leitung wird es immer näher an den Bilderbogen-Stil eines Europäischen Hotels für Chinesische Touristen gerückt, sehr zum Missfallen des alten Majordomus, Herrn Montebello.

    Wegen eines Versprechens, das er seinem niederländischen Verleger gab, schreibt Ilja einen Liebesroman in dem Gegenwart und Vergangenheit von Gesprächen und Überlegungen zu Themen wie Massentourismus und Europäischer Identität begleitet werden. In seinem grossen Roman vertritt er die Auffassung, dass der Tourist selber zerstört, was er versessen auf seinen Reisen sucht, die Authentizität, und das das moderne Europa sein Ziel verfehlt. Indem Europa sich in seiner Vergangenheit suhlt, verkommt es zum Ferienresort, um nicht zu schreiben zum Vergnügungspark, für den Rest der Welt. Während die Fremdenwerbung mit Europas Geschichte den gutzahlenden aber zerstörungswütigen Touristen anzulocken versucht, weisst Europa gleichzeitig die Menschen von sich ab, die mit ihrer Jugend und Tatendrang, die Zukunft mitgestalten könnten, die Migranten.


    Meiner Meinung nach hat Ilja Leonard Pfeijffer einen guten Roman geschrieben, bedient sich vieler Symbole und Metaphern, reich an literarischen Querverweisen (nein, nicht allein zum Zauberberg von Thomas Mann), gut dokumentiert über die Europäische Geschichte und die Tagespolitik (bis und mit 2017), die Immigration, den Massentourismus. Dabei erzählt er witzig, rührend, romantisch und erotisch über seine Liebesgeschichte mit Clio.


    Persönlich hat mir das gemeinsame kunsthistorische Spiel des Paares Ilja und Clio gefallen, die Suche nach dem verschollen geglaubten letzten Gemälde von Caravaggio.

    Weniger Der Zauberberg als die Erinnerung an Das Museum der Unschuld kam mir beim Lesen von Grand Hotel Europa. Auch Orhan Pamuk schreibt vom Scheitern einer verheerenden Liebe und analysiert dabei die heutige Istanbuler Gesellschaft. Einzelne Gegenstände, die ihn an die verlorene Verlobte erinnern, sammelt Pamuk im Museum der Unschuld. Pfeijffer schreibt, dass er die Reste seiner Liebesgeschichte in einem Literaturmuseum ausstellen mag.

  • Vielen Dank für die ausführliche Rezension. Ich habe das Buch zum Geburtstag geschenkt bekommen und war zunächst nicht begeistert, weil ich dachte, es ginge um eine melancholische Liebesgeschichte, ein Genre, das mir persönlich nicht zusagt. Aber deine Rezension zeigt, dass der Roman weit darüber hinausgeht und auch die Liebesgeschichte anscheinend nicht so tränenselig ist, wie ich dachte. Rückt daher auf meinem Sub höher.

  • finsbury Melancholisch und tränenselig ist die grosse Liebe zwischen dem Ich-Erzähler und Clio bestimmt nicht, eher temperamentvoll und deftig. Und Tränen fliessen als Clio ihm den Laufpass gibt, aber die Szene kann man - wie einige weitere - durchaus auch parodistisch geniessen.

    Viel Vergnügen beim Lesen! Die 560 Seiten brauchen ihre Zeit, aber es lohnt sich.