Die Hafenschwester (2) , von Melanie Metzenthin

  • Die Hafenschwester (2) , von Melanie Metzenthin

    Als wir wieder Hoffnung hatten


    Cover:

    Das Cover passt sehr gut, es hat auch einen hohen Erkennungswert mit dem ersten Band.


    Inhalt:

    Hamburg 1913.

    Inzwischen hat Martha eine Familie mit 3 Kindern, es geht ihnen gut, sie sind glücklich und alles wird besser.

    Sie erhält sogar eine Einladung ihrer Freundin Milli aus Amerika und begibt sich mit deinem Traumschiff auf die Reise.

    Doch nach ihrer Rückkehr ist Schluss mit diesem Aufschwung. Der Ausbruch des ersten Weltkriegs stürzt das Land und die Menschen in ein tiefes Leid.

    Als Paul, ihr Mann, eingezogen wird und dann mit einer grausamen Verwundung zurückkommt, muss Martha alleine für das Überleben ihrer Lieben kämpfen.


    Meine Meinung:

    Dieser Band beginnt 16 Jahre nach dem ersten Teil. Der Einstig ist super und die Bekannten aus dem ersten Band sind sofort wieder präsent.


    Das Buch beginnt mit einer glücklichen Zeit, alles wird besser und Martha kann mit ihrer Familie sogar eine Traumreise nach Amerika genießen.


    Doch die Schatten des ersten Weltkriegs lassen nicht lange auf sich warten.

    Und hier tritt nun die politische und gesellschaftliche Lage in den Vordergrund und bildet (für meine Empfinden) das Hauptthema des Buches.

    Es ist wirklich eine schlimme Zeit für die Menschen, als ob der Krieg alleine nicht schon ausreichen würde, Armut und Mangel an allem ist an der Tagesordnung und auch die spanische Grippe rafft die ausgemergelten Menschen hinweg. Die Armut der Menschen und ihre Situation werden von der Autorin sehr genau beleuchtet und gut dargestellt.


    Auch die ganze Entwicklung die die Medizin macht, ist total interessant und hat mich mehr als einmal verblüfft.


    Besonders gut gefallen hat mir, wie Martha auch in dieser schlimmen Zeit die Probleme der Frauen im Blick hat und jede erdenkliche Möglichkeit ergreift um hier Dinge zu ändern und zum Besseren zu wenden.


    Das Ende ist wieder sehr schön und voller Hoffnung auf die Freundschaft und die Zukunft.


    Ich war vom ersten Band hellauf begeistert und freue mich nun auf den 3.Band, wenn ich auch wieder ein Jahr warten muss.


    Autorin:

    Melanie Metzenthin lebt in Hamburg, wo sie als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet


    Mein Fazit:

    Ein schöner, gut recherchierter Historischer Roman, die politische (Welt-)Lage nimmt hier einen großen Platz ein. Martha ist diesmal eine sehr starke Frau die sowohl die Sorgen und Nöte der Menschen im Allgemeinen im Blick behält, als auch für die Rechte der Frauen einsteht.


    Von mir 4 Stern.

    ASIN/ISBN: 3453292448

  • Melanie Metzenthin: Die Hafenschwester (2). Als wir wieder Hoffnung hatten. Roman, München 2020, Diana-Verlag, ISBN 978-3-453-29244-4, Klappenbroschur, 495 Seiten, Format: 13,6 x 4,4 x 20,6 cm, Buch: EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A), Kindle: 11,99.


    „Paul lächelte still vor sich hin. So fühlte es sich an wenn man alles im Leben erreicht hatte. Er hatte eine Arbeit, die ihm gefiel, eine wunderbare Frau, drei gesunde Kinder und eine schöne Wohnung. Was wollte man mehr vom Leben? Mochten sich die Reichen auch luxuriöse Fahrten in der ersten Klasse eines riesigen Ozeandampfers leisten können, ihm genügte es, die Sonntage mit seinen Kindern zu genießen.“ (Seite 18)


    Zugegeben: Im ersten Band war mehr Action. Das Leben hat eben auch ruhigere Phasen und die sind in einem historischen Roman immer besonders tückisch. Die Romanhelden freuen sich ihres Lebens und der Leser weiß genau, dass ihre Welt bald in Trümmern liegen wird.


    Hamburg 1913: Martha, 34, hat sich aus ärmlichsten Verhältnissen zur OP-Schwester emporgearbeitet. Ein Beruf, den sie leider nicht mehr ausüben darf, seit sie mit dem Ingenieur Paul Studt verheiratet ist. Nur ledige Frauen und Witwen dürfen einer bezahlten Tätigkeit als Krankenschwester nachgehen.


