David Grossman
Was Nina wusste
Originalsprache: hebräisch
Gebundenes Buch, 352 Seiten, 25,00 €
Verlag: Carl Hanser
ISBN: 978-3-446267527
"Was Nina wusste" von David Grossman ist ein sehr lesenswerter Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann.
Das Buch handelt von drei Generationen: Vera, ihrer Tochter Nina und deren Tochter Gili. Nicht unbedeutend sind auch Veras zwei Ehemänner und Gilis Vater. Vera ist mittlerweile 90 und der Roman startet an ihrer Geburtstagsfeier. Vera hat ein bewegtes Leben hinter sich. Unter anderem war sie auf der Gefängnisinsel Goli Otok im Umerziehungslager interniert und hat aus dieser Zeit tiefe seelische Narben, die so weitreichend sind, dass auch die nächsten Generationen nicht nur davon betroffen, sondern ihrerseits verletzt sind. Der Roman behandelt die Geschichte dieser Menschen, dieser Verletzungen und in gewisser Weise deren Aufarbeitung.
Das Buch beruht auf den realen Ereignissen um Eva Panić-Nahir. Sie hat David Grossman ihre Lebensgeschichte selbst erzählt und ihn zu diesem Roman inspiriert.
Auch wenn der Roman ernste und beängstigende Themen anspricht, so habe ich ihn doch niemals als entmutigend empfunden. Grossman versteht es wie immer eindrucksvoll die Leserin und den Leser in die von ihm geschilderte Welt der Protagonisten mitzunehmen. Schon nach wenigen Seiten habe ich einen emotionalen Bezug zu den Figuren entwickelt. Vera erschien schon allein durch die für sie verwendete Ausdrucksweise ihrer wörtlichen Rede - man liest quasi ihren ungarischen Akzent mit - lebhaft vor meinen Augen.
Schnell ist man im Sog der Geschichte und fragt sich was das Familiengeheimnis ist, was genau passiert ist, wieso die Dinge so sind wie sie sind und ob es nicht einen Weg gibt um die Situation für alle zu verbessern.
Der Aufbau des Romans, von Auftakt bis Schlusspunkt, ist punktgenau getroffen; an keiner Stelle war die Geschichte mir zu schnell oder zu langsam. Und obwohl die Figuren alle ihre Ecken und Kanten haben, keine fand ich ausschließlich sympathisch, macht genau dies den Reiz aus. Gili als Tochter von Nina beziehungsweise Enkelin von Vera ist die Identifikationsfigur der Geschichte. Durch die Art und Weise der Erzählung teilt man ihre Überzeugungen, zweifelt man mit ihr, leidet mit ihr, befreit sich mit ihr,...
Ich empfand den Roman trotz, oder auch wegen, seiner ernsten Grundthematik als fesselnd und erschütternd. Erschütternd auf eine gute Art und Weise, denn manche Bücher sind dazu geschrieben um uns wachsen zu lassen.
Definitiv 10/10 Eulenpunkte.
ASIN/ISBN: 3446267522 |