Die Tinktur des Todes - Ambrose Parry

  • Die Tinktur des Todes

    Ambrose Parry

    Pendo

    ISBN: 3866124724

    464 Seiten, 16,99 Euro


    Über die Autoren: Ambrose Parry ist das Pseudonym der Autoren Christopher Brookmyre und Marisa Haetzman. Das Paar ist verheiratet und lebt in Schottland. Brookmyre arbeitete nach seinem Studium der englischen Literatur- und Theaterwissenschaften als Journalist in London, Los Angeles und Edinburgh. Der mehrfach preisgekrönte Autor hat über zwanzig Romane veröffentlicht, darunter internationale Bestseller. Marisa Haetzman ist Medizinhistorikerin und hat zwanzig Jahre als Anästhesistin gearbeitet. Ihre Forschungsarbeit zur modernen Anästhesie inspirierte das Paar, "Die Tinktur des Todes" zu schreiben.




    Das Ehepaar Marisa Haetzman und Christopher Brookmyre führt uns mitten hinein in die Stadt Edinburgh und in das Jahr 1847. Durch die Augen ihrer beiden Hauptfiguren Will und Sarah erlebt man die Stadt zu der damaligen Zeit. Armut und Krankheit sind allgegenwärtig. In den düsteren Gassen und Winkeln des heruntergekommenen Stadtteils, in denen sich der Medizinstudent Will bis zu seiner Famulatur bei Dr. Simpson aufhält, ist ein Menschenleben nichts wert. Und genau hier werden immer häufiger tote Frauen aufgefunden, deren Körper im Todeskampf seltsam verkrampft sind. Eine der ersten Toten ist eine Prostituierte, die Will nahe stand. Als er für seine Famulatur zu Dr. Simpson zieht, lernt er das Hausmädchen Sarah kennen und auch sie rätselt um den Tod einer jungen Kollegin. Zusammen versuchen sie das Geheimnis der unheimlichen Mordserie zu lösen.


    „Die Tinktur des Todes“ ist ein gut gemachter Krimi, der mit einer düsteren Kulisse und einem spannenden Fall aufwartet. Soweit nichts Neues, doch das Buch bietet mehr; nicht nur, dass man das Gefühl hat, beim Lesen selbst tief in die unheimliche Atmosphäre der Stadt einzutauchen, man lernt neben den dunklen Gassen und schummrigen Kneipen auch das Leben in einem Haus der besseren Gesellschaft kennen. Will nimmt als Famulant der Medizin an Vorlesungen und Operationen teil, die hier teilweise sehr plastisch geschildert werden. Besonders das Thema Anästhesie nimmt einen hochinteressanten Teil ein, denn die Inspiration zu dem Buch war die Forschungsarbeit von Marisa Haetzman zur modernen Anästhesie.

    Das Buch ist über weite Teil glaubwürdig und sehr spannend, das Ende aber hätte ein wenig besser ausgearbeitet werden sollen, denn es hält einer logischen Prüfung nicht unbedingt stand. Trotzdem überwiegt die positive Erinnerung an ein Buch, das ich gern gelesen habe.


    Es ist der Mix aus spannendem Krimi, wahren historischen Schilderungen aus dem Bereich der Medizin vor dem Hintergrund der aufregenden Kulisse einer zuweilen unheimlichen Stadt, der dieses Buch so lesenswert macht. Da es der Auftakt einer Serie zu sein scheint, dürfen wir uns hoffentlich auf weitere Fälle des Autoren-Ehepaares freuen.


    ASIN/ISBN: 3866124724

  • Edinburgh 1847: Der Medizinstudent Will Raven ist glücklich, seine Famulatur bei James Young Simpson, dem bekannten Arzt und Geburtshelfer, antreten zu können. Hier kann er viel lernen, und wird auch bei Simpsons Suche nach einem besseren Anästhetikum als Äther involviert sein.


    Sarah Fischer ist Dienstmädchen im Hause Simpson, aber sie darf auch zu den Sprechstunden, die Simpson in seinem Haus abhält, beitragen. Der Arzt hat erkannt, wie klug und wissbegierig Sarah ist, deren Geschlecht ihr leider Grenzen setzt.


    Mehrere Frauen werden tot aufgefunden, alle schienen schwanger gewesen zu sein, alle waren aber auch „nur“ Prostituierte oder Dienstmädchen, so dass die Polizei sich nicht gerade überschlägt, die Hintergründe aufzudecken. Will ist persönlich betroffen, denn eine der Toten war eine Freundin von ihm – und so versucht er, selbst zu ermitteln. Und auch Sarah ist interessiert zu erfahren, wieso ein ihr bekanntes Dienstmädchen gestorben ist.


    Ich brauchte ein paar Seiten, um in die Geschichte hineinzukommen – und dann hatte sie mich. Ich konnte den Roman kaum noch aus der Hand legen.


    Hinter dem Autorennamen steckt ein schottisches Ehepaar. Während Christopher Brookmyre schon mehrere Werke veröffentlicht hat, ist Marisa Haetzman Medizinhistorikerin und Anästhesistin, was sicher eine großen Einfluss auf die Thematik des ersten gemeinsamen Werkes hatte. Der Roman spielt zu einer Zeit, in der längst nicht alle Ärzte Anästhetika anwandten, viele Operationen wurden ohne jegliche Betäubung durchgeführt, auch in diesem Roman gibt es solche Szenen. Äther ist zwar brauchbar, aber hat auch seine Nachteile, so dass James Young Simpson, der tatsächlich gelebt hat, nach einem brauchbareren Ersatz suchte – auf recht abenteuerliche Art, wie man hier auch erfährt. Dieser medizinhistorische Teil, der auch z. B. den Alltag der Ärzte beschreibt, nimmt einen relativ großen Teil der Geschichte ein – für mich sehr interessant.


    Einer weiterer Teil ist der Ermittlung gewidmet, beide Protagonisten versuchen auf ihre eigene Weise, die Hintergründe aufzudecken. Das ist ebenfalls interessant, betrifft auch das medizinische Thema, und lässt den Leser mitraten. Am Ende wird es zufriedenstellend aufgelöst, ja, es gibt sogar eine gelungene Pointe.


    Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonisten, ich könnte mir vorstellen, dass jeder des Autorenpaares sich einem der beiden gewidmet hat. Beide waren mir schnell sympathisch. Will ist jemand, der sich Gedanken macht und loyal ist, und über Sarah kann man im Grunde das selbe sagen. Beide sind sehr gelungen. Aber auch die anderen Charaktere gefallen mir gut und wirken wie echte Menschen – Simpson ist im Übrigen nicht die einzige historische Persönlichkeit.


    Erzählt wird atmosphärisch, ich hatte das Gefühl, in die Zeit einzutauchen und mein Kopfkino hatte viel zu tun. Gut gefällt mir, dass offenbar weitere Bände mit den beiden geplant sind, ich freue mich darauf.


    Ich bin begeistert, so mag ich meine historischen Romane, atmosphärisch, gut recherchiert, spannend und gut zu lesen, mit einem interessanten Thema und ebensolchen Charakteren. Umso schöner, dass die Chance besteht, letztere wiederzutreffen. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für alle, die gerne historische Romane lesen und dabei Wert auf gute Recherche legen.

  • Eskalina

    Der zweite Band konnt hoffentlich bald auch auf Deutsch, wurde letzten Sommer in Edinburgh vorgestellt und klang sehr interessant.


    ASIN/ISBN: 1786896702

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

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  • Zitat

    „Die Laken waren zerwühlt, also hatte sie sich wohl stärker gewunden als jemals zuvor in gespielter Leidenschaft, und Raven fürchtete, es habe länger gedauert als jede Zusammenkunft mit einem ihrer Freier.“


    Will Raven, frischgebackener Famulus des angesehenen Edinburgher Arztes Dr. James Simpson, findet am Vorabend seines Dienstantritts die Leiche der Prostituierten Evie. Obwohl er tiefe Gefühle für Evie empfindet, flieht er aus ihrer Kammer, weil er die Verstrickungen fürchtet, die die Entdeckung ihrer Leiche für ihn mit sich bringen könnte. Letztlich sind es jedoch andere Fallstricke, die ihn buchstäblich zu Fall bringen: Evie brauchte dringend Geld und Raven, der die benötigte Summe nicht besaß, lieh sich das Geld beim Wucherer Flint. Der will sein Geld nun zurück und schickt zwei Eintreiber nach Raven aus.


    Seine neue Stellung bei Dr. Simpson tritt Raven übel zugerichtet, um eine Taschenuhr ärmer, und mit dem dringenden Ratschlag, das Geld aufzutreiben, bedacht, am nächsten Morgen an. Dr. Simpsons Spezialgebiet ist die Geburtshilfe, doch in seiner Sprechstunde behandelt er im Grunde alles, was sich in seinem Wartezimmer einfindet. Unterstützt wird er dabei von seinem ehrgeizigen Assistenten ... und der Hausangestellten Sarah, deren Wissensdrang Dr. Simpson gern mit Büchern seiner Bibliothek stillt. Die Behandlung der weniger glücklichen Einwohner Edinburghs gehört nun zu Ravens Aufgaben, außerdem unterstützt er die Suche Dr. Simpsons nach einem besseren Betäubungsmittel als der Äther, den dieser bisher bei komplizierten Geburten einzusetzen pflegt. Leider nicht als Forschender, diese Rolle hat der Assistent Dr. Duncan inne, sondern als Versuchskaninchen. Alles in allem zwar eine spannende Stelle und Raven ist ausgesprochen dankbar, in den Hausalt des Arztes aufgenommen worden zu sein, allerdings besteht sein Lohn in Kost, Logis und Erfahrung - nicht gerade die Währung, mit der er den Kriminellen Flint auszahlen könnte. Wie gut, dass sich Dr. Beattie mit einem interessanten, aber auch riskanten Angebot an ihn wendet ...


    Geldschulden bei einem Kriminellen und der hartnäckige Verdacht, dass die Geliebte, deren Betätigung alles andere als ehrbar war, ermordet wurde, das allein bietet schon Stoff für so einige Konflikte. Dem Autor jedoch reicht es nicht, und so stattet er seinen Protagonisten denn auch noch mit einer Familiengeschichte aus, über der ein dunkles Geheimnis liegt. Ausgerechnet die Hausangestellte Sarah droht, seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Mit ihr verbindet Raven eine ausgesprochene Antipathie, die auf Gegenseitigkeit beruht, doch als weitere Frauen zu Tode kommen und sich eine Verbindung zu Evie andeutet, erweist sich Sarah als hilfreiche und loyale Stütze. Gemeinsam ermitteln sie in einem Fall, der für die Polizei keiner ist, und begeben sich dabei in eine tödliche Gefahr.


    Zitat

    „Schon viele Männer vor ihm hatten in diesem Zimmer gesehen, wie Evie sich verwandelte: vom Objekt äußerster Begierde zum armseligen Gefäß des ungewollten Samens, angebetet bis zum Moment des Ergusses, dann verhasst.“


    Der Einstieg in den historischen Kriminalroman ist misslungen, anders kann man den Versuch des Autors, den Sprachduktus des 19. Jahrhunderts nachzuahmen, nicht bewerten. Es mag an der Übersetzung liegen, aber die ersten drei Kapitel sind in ihrer überfüllten Schwülstigkeit kaum zu ertragen. Zum Glück sind die Kapitel kurz und der Stil wandelt sich bald. Leider ist nicht nur die Sprache überfrachtet, es werden auch zu viele Themen aufgegriffen: neben Kriminalfall und Familiengeheimnis kommen noch Frauenrechte und gleich zwei großen Themen der Medizingeschichte - Geburtshilfe und die Suche nach einem Betäubungsmittel - hinzu. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. Leider bleibt auch das historische Edinburgh auf der Strecke - sieht man mal von der Nennung einiger Straßennamen ab, findet sich nicht viel von der Stadt im Geschehen wieder. Die Geschichte hätte genau so gut in einer beliebigen anderen Stadt spielen können, was ich ausgesprochen schade finde. Etwas mehr Lokalkolorit und Atmosphäre wäre toll gewesen.

