'Träume aus Samt' - Seiten 001 - 101

  • So, nun bin ich auch endlich dabei. Manchmal läuft alles nicht so, wie man es sich wünscht.


    So lange haben Ruth und ihre Familie gewartet und gebangt, dass sie nach Amerika ausreisen können. Doch nun, als es endlich so weit ist, überwiegen bei Ruth die Zweifel und Ängste. Ich kann das gut verstehen, denn alles Liebgewonnene mussten sie hinter sich lassen und nun wissen sie nicht, wie es weitergehen wird.


    Es ist schrecklich, dass man Menschen in Not so schäbig übers Ohr haut. Aber Karl ist so ein gutmütiger Mensch, der sehr naiv war, als er sich den früheren „Abgang“ vom Schiff gekauft hat. Bei den Fahrkarten fällt er gleich nochmal rein. Doch dann ist er recht rigoros, als er zu Irene fährt, denn die hat ja zuvor schon gezeigt, dass sie ihre Verwandtschaft nicht will. Wenigstens ihre Kinder zeigen sich echt freundlich.


    Dann sind sie in Chicago. Es ist toll, wie die Freunde schon alles vorbereitet haben. Die Dinge aus der Heimat geben ein gutes Gefühl. Dennoch ist da so viel Unsicherheit.

  • Dass sie aber auch auf 2 Betrüger reinfallen zeugt von ihrer Unbedarftheit und dem Glauben an die Menschen.

    Karl war immer ein Mensch, der anderen wohlgesonnen war und es auch von ihnen angenommen hat. Das mag naiv sein, aber es entspricht seinem Charakter. Nun kommen noch die in letzter Zeit gemachten Erfahrungen dazu, die verunsichern und ängstlich machen. Da kann so etwas passieren. Doch es hätte ihm nicht gleich ein zweites Mal passieren dürfen. Ich glaube, dass er durch die Erlebnisse in Deutschland vollkommen den Boden unter den Füßen verloren hat, auch wenn er für seine Familie stark sein will.

    Ich habe das Buch ja schon vor ein paar Tagen gelesen und ich muß sagen, als Fan der Reihe waren mir es fast zu viele Wiederholungen - bis ca. 20 % (beim ebook) und erst dann ging es richtig los.

    Ich finde dass nicht schlimm, denn seit dem letzten Buch ist ja ein Weilchen vergangen. Außerdem soll es ja auch Leser geben, die - aus welchen Gründen auch immer - die Vorgänger nicht kennen.

    Martha hat mich sehr beeindruckt, sie hat sich jetzt gefühlt doch viel besser im Griff als noch in der Zeit in Deutschland.

    Ich fand auch, dass Martha viel Stärke gezeigt hat, hoffe aber, dass sie nicht wieder in ein Loch fällt, falls sich weitere Schwierigkeiten ergeben.

    Überall musste sie sich umschauen, ob nicht irgendwo ein Nazi lauert und nun fühlt man sich sicher und dann ist man bestimmt ziemlich anfällig.

    Erschreckend, wenn man mit diesen Ängsten leben muss.

    Wie abweisend Irene ist, fand ich traurig. Für eine Nacht würde ich immer Leute, die in Not sind, aufnehmen.

    Irene hat einerseits die Schuoldgefühle, die ihr im Weg stehen, andererseits hat sie wohl Angst, dass es länger werden könnte. Auch erscheint mir ihr neuer Mann etwas bestimmend. Das ist zwar keine Entschuldigung für ihr Verhalten, aber vielleicht eine Erklärung.

    Die Anreise nach Chicago war ja wirklich beschwerlich, aber zum Glück haben sie außer Betrügern auch Menschen getroffen, die ihnen geholfen haben.

    Solche Begegnungen braucht man aber auch, denn sonst würde man wirklich verzweifeln.

  • Auch erscheint mir ihr neuer Mann etwas bestimmend. Das ist zwar keine Entschuldigung für ihr Verhalten, aber vielleicht eine Erklärung.

    Da sagst du was. Es ist in dieser Zeit ja nicht unüblich, dass gemacht wurde, was der Mann sagt. Ich hatte auch beim Lesen das Gefühl, dass Irene so unsicher ist, weil sie Angst vor der Reaktion ihres Mannes hatte...

  • Ich fand den ersten Abschnitt schon wieder wunderbar und sehr rührselig. Die paar Wiederholungen fand ich bislang völlig in Ordnung und keineswegs störend oder zu viel.


    Bei Ruth fällt mir besonders auf, dass sie sehr idealistisch dargestellt wird. Ich kann mich über alle vier Bücher hinweg an keinen schlechten Tag von ihr erinnern. Kaum zu glauben bei den vielen psychologischen Belastungen, die sie ertragen musste. Martha scheint ihre Depressionen überwunden zu haben und bei Karl sind auch keine besonders gravierenden Folgen seines KZ-Aufenthalts zu spüren.