    Ehrenamtliche Hafenschwester

    Die überzeugte Sozialdemokratin will aber nicht nur um ihren Mann und die drei Kinder herumwuseln, sie will helfen. Und so arbeitet sie ehrenamtlich als Hafenschwester. Damit tut sie etwas für die Allgemeinheit, aber ihre Fähigkeiten als OP-Schwester liegen brach. Das ist ungerecht, doch von heute auf morgen lassen sich die Gegebenheiten nicht ändern. Diese Erfahrung haben Martha und ihre politisch engagierten Freundinnen vom Frauenverein schon mehrfach machen müssen.


    Martha will sich nicht beklagen. Ihr Leben ist gut so, wie es ist. Okay, Probleme gibt’s immer. Wo bringt man zum Beispiel von jetzt auf gleich neun verwaiste Geschwister unter? Am besten noch so, dass sie nicht in alle Winde zerstreut werden? Die Möglichkeiten sind begrenzt. Auch in Marthas Familie knirscht’s. Ihr jüngerer Bruder Heinrich, ein Kapitän, hat von einer seiner Fahrten eine chinesische Ehefrau mitgebracht: Mi-Ling. Da gibt’s nicht nur aus sprachlichen Gründen Verständigungsprobleme. Kulturell scheinen Asiaten und Hanseaten nicht besonders kompatibel zu sein.



    Das Leben ist schön – besonders in New York

    Wenn Martha Studt schon einen beachtlichen Aufstieg vom armen Mädchen aus dem Gängeviertel zur geachteten Krankenschwester und Ingenieurs-Gattin hingelegt hat, dann ist ihrer Freundin aus Kindertagen, Milli, der ganz große Wurf geglückt: Sie hat es von der jugendlichen Zwangsprostituierten zur Ehefrau eines US-amerikanischen Politikers gebracht. Zur Hochzeit ihrer ältesten Tochter lädt Milli die Studts samt Kindern nach New York ein. Schon die luxuriöse Überfahrt auf dem gigantischen Passagierdampfer ist für die Hamburger Familie ein überwältigendes Ereignis. Als sie in New York eintreffen, kommen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus: Die Welt, in die Milli eingeheiratet hat, ist an Wohlstand und Glamour kaum zu überbieten.



    Der Krieg bricht aus

    Davon abgesehen ist New York der Wahnsinn. Nie hätte Martha gedacht, dass sie das einmal zu sehen bekäme. So könnte das Leben bleiben! Tut es aber nicht. Als der Krieg ausbricht und Paul trotz seiner 41 Jahre eingezogen wird, muss Martha alleine für die Familie sorgen. Wie lange werden es sich die Krankenhäuser in Kriegszeiten leisten können, qualifizierte Krankenschwestern zu verschmähen, nur weil sie verheiratet sind?


    Selbst wenn Martha es schaffen sollte, sich und die Kinder irgendwie durchzubringen - für ihre Schwägerin und deren Sohn kann sie finanziell nicht auch noch sorgen. Mi-Ling muss sich selbst Arbeit suchen. Nur welche? Sie hat eine starke körperliche Beeinträchtigung, aber sie ist einfallsreich und zäher als man meint.


    Paul kommt zurück – schwer kriegsversehrt

    Dann kommt der Schock: Paul wurde an Front schwer verwundet: Er hat eine Gesichtsverletzung erlitten, die ihn so stark entstellt, dass er sich nicht mehr unter Menschen traut. Martha blutet das Herz, ihren geliebten Mann so zu sehen. Und Existenzängste plagen sie auch: Wenn er nie wieder in seinen Beruf zurückkehren kann, wird sie es dauerhaft schaffen, die Familie zu ernähren? Was, wenn sie nach dem Krieg als verheiratete Frau nicht mehr arbeiten darf?


    Als OP-Schwester weiß sie, dass es neue Operationsmethoden gibt, mit denen man entstellte Gesichter rekonstruieren kann. Doch die sind noch im Experimentierstadium. Wird es gelingen, Paul sein Gesicht wiederzugeben?


    In einem Roman dieses Umfangs gibt’s natürlich noch jede Menge Nebenhandlungen und Personen, mit denen man mitfiebern kann: mit Moritz, der ebenfalls schwer kriegsversehrt nach Hause kommt ... mit Marthas Kollegin Carola, deren Leben eine unerwartete Wendung nimmt und mit Heinrich, der aufgrund seiner Blockadefahrten wochen- und monatelang von der Bildfläche verschwindet, während seine Familie daheim vor Sorge vergeht. Der hat ordentlich was zu erzählen, wenn er zwischendrin mal nach Hause kommt!


