Uta Seeburg – Der falsche Preuße

  • Das Auftreten der Geheimdienste tötet den reichlich vorhandenen Charme


    Buchmeinung zu Uta Seeburg – Der falsche Preuße


    „Der falsche Preuße“ ist ein Kriminalroman von Uta Seeburg, der 2020 bei Harper Collins erschienen ist.


    Zum Autor:

    Uta Seeburg ist Berlinerin und lebt in München, wo sie als Redakteurin bei einer Zeitschrift arbeitet. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin wohnt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Haidhausen. »Der falsche Preuße« ist ihr erster Roman und Auftakt einer Krimireihe.


    Klappentext:

    München zur Jahrhundertwende. Es ist die Zeit der pferdegezogenen Trambahnen, der riesigen Bierpaläste und der gebratenen Kapaune. Und es ist der Beginn einer jungen Wissenschaft namens Kriminalistik. Wilhelm Freiherr von Gryszinski zieht von Preußen nach Bayern, um als Sonderermittler für die Königlich Bayerische Polizeidirektion tätig zu werden und den Beamten Errungenschaften wie den Fingerabdruck und die Spurensicherung am Tatort näherzubringen. Sein erster Fall: Ein stadtbekannter Bierbeschauer wird tot an der Isar gefunden – eingehüllt in einen kostbaren Federumhang, daneben der Abdruck eines Elefantenfußes. Gryszinski kommt bald einer Verschwörung nationalen Ausmaßes auf die Spur, die ihn vor eine unsägliche Wahl stellt: Ist er eher bereit, seine Ehre als bayerischer Beamter zu verletzen oder als preußischer Offizier?


    Meine Meinung:

    Zu Beginn hat mir das Buch gut gefallen mit seiner altertümlichen Sprach-und Schriftweise. Die Hauptfigur Wilhelm Freiherr von Gryszinski wirkt sympathisch und man glaubt ihm seine Rolle als Erneuerer der Polizeiarbeit. Dabei wirkt die Figur überaus glaubwürdig und kompetent. Es wird ein atmosphärisch dichtes Bild des Münchens jener Zeit geschaffen. Dann jedoch kommt die Komponente Geheimdienst ins Spiel und mein Lesevergnügen nahm rapide ab. Der Charakter der Geschichte ändert sich abrupt und Phantasie ersetzt bodenständige Polizeiarbeit. Vor allem verliert der Roman viel von seiner Glaubwürdigkeit und nicht nur die Hauptfigur verliert den Boden unter seinen Füßen.


    Fazit:

    Nach überzeugendem Beginn ändert sich die Geschichte mit der Komponente Geheimdienst grundlegend und verliert ihren Charme fast vollständig. Deshalb vergebe ich nur zwei von fünf Sternen (50 von 100 Punkten).


    ASIN/ISBN: 3959675372

    :lesend Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit, Agatha Christie - Miss Marple (Kurzgeschichten von 12 erfolgreichen Autorinnen der Jetztzeit mit Miss Marple), Michael Peinkofer - Die steinerne Krone

  • "War der Rest Münchens quirlig, voller dicker Pferde und stämmiger Bauern in Tracht, so schlug die Prachtstraße eine Schneise von fast brutaler Schönheit durch diesen menschlichen Ameisenhaufen. Eine italienische Idealstadt auf der falschen Seite der Alpen, in der gut betuchte Flaneure verkehrten. Sogar ein poliertes Automobil fuhr an Gryszinski vorbei, noch so ein Zeichen unaufhaltsamer Neuerungen.“


    Ein Preuße in Bayern, das erinnert zunächst an den Rheinländer in Berlin, Gereon Rath. Die Reihe aus Volker Kutschers Feder ist auch erfolgreich unter dem Titel „Babylon Berlin“ verfilmt worden.


    Worum geht’s in „Der falsche Preuße“?


    Intrigen auf höchster Ebene:

    Die Kriminalistik steckt noch in den Kinderschuhen, als Wilhelm Freiherr von Gryszinski von Preußen nach Bayern zieht, um als Sonderermittler für die Königlich Bayerische Polizeidirektion tätig zu werden.

    Fingerabdrücke, die Sicherung von Spuren am Tatort – Neuland!

    In Bayern muss ein mysteriöser Fall aufgeklärt werden: Ein Bierbeschauer wird tot an der Isar aufgefunden. Neben der Leiche findet man den Abdruck eines Elefantenfußes, außerdem ist sie in einen Federumhang gehüllt…

    Uta Seeberg entführt den Leser ins neunzehnte Jahrhundert, sie beschreibt die Verhältnisse in München sehr anschaulich. Auch die Figuren sind schillernd und bunt, es gibt zum Beispiel einen sehr exzentrischen Mann, der eine nicht unwichtige Rolle spielt. Dennoch hätte ich mir stellenweise eine detailliertere Charakterisierung gewünscht. Die historisch – akkurate Einbettung ist die große Stärke des Romans, wenn man jedoch einen spannungsgeladenen, actionreichen historischen Krimi lesen will, wird man von „der falsche Preuße“ vielleicht enttäuscht sein, da das pacing eher gemächlich ist; es gibt auch Längen in der Erzählung.

    Die authentische Beschreibung der historischen Details gefiel mir jedoch sehr gut!

    „Der falsche Preuße“ ist der Auftaktband zu einer neuen Reihe, daher darf man auf die Folgebände gespannt sein.


    3/5

    ASIN/ISBN: 3959675372

    "Literatur ist die Verteidigung gegen die Angriffe des Lebens."


    "...if you don't know who I am - then maybe your best course would be to tread lightly."

  • Mich begeisterte der Anfang des Buches auf jeden Fall - München so ganz anders und ursprünglich zu erleben und dann die Anfänge der Kriminalistik - sehr interessant. Die Figuren gefielen mir auch in ihrem facettenreichen Auftreten und auch Gryszinski. Und dann kamen für mich Längen und ich sehnte die Auflösung herbei. Aber ich werde es bestimmt mit einem weiteren Band versuchen.

  • Mit sehr viel kulinarischen Schmankerln versehen habe ich diesen historischen Kriminalroman aus München genossen. Gerade die vielen interessanten und abwechslungsreichen Ideen gepaart mit historischen Fakten haben mir bei diesem Krimireihenauftakt sehr imponiert.

    In der wesentlichen Handlung geht es um den Sonderermittler für die königliche bayerische Polizeidirektion Wilhelm von Gryszinski, welcher von Preußen nach München gezogen ist. Dieser wird mit einem brutalen Mordfall konfrontiert, welcher mit so einigen Absonderlichkeiten aufwartet. Schon bald gerät ein mondäner und extrovertierter Unternehmer in den Blick des Ermittlers. Handelt es sich hierbei um den Täter oder sieht Gryszinski den Wald voll lauter “Täterbäumen” nicht mehr? Der Hauptdarsteller ist ein Ermittler, welcher seinen Beruf über alles liebt. Trotz des alltäglichen beruflichen Wahnsinns versucht er in seinem Privatleben ein liebeswerter Vater und Ehemann zu zu sein. Dabei zeigt er sehr viel Feingefühl und Spürsinn, was ihm manchmal bei den Ermittlungen durchaus zu Hilfe kommt.

    Als wesentliche Nebendarsteller kommen seine Kollegen Eberle und Spatzl, sein früherer Freund Strantz, seine Haushälterin Frau Brunner, sowie das schwerreiche Unternehmerpaar Lemke in Betracht. Gerade Frau Brunner hat mir mit ihren „Talenten“ außerhalb des Haushaltes sehr gut gefallen und ich fand ihre Rolle äußerst süffisant. Aber auch Herr und Frau Lemke sorgen dafür, dass dieser Fall sehr innovativ daherkommt. Gerade der Einfallsreichtum hinsichtlich des Lebensmittelpunktes des Ehepaares hat mir sehr gut gefallen. Die Spannung der Story wird langsam aufgebaut und findet erst in den letzten Seiten ihre Auflösung. Gerade das Ende ist sehr spannend und mit einer höchst interessanten Wendung versehen. Der Schreibstil der Autorin ist bildhaft, flüssig, dialogorientiert und lebensnah. Gerade die vielen bayerischen Eigenheiten kommen in diesem Roman sehr gut zur Geltung. Auch die Ausflüge in die reichhaltige bayerische Küche haben mir sehr gut gefallen. Als Besonderheit kann eine Karte des historischen Stadtkerns von München genannt werden. Besonders hervorzuheben sind die gut recherchierten Details über die Anfänge der „modernen Kriminalistik“ mit den heutzutage bekannten subtilen Hilfsmitteln wie z. B. Fingerabdrücken. Das Fazit ist sehr positiv. Sehr spannend und unterhaltsam mit einem sympathischen Ermittler unterfüttert kann ich diesen historischen Kriminalroman allen nur zu wärmstens empfehlen.

    9,5/10 Punkte

  • Wilhelm Gryszinski wartet bei der Münchner Polizei immer noch auf seinen ersten großen Mordfall. Doch als dieser dann auf ihn zukommt stellt er fest, dass manche Dinge auch mit moderner Kriminalistik nicht so einfach aufzuklären sind.