    Diese Überfahrten müssen schlimm gewesen sein. Gefühlt dauerten sie ewig, der Tod drohte, die Situation am Ziel war ungewiss und die Schiffe sicherlich auch überfüllt. Dass man in dieser Bedrängnis und Unsicherheit nach jeder scheinbaren Hilfe greift, kann ich nachvollziehen. Das hat wahrscheinlich wenig mit Leichtgläubigkeit zu tun, sondern eher mit Not.

  • Ich glaube damals wurde vieles einfach verdrängt und Totgeschwiegen. KArl spricht ja wohl auch nicht vom KZ und tut so, als hätte das nicht stattgefunden. Und Ruth hatte ja durchaus schon in den Vorbüchern immer mal wieder ihre trotzigen und schlechten Tage, nur dass sie sie in England einfach nicht rauslassen konnte, sie war ja auf die Stelle angewiesen.


    Dass Martha sich von ihren psychischen Problemen so gut erholt hat, fand ich auch bewundernswert. Aber gut, auch da war die direkte Gefahr ja auch gebannt. Ich glaube die Situation in Deutschland, wo man ja jederzeit , auch ohne das man was falsch gemacht hattte, verhaftet werden konnte, hat sie wohl so fertig gemacht. Das ist ja nun weg und die Familie ist beisammen.

  • Jetzt bin ich auch in der Leserunde dabei und ich bin sehr gut in die Geschichte wieder eingetacht. Ich war zwar versucht, noch einmal im Vorgängerband ´die letzten Seiten zu lesen, doch wusste ich, dass das nicht erforderlich sein wird.


    Mir wird aber auch auf den ersten Seiten manches zu oft wiederholt/ erklärt, wie z.B. Tante Inges Bürgschaft/ Verhältnis zu den deutschen Verwandten auf S. 16 und 27.


    Vergessen/ verdrängt hatte ich, die massive Fehlsichtigkeit von Ilse, die hoffentlich nur jetzt so schlecht sieht, weil ihre Brille nicht mehr die richtigen Dioptrienwerte hat. In Ilses Alter, waren es bei mir auch zwei Dioptrien Verschlechterung im Jahr und so kann ich verstehen, wie sie sich fühlt mit zu schwachen Gläsern. Hoffentlich ist es bald möglich, dass sie wieder scharf sehen kann mit neuen Gläsern und den richtigen Werten.


    Sofie und Walter Gompetz sind tolle Freunde, das hat sich ja schon im zweiten Band gezeigt, als sie ihre Wohnung zur Ausreise den Meyers zur Verfügung gestellt haben. Wie schön, dass Meyers nun auch in Chicago eine gut vorbereitete Wohnung für ihr neues Leben beziehen können und die vorausgeschickten Möbel/ Koffer etc. angekommen sind und gut verwahrt wurden.


    Ilse wirkt auf mich viel jünger in ihren Aussprüchen/ Handeln, als eine 15-jährige. Kommt wahrscheinlich aud einer Kombi von jüngster Tochter im Gegensatz zu Ruth, die schnell erwachsen werden musste und organisiert hat; unterbrochener Schulausbildung und damit dem Einfluss von Marthas Unbeholfenheit, die sie in Vorgängerbänden gezeigt hat. Jetzt in dem Buch ist sie anpackend und auch optimistisch.


    Nicht vergessen darf man bei der Geschichte, dass Meyers priviligierte Juden sind, die über die wichtigen finanziellen Mittel noch verfügen, dass sie überhaupt diesen Ausreiseweg sich leisten können.


    Gewundert habe ich mich auf Seite 18 im vorletzten Absatz, dass der fremde Herr, "Ilse auf den Arm nimmt", auch wenn sie sicher durch Entbehrungen weniger wiegt, doch als 15-jährige stelle ich mir das etwas unbeholfen vor. Nimmt er sie vielleicht am Arm....?


    Auf den Seiten 13 und 27 wird jeweils berichtet, von den vorab gekauften Zugfahrtickets nach Chicago, "S. 13: ich habe hier an Bord schon Bahnfahrkarten kaufen können, schnell...nach Chicago", tatsächlich wird der Kauf aber ja erst verhandelt, S. 27: während die Passagiere vom ersten Betrüger eingesperrt sind und auf Seite 36 verlassen die Karten die Hände von Herrn Goldblum.

    Ich gehe sehr stark davon aus, dass der gewiefte Herr Goldblum unter einer Decke mit dem ersten Betrüger steckt und so das doppelte Betrügen und Notlageausnutzen richtig System hat.


    S. 37, letzter Absatz, Satzfehler: Ja, dachte Ruth, es ist es wirklich Zeit.


    So, dann lese ich jetzt mal, was Ihr inzwischen geschrieben habt

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Ilse wirkt auf mich viel jünger in ihren Aussprüchen/ Handeln, als eine 15-jährige. Kommt wahrscheinlich aud einer Kombi von jüngster Tochter im Gegensatz zu Ruth, die schnell erwachsen werden musste und organisiert hat; unterbrochener Schulausbildung und damit dem Einfluss von Marthas Unbeholfenheