'Die Wahrheit über Metting' - Seiten 217 - 287

  • Was ich noch besonders gut gelungen finde, ist, dass Tom (diese Namensgleichheit finde ich hier nicht ganz einfach zu "handlen" :lache) kein Drama braucht, kein einschneidendes Erlebnis, um zu begründen, warum Tomás jetzt nach all den Jahren nach Metting fahren muss und kann. Andere hätten das anders gelöst, dieses hier finde ich als Leserin besser.

    Das finde ich auch sehr gelungen, dass nicht alles bis ins kleinste auserzählt wird, dass der Leser für sich nachempfinden kann, seine eigenen Befindlichkeiten mit denen von Tomás abgleichen kann.

  • Das finde ich auch sehr gelungen, dass nicht alles bis ins kleinste auserzählt wird, dass der Leser für sich nachempfinden kann, seine eigenen Befindlichkeiten mit denen von Tomás abgleichen kann.

    :write

    Und danke, dass du noch ein bisschen mit mir zusammen liest, obwohl ich in der Runde so hinterher hinke. :knuddel1

  • "Du musst das nicht machen", sage ich.

    "Ich würde es nicht machen, nur weil ich muss", antwortet sie.

    "Wie lange wird die Fahrt dauern?"

    Ich sehe zur Anzeigetafel. Der Regionalexpress fährt in acht Minuten ab, also müsste er bald kommen. "Zweieinhalb Stunden." Es ist ein eigenartiger Gedanke, dass die letzten dreißig Jahre insgesamt nur zweieinhalb Stunden Zugfahrt Entfernung erzeugt haben. Mitunter kam ich mir vor, als wäre ich nach Metting in einer anderen Galaxie gelandet, dabei war es praktisch die Nachbarschaft.
    ...

    :)

  • :gruebel Das war auch etwas, das ich absolut nicht nachvollziehen konnte. Wie konnte Tomás seine Vergangenheit so komplett ausblenden, dass er noch nicht einmal auf die Idee gekommen ist, dort zwischendurch mal vorbei zu schauen. Er ist ja nirgends sonst oder mit irgendwem richtig heimisch geworden. Kann man 30 Jahre so völlig wurzel- und verbindungslos existieren? Wenn man sich schon aus Wut und Enttäuschung aus seinem Elternhaus entfernt, dann baut man sich doch irgendwo eine Ersatzfamilie auf.

    Warum hat er nicht längst versucht Filip zu finden, wenn das der einzig wahre Freund war?

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Es ist eine Gratwanderung.
    Es ist eine Kunst, eine sehr tiefe Diskussion in eine vordergründige Geschichte zu packen, ohne dass das Ganze in lauter Einzelteile zerbricht.
    Es gibt Stellen, da sieht man die Nähte.
    Und die sind wichtig, sonst könnte man nicht ins Innere gelangen.

  • Ich habe die Erklärungen absichtlich nur angedeutet, um sie nicht zu fragil werden zu lassen. Toms Entscheidung, seine Vergangenheit wegzuspeichern und zu ignorieren, ist gewissermaßen ein dramaturgisches Nadelöhr in "Metting". Natürlich gäbe es andere Varianten, andere Entscheidungen, andere Wege, andere Zeiträume - es gibt immer Alternativen. Aber Tom hat diesen Weg gewählt, die Suche nach seinem ganz eigenen Leben (aber dann doch wieder nicht, weil er die Idee für seinen Selbstverwirklichungstraum ja von Marieluise geklaut hat). Und für ihn hat das Konzept "Familie" einfach nicht funktioniert, weder in der eigenen Familie, noch beispielsweise bei Filip und Melina. Daher auch die Entscheidung dafür, es bei oberflächlichen Beziehungen zu belassen. Bis dann irgendwann der Wunsch, doch Nähe zu Menschen spüren zu dürfen, immer stärker wurde. Rong, Matti, Hamburg, der Italiener mit den Bildern an der Wand. Und so weiter.

  • :gruebel Vielleicht bin ich einfach zu oberflächlich :kuh

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    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Das Konzept Familie kann erst funktionieren, wenn er das mit seiner Familie, und das was daran hängt, Metting, Altenheim, Filip und Melina, in Ordnung gebracht hat. Die Bilder beim Italiener hat er ja lange Zeit angeschaut, ohne Zusammenhänge zu erkennen. Erst im Zeitraffer sieht er, wie schnell die Jahre vergehen, wie wenig Zeit man überhaupt hat und sie nicht dazu da ist, sie zu verschwenden sondern um zu leben.

    Und da muss man nicht alles aufzählen, sonst wäre das Buch längst nicht so intensiv, das muss und sollte der Leser selbst herausfinden.

  • :gruebel Vielleicht bin ich einfach zu oberflächlich :kuh

    :keks

    Nee, ganz sicher nicht.

    Es erinnert mich gerade daran, wie es ist, wenn ich mit meinen Kindern Mathe übe.
    Sie beschweren sich, dass es diesmal wirklich unglaublich schwierig ist. Vollkommen unmöglich.
    Ich sage dann, dass es nur deswegen schwierig ist, weil sie es in dem Moment nicht verstehen. Und das es plötzlich ganz einfach ist, wenn sie es verstanden haben. Wie immer.
    Nach einigen Erklärungen kommt dann plötzlich ein: "Aber, das ist ja kinderleicht? Warum hat mir das keiner gesagt?"

    Das Ganze wiederholt sich regelmäßig...
    Es ist vollkommen normal, dass etwas ganz unmöglich scheint, wenn man es nicht kann. (Ein FlicFlac jemand?)
    Wenn man es kann, dann ist es plötzlich kinderleicht. Es ist, als wäre zwischendurch ein kleines Wunder geschehen. Und gerade in der Kindheit passieren unglaublich viele dieser Wunder (Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals Deutsch gelernt zu haben. Mit 4 geht das noch ganz von selbst.)
    In einer Welt, in der alles vorherbestimmt ist, mag das anders sein, aber das ist nicht mein Ding.

    I never predict anything, and I never will. (Paul Gascoigne)

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  • Aber wo wir gerade bei Mathematik sind:

    "Der Hamburger Hauptbahnhof ist ein so genannter Reiterbahnhof, bei dem die Empfangshalle quer über den Gleisen liegt. Hier bin ich vor gut 2 Jahren eingetroffen, nach einer Rundreise durch einen großen Teil der Republik."

    Und nein, da muss wirklich niemand außer mir auch nur irgendetwas besonderes drin sehen. ;)

  • :gruebel Mathematik und Reiterbahnhof - wie könnte das zusammenhängen?

    Oder hast Du berechnet wie oft man in 28 Jahren in Hamburg ankommen kann, wenn man immer rund durch Deutschland gereist ist? :chen

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    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Tom ist erwachsen geworden. Aber seine Jugend und Kindheit habrn ihn doch sehr geprägt (kein Papierkorb in der Wohnung). Ruhelos durchs Land, aber nicht unglücklich dabei und einen Job gefunden, der ihm Spaß macht und das als Legastheniker. Hut ab. Dafür bewundere ich ihn sehr.


    Er hat einige Beziehungen gehabt, aber nie lange und wohl nichts ernstes. Er hat keine Kinder. Aber ich denke auch, dass das Konzept Familie nach seinen persönlichen Erfahrungen nichts für ihn ist. Denkt er zumindest. Ich denke aber auch, dass, wenn er vielleicht die richtige Frau gefunden hätte, er es vielleicht versucht hätte. Aber er hat ja immer das Beispiel seiner Eltern vor Augen, oder das von Filips Eltern.


    Die Beziehung zu Matti finde ich schön. Beide mochten sich wirklich sehr und wollte nicht Ernstes. Ich finde, sie haben sich trotz ihrer Unterschiedlichkeit toll ergänzt. Vielleicht hat Matti doch mehr für ihn übrig gehabt und die Sache mit Oslo und dem neuen „Freund“ ein Versuch ihn aus der Reserve zu locken.


    Aber Tom ist rastlos. Der Artikel in der Zeitung holt ihn zurück in die Vergangenheit. Und da sein Job weg, die Frau weg ... fährt er „heim“.


    Beim Lesen der Reise nach und durch Metting hatte ich Gänsehaut. Wunderbar und absolut nachvollziehbar beschrieben. Ein starker Absatz. Authentisch. Ein Abschnitt voller Veränderungen, ein Abschnitt mit Gefühlen.


    Eltern sind nicht wichtig ... das denkt Tom. Ich hoffe, er kommt nicht zu spät und kann sich mit seiner Vergangenheit und seinen Eltern noch einmal auseinandersetzen. Ich gebe auch die Hoffnung nicht auf, dass er Filip wiederfindet. Ob der Mann im Zug evtl. Filip war? Warum hat er ihn nicht angesprochen.


    Ein bewegender Abschnitt. Für mich perfekt umgesetzt die 30 Jahre zwischen dem Abgang aus Metting und die Heimkehr. Chapeau. Ich weiß nicht, was mich im letzten Abschnitt erwartet. Ich könnte nicht sagen, wie es ausgeht. Aber ich bin sehr sehr gespannt darauf.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

    --------------------

    Hörbuch: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Idylle

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • :gruebel Vielleicht hat er den Mann im Zug nicht angesprochen, weil er nicht an sein Glück glauben kann.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Nein. Das glaube ich nicht. Ich denke, er hatte nicht den Mumm. Was wäre, wenn es wirklich Filip war. Ich denke, er wäre mit der Situation zu dem Zeitpunkt evtl. überfordert gewesen. Weil sie eben auch so absurd und plötzlich für ihn gekommen ist.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

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    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • Nein. Das glaube ich nicht. Ich denke, er hatte nicht den Mumm. Was wäre, wenn es wirklich Filip war. Ich denke, er wäre mit der Situation zu dem Zeitpunkt evtl. überfordert gewesen. Weil sie eben auch so absurd und plötzlich für ihn gekommen ist.

    :write

    Bei solchen Szenen kommt es ja auch immer darauf an, wie authentisch sie sind, finde ich. Diese Reaktion passt einfach zu Tomás, wie ich ihn beim Lesen empfunden habe.