    Dazu kommt, dass ihn sein Heimatland Preußen auffordert, seine Loyalität zu beweisen und einen Spion zu überführen. Doch das ist gar nicht so einfach, denn auch seine Ermittlerehre erfordert es, den Mörder zu finden.


    Ich habe diesen ersten Band der Reihe rund um Wilhelm Gryszinski wirklich gerne gelesen. Man taucht ein in der München kurz vor der Jahrhundertwende, dass seinen ganz eigenen Rhythmus hat. Gryszinski und seine Frau fühlen sich in München sehr viel wohler als im steifen Berlin, genießen sie hier doch auch eine gewisse Freiheit vor den Familien.


    Schön beschrieben ist der Arbeitsalltag und vor allem das Essen der damaligen Zeit. Gryszinski ist ein Liebhaber der bayerischen Kochkunst und die Autorin schreibt recht poetisch über die Mahlzeiten, mit denen er sich manch Geistesblitz erarbeitet oder sich von seinen Sorgen ablenkt.


    Seine Ermittlungsmethoden sind geprägt von den Erkenntnissen seines Mentors Hans Groß, der als einer der ersten eine systematische Aufnahme des Tatorts und seiner Umgebung entwickelt hat. So bekommt man als Leser einen sehr guten Einblick in die damaligen Ermittlungsmethoden.


    Der Mordfall war tatsächlich ziemlich verzwickt und liefert ein Ende, dass so erst einmal nicht absehbar war. Die parallel verlaufende Spionage Ermittlung im gleichen Umfeld, birgt auch so einige Gefahren für den Ermittler mit sich, er gerät dabei mehrfach in Lebensgefahr.


    Alles in allem hat mir das Buch ausgesprochen gut gefallen und ich freue mich auf die nachfolgenden Bände.


    9 von 10 Punkte

  • Meine Rezension

    Durch die tolle Leserunde zum Buch „Der echte Krampus“, das im übrigen ebenfalls unbedingt empfehlen kann, bin ich auf die Krimireihe um Wilhelm Gryszinski gekommen. Nach der Lektüre dieses Buches wollte ich unbedingt auch die anderen Bücher der Reihe kennenlernen und habe daher nun mit dem ersten Band der Reihe, „Der falsche Preuße“, begonnen.


    Das Buch spielt im München der Jahrhundertwende. Wilhelm Freiherr von Grysznski ist vor einiger Zeit mit seiner Frau und der patenten Haushilfe aus Berlin nach Bayern gezogen, um hier als Sonderermittler in den Reihen der bayerischen Polizei zu arbeiten. Sein Steckenpferd ist die noch in den Kinderschuhen steckende Kriminalistik/Forensik: Spurensicherung, Fingerabdrücke und andere „neumodische“ Methoden der Ermittlung werden von ihm mit großer Faszination für diese neuen Techniken erfolgreich angewandt.


    Hier hat er es mit einem mysteriösen Fall zu tun, denn sein erstes Mordopfer – der hiesige Bierbeschauer – wird unter ungewöhnlichen Begleitumständen gefunden. Die Ermittlungen weiten sich in ungeahnte Richtungen aus und es wird nicht einfacher, als sich allerhöchste Kreise einschalten und ihn enorm unter Druck stehen, so dass er in eine unangenehme Zwickmühle gerät.


    Auch dieser Krimi hat mir außergewöhnlich gut gefallen: Die Zeit, in der die Geschehnisse passieren, empfinde ich als ungemein spannend. Die Autorin hat die Orte und Personen so lebendig geschrieben, dass man stets überaus bunte Bilder vor Augen hat.


    Besonders gut gefallen haben mir hier die Opulenz und Dekadenz im überaus prachtvollen Domizil eines Protagonisten (Lemke) – hier kam ich mir vor wie in einem Panoptikum.


    Die Autorin versteht es wirklich außerordentlich gut, Situationen, Orte, Begebenheiten plastisch zu beschreiben. Bei den Schilderungen der Mahlzeiten würde man gerne selbst mit am Tisch sitzen. Bei den Beschreibungen der Residenz Lemkes steht man selbst staunend da und das Zuhause Gryszinskis erscheint so heimelig gemütlich, dass man gerne selbst auf dem Diwan Platz nehmen und einen Tee genießen möchte.


    Auch hier hat das Mitraten wieder enormen Spaß gemacht bis hin zu einem fulminanten Ende.


    Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band der Reihe, der schon hier ist...


    10 von 10 Eulenpunkten, ein zweites Monatshighlight (nach dem echten Krampus). Chapeau, das hat schon lange kein Autor mehr fertig gebracht.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)