    Es gibt nicht permanent Action

    Gegen Kriegsende geht’s ordentlich rund in der Geschichte. Davor ist die Handlung über weite Strecken nicht überaus temporeich. Damit habe ich selbst kein Problem: Ich schaue gern Romanfiguren aus anderen Epochen beim Leben zu und versuche mir vorzustellen, wie das damals war. Doch ich erwähne es sicherheitshalber. Heute ist der Konsument ja aus den Medien gewöhnt, dass immerfort in schnellem Takt was Dramatisches passiert. Die Geduld, sich einfach auf anderer Leute Lebensumstände einzulassen, hat nicht jeder, obwohl diese Geschichten ihren Reiz haben.


    Manchmal habe ich mich gefragt, ob die Studts nicht zu gut sind, um wahr zu sein. Irgendwie machen sie immer alles richtig. Zum Ausgleich gibt’s jedoch genügend fehlbare Nebenfiguren, mit denen man sich als Durchschnittsmensch identifizieren kann. Sie treffen auch mal zweifelhafte Entscheidungen und müssen dann – wie wir alle – mit den Konsequenzen leben.


    Und sollte man als Leser*in beim Thema „1. Weltkrieg“ nicht ganz sattelfest sein: Hier liest man eine außergewöhnliche Lebensgeschichte und lernt nebenbei noch allerhand dazu. Wenn historische Ereignisse am Beispiel konkreter Schicksale geschildert werden, ist das für mich immer greifbarer als reine Fakten und Erklärungen. Und es bleibt auch mehr hängen.


    Die Autorin

    Melanie Metzenthin lebt in Hamburg, wo sie als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen psychische Erkrankungen oft eine wichtige Rolle spielen. Beim Schreiben greift die Autorin gern auf ihre berufliche Erfahrung zurück, um aus ihren fiktiven Charakteren glaubhafte Figuren vor einem realistischen Hintergrund zu machen. 2020 wurde sie für ihr Buch "Mehr als die Erinnerung" mit dem DELIA Literaturpreis ausgezeichnet. Unter dem Pseudonym "Antonia Fennek" schreibt sie Psychothriller.


    ASIN/ISBN: 3453292448

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Seit dem Ende des ersten Bandes der Hafenschwester-Reihe sind mittlerweile 16 Jahre vergangen. Martha hat sich mit Paul ein schönes Leben aufgebaut, sie haben 3 gesunde Kinder, beide sind beruflich ausgefüllt und das Geld reicht für ein recht angenehmes Leben. Ihre Freundin Milli hat sich in Amerika ein gutes Leben aufgebaut und lädt die Familie ein, sie zu besuchen.


    Eigentlich könnte das Leben doch immer so weitergehen, doch der erste Weltkrieg lässt die Träume von Wohlstand und Sicherheit bald zerbersten. Auch Marthas Familie leidet unter den Einschränkungen des Krieges und die Männer müssen sich auf die eine oder andere Weise am Krieg beteiligen. Paul kehrt schwer verletzt aus dem Feld zurück und diese Verletzung stellt die Ehe der beiden vor eine große Herausforderung.


    Ich war sehr begeistert von diesem Buch. Man ist von Anfang an gleich wieder in der Geschichte, auch wenn eine lange Zeit vergangen ist. Mir hat der Spannungsbogen sehr gut gefallen, beginnt das Buch doch mit einem sehr guten Jahr für die Familie Studt. Die Reise nach Amerika ist etwas ganz besonderes und ich fand es sehr interessant von dem damals größten Schiff der Welt, dem Imperator zu lesen, dessen Macken natürlich Paul als Schiffsingenieur nicht entgehen. Auch der Aufenthalt selbst fand ich sehr interessant, zeigt es doch eine ganz andere Art zu leben, die aber mit ähnlichem Zwängen behaftet ist, wie die im deutschen Reich.


    Marthas Bruder Heinrich heiratet für alle überraschend eine Chinesin, die Anfangs Schwierigkeiten mit der deutschen Mentalität bekommt, sich aber dann doch in die Familie eingliedert. Der Krieg stellt alle vor große Herausforderungen, die aber mit festen Wilen angegangen werden, auch wenn es nicht immer einfach ist.


    Manch einer mag anmerken, dass ja immer alles glatt geht und die Familie ja vergleichsweise wenig unter den Einschränkungen zu leiden hat. Allerdings muss man bedenken, dass Martha durch ihre berufliche Ausbildung die Möglichkeit hat einen bezahlten Beruf auszuüben und Paul nach seiner Verwundung trotz aller Einschränkungen wieder arbeiten kann. Damit stehen sie besser da als viele anderen. Diese Mittelschicht hat sicher andere Möglichkeiten gehabt, durch den Krieg zu kommen.


    Alles in allem habe ich das Buch richtig gerne gelesen und freue mich schon auf den dritten Band, auch wenn es auf den noch eine Weile warten heißt.

    Von mir eine absolute Leseempfehlung!


    10 von 10 punkte