    Durch die Fülle an Themen, die sich in der Handlung tummeln, braucht der Kriminalfall etwas, bis er schließlich in die Gänge kommt. Die Holzhammer-Methode, mit der Schlüsselszenen so beschrieben werden, dass auch wirklich dem letzten, extrem unaufmerksamen Leser klar wird, was da gerade passiert, führt leider auch dazu, dass die Story selbst sehr durchsichtig ist. Schade, denn nachdem mir die Figuren nach etwa der Hälfte des Buches endlich einigermaßen sympathisch wurden, wäre ein Plottwist eine nette Überraschung gewesen. Wobei ich zugeben muss, dass mir das Ende ausgesprochen gut gefallen hat. Tatsächlich zieht die Geschichte im letzten Drittel deutlich an, so dass ich am Ende das Buch doch einigermaßen zufrieden weglegen konnte. Da nicht alle Fragen geklärt wurden, kann ich mir durchaus vorstellen, das weitere Bände folgen werden.

    Fazit: Kein echtes Highlight, aber ein solider Krimi, der durchaus Potential als Reihenauftakt hat. Ich bin einem Folgeband jedenfalls nicht abgeneigt!

  • Guter historischer Roman um Betäubungsmittel mit Krimianleihen



    Meine Meinung:

    In dem historischen Roman spielt der Kriminalfall eher am Rande eine Rolle. Trotzdem habe ich mich bis auf ein paar Längen sehr gut unterhalten gefühlt. Manchmal hatte ich das Gefühl der Autor will zu viel in den Roman packen, etwas weniger wäre hier mehr gewesen.

    Thematisch geht es hauptsächlich um Betäubungsmittel, Abtreibungen und um die nicht existente Selbstverwirklichung von Frauen zu der damaligen Zeit.


    Besonders sympathisch finde ich das taffe Hausmädchen Sarah, die sehr intelligent ist und nach höheren Zielen strebt, sicher würde sie, wenn sie könnte, ein Medizinstudium anstreben. Doch zu dieser Zeit bleibt das leider den Männern vorbehalten und so versucht sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten wenigstens mehr zu erreichen, als nur ein Hausmädchen zu sein.

    Der Student Will Raven kommt aus ärmlichen Verhältnissen und will sich unbedingt etablieren, auch um seine Mutter, die seit dem Tod seines Vaters auf das Wohlwollen des Onkels angewiesen ist, von dessen Erniedrigungen zu befreien. Will finde ich auch sehr sympathisch und das Knistern zwischen Sarah und ihm ist genau richtig dosiert.


    Die Handlung selbst ist recht vielfältig, wobei ich die Geschichte mit den Schuldeneintreibern oftmals fast schon lästig empfand, hat mir wiederum die Story um die Betäubungsmittel und der allgemeinen Medizin zu der Zeit sehr gut gefallen.


    Auch das Rätsel um den Mörder der Frauen war sehr spannend. Es gab einige Verdächtige und ich konnte gut mit raten.

    Schade fand ich, dass der Schluss dann doch ein wenig weichgespült war.

    Trotzdem freue ich mich schon auf den nächsten Fall von Will und Sarah, der allerdings erst Ende Mai 2021 erscheint. 4/5 Sterne

  • Der dicke Schmöker ist mir unlängst in die Hände gefallen, und siehe da: Er hat mir einige überaus vergnügliche Lesestunden bereitet. Die Geschichte ist dicht erzählt, es gibt einen gut konstruierten Spannungsbogen, und der Leser wird gekonnt in die düstere Atmosphäre des grauen und verregneten Edinburgh Mitte des 19. Jahrhunderts hineingezogen.


    Leichter, aber durchaus packender Lesestoff, den ich empfehlen kann.