Michael Christie - Das Flüstern der Bäume

  • ASIN/ISBN: 3328600795


    Originaltitel : Greenwood

    Gebundene Ausgabe : 560 Seiten

    ISBN-13 : 978-3328600794

    Größe und/oder Gewicht : 14.7 x 4 x 22 cm

    Herausgeber : Penguin Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition (5. Oktober 2020)

    Sprache: : Deutsch

    Inhaltsangabe:

    Jacinda Greenwood weiß nichts über ihre väterliche Familie, deren Namen sie trägt. Sie arbeitet als Naturführerin auf Greenwood Island, doch die Namensgleichheit, so glaubt sie, ist reiner Zufall. Bis eines Tages ihr Ex-Verlobter vor ihr steht. Im Gepäck hat er das Tagebuch ihrer Großmutter. Jahresring für Jahresring enthüllt sich für Jacinda endlich ihre Familiengeschichte. Seit Generationen verbindet alle Greenwoods eines: der Wald. Er bietet Auskommen, ist Zuflucht und Grund für Verbrechen und Wunder, Unfälle und Entscheidungen, Opfer und Fehler. Die Folgen all dessen bestimmen nicht nur Jacindas Schicksal, sondern auch die Zukunft unserer Wälder …

    Autoreninfo:

    Michael Christie, in Thunder Bay, Ontario, geboren, studierte Psychologie und arbeitete in der Obdachlosenhilfe, bevor er 2011 sein Debüt, "The Beggar’s Garden", veröffentlichte. "Das Flüstern der Bäume" ist sein zweiter Roman, der mehrfach nominiert wurde, u.a. für den bedeutendsten kanadischen Literaturpreis, den Scotiabank Giller Prize. Michael Christie lebt mit seiner Familie in einem selbst gezimmerten Holzhaus auf der Insel Galiano vor Vancouver.

    Meine Meinung:

    Titel: Das Rauschen des Windes...

    Der Buchtitel klang in meinen Ohren sehr vielversprechend, eine genaue Vorstellung was mich erwarten könnte, hatte ich jedoch nicht. Was ich dann bekam, fällt schwer in Worte zu fassen, aber ich versuche es dennoch.
    In der Geschichte geht es um die Familie Greenwood, deren Leben stets mit dem Wald verbunden ist. Während die einen vom Holz der Bäume leben, versuchen die anderen diese zu schützen. Wie wichtig sind Wälder und die Natur allgemein für uns Menschen? Wie achten wir sie?

    Ich muss gestehen, dass schon lange kein Roman mehr eine solche Sogwirkung auf mich ausgeübt hat. Ich habe die Welt komplett um mich herum vergessen und wolte, dass die Geschichte nie endet.

    Das Besondere ist in jedem Fall die Erzählweise, denn zu Beginn reisen wir vom Jahr 2038 zurück bis zu den Wurzeln von 1908, um dann wieder vorwärts erzählt die Familiengeschichte zu erleben. Dies fordert dem Leser Sorgfalt und Aufmerksamkeit ab, aber genau das hat dieses Buch auch verdient.


    Sowohl Haupt- als auch Nebenfiguren sind sehr gut ausgearbeitet, so dass jeder seinen Liebling in der Story finden wird. Völlig unerwartet hat mir es letztlich Everett angetan, der jahrelang im Gefängnis saß und davor ewig als Landstreicher sein Leben gestaltete. Hatte ich zu Beginn eher Angst vor ihm, da man ja nicht grundlos ins Gefängnis kommt, so zeigt sich mit der Zeit was für ein sensibler Zeitgenosse er ist, der anderen hilft, die Familie unterstützt und immer da ist. Seine Fürsorge Willow gegenüber war beinahe herzzerreißend, wahrscheinlich hat mich deswegen sein schweres Leben so mitgenommen.


    Der Roman besticht vor allem durch Tragik, denn die Charaktere haben schwere Lebenspäckchen zu tragen. Während jemand mit dem Verlust seines Augenlichtes fertig werden muss, zieht jemand anderes in den Krieg und kommt mit Traumata zurück. Während jemand einer verbotenen Liebe frönt, erliegt jemand anderes den Drogen. Und immer ist der interessierte Leser mit Verständnis dabei und fühlt mit.


    Ebenfalls klasse fand ich wie Bäume und deren Wichtigkeit thematisiert werden. Die Beschreibungen dazu sind so gut, dass man das Gefühl hat selbst durch einen Wald zu laufen, die frische Luft zu atmen und das Rauschen der Blätter zu hören.


    Das Ende fügt alle losen Fäden der Geschichte zusammen, so dass keine Fragen offen bleiben. Das hat mir sehr gut gefallen, denn bei diesen tollen Figuren wollte man schon bis ins letzte Detail wissen was das Leben ihnen gebracht hat.


    Fazit: Mich hat das Buch mit Tränen in den Augen und einer Gänsehaut zurückgelassen und ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Meines Erachtens ein Must- Read 2020. Spitzenklasse!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Ich lese das Buch gerade. Nach mehr als der Hälfte kann ich aber schon sagen, dass es bei mir deutlich weniger Punkte werden. Christie weiß zwar Spannung aufzubauen und zu erzählen, aber da ist doch vieles arg übertrieben, unlogisch oder zufällig, und einige der Charaktere sehr klischeehaft gestaltet.

  • Michael Christie weiß Spannung aufzubauen, Charaktere auszugestalten und erzählt die Geschichte der Familie Greenwood in einer interessanten Struktur und sprachlich versiert, so dass sich „Das Flüstern der Bäume“ in weiten Teilen als Pageturner entpuppt.


    Insofern konnte ich auch gut über ein paar Kritikpunkte hinwegsehen, die ich dennoch hier kurz anführe. Die Geschichte der Greenwoods wird in Jahresscheiben erzählt, was strukturell geschickt ist, allerdings wird die Jahresscheibe 2038, die den Rahmen für die Geschichte bildet nicht wirklich benötigt. Es wirkt ein bißchen, als hätte der Autor sie eingefügt, um alle noch offenen Fäden aufzulösen, und wirkt damit ein bißchen künstlich. Leider gibt sich Michael Christie nicht mit allen Charakteren gleich viel Mühe, so ist z. B. sein Bösewicht sehr eindimensional gehalten und macht so manchen Bösewichten bei James Bond alle Ehre. Des Weiteren sind einige Wendungen in der Geschichte doch sehr übertrieben, unlogisch oder zufällig.


    „Das Flüstern der Bäume“ wird mir mit dem Kern seiner Familiengeschichte und dem Erzählstil seines Autors Michael Christie in guter Erinnerung bleiben, und ich werde nach weiteren Büchern das Autors Ausschau halten.


    Über die Punkte muß ich mal noch nachdenken...

  • Jahreshighlight

    Jack arbeitet als Waldführer auf der Greenwood Insel, ohne zu wissen welche entscheidende Rolle diese Insel für ihre Familie einst spielt. Harris und Everett werden bei einem Zugunglück zu Waisen und werden von der Dorfgemeinschaft einer alten Witwe aufs Auge gedrückt. Von dieser Erfahren sie weder Führsorge noch Zuneigung. Erst als die Dorfgemeinschaft einschreitet dürfen erst beide Jungs dann nur noch Harris die Schulbank drücken. So sorgt Everett mit dem Fällen und Verkauf von Holz für ihr Unterhalt. Harris macht sich so gut in der Schule, das er Studieren darf und damit die Schranken für ein großes Unternehmen gestellt werden. Doch der erste Weltkrieg steht bevor und Harris hat sich verpflichtet, leider ohne vorher zu ahnen das er kurze Zeit später sein Augenlicht verliert und sein Bruder Everett für ihn einspringt nicht ohne ihn vorher gut an das Bettgestell festzubinden. Während des Krieges baut Harris ein Unternehmen auf in das Everett später einsteigen soll. Doch der Krieg verändert alles für Everett anstatt nach Hause zu kommen zieht er als Landstreicher durch das Land. Als er sich dann ein einem Waldstück niedergelassen hat findet er eines Tages einen Säugling an einem Baum gehangen und damit beginnt eine fast unglaubliche Geschichte von Flucht, Gewährkugeln und Gefängnis aber auch das Gefühl gebraucht zu werden. Jahre vergehen, das kleine Baby wird erwachsen und Willow holt ihn aus dem Gefängnis ab ohne zu wissen welche enge Verbindung beide einst hatten. Kurz darauf wird Willow die Ökokriegerin selbst schwanger und bekommt einen Sohn Liam. Als dieser Erwachsen ist verliebt er sich in eine Bratschespielerin und aus dieser Beziehung entsteht Jack, die bei den Großeltern ihrer Mutter aufwächst, da diese tödlich verunglückt. Als Jack auf dieser Insel anfängt zu arbeiten weiß sie rein gar nichts über ihre Familiengeschichte, erst ein Tagebuch und ein gieriger Anwalt öffnen diese Pforte.


    Der Autor hat in diesem Buch gleich verschiedene Genres miteinander verbunden. Beginnen tut er mit einer Dystopie gefolgt von einem Generationenroman der in einen Krimi mündet. Er hat es wunderbar verstanden eine Familie über viele Generationen zu begleiten. So beginnt er in der Zukunft und arbeit sich dann rückwärts vor, nur um dann Schritt für Schritt wieder in die Zukunft zu gelangen. Als Leser langweilt man sich beim Leser ganz ganz selten. Er hat einen grandiosen Schreibstil, der einen fesselt und packt und einfach nicht mehr loslässt. Nicht zu letzt nur seine Art in längst vergessene Epochen einzutauchen und sein Talent alles so schön zu beschreiben.


    Der Autor erzählt die Geschichte einer Familie anhand verschiedener Epochen, immer aus der Perspektive einer Figur die für eben jene Epoche der Familiengeschichte steht. So springt er von Zukunft rückwärts in die Vergangenheit und beleuchtet immer Schlüsselmomente, die für die Entwicklung der Figuren wichtig ist. Erst am Ende hat man dann als Leser alle Puzzelteile eingesammelt und versteht den großen Zusammenhang. Besonders daran ist das der Leser auch am Ende der Geschichte mehr über die Familiegeschichte weiß, als die handelnden Figuren.


    Der tragische Held dieser Familiengeschichte ist für mich Everett. Er trifft eine Entscheidung, deren Auswirkungen er sich wohl nie hätte träumen lassen. Nicht das die anderen Figuren nicht auch interessant sind, nur leider ist es mir schwer gefallen für die eine oder andere Figur auch nur einen Funken Sympathie zu empfinden, auch wenn man im Nachhinein begreift warum sie eben so gehandelt haben. Als Leser wünscht man sich das Jack für ihre Zukunft einen besseren Weg einschlagen möge und ja auch ihr persönliches Glück findet.


    Fazit: Für mich zählt dieses Buch hier zu den Jahreshighlights. Nicht nur das Cover ist genial auch der Gedanke mit den Jahresringen im Querschnitt ist richtig toll. Ich fand die Geschichte richtig spannend erzählt zumal der Autor so viele Genres bedient hat. Gut hier und da gab es auch ein paar Längen aber im Großen und Ganzen toll gemacht. Unbedingt lesen daher mein Ratschlag. Eine wirklich gelungene Geschichte. <3<3<3<3<3

    ASIN/ISBN: 9783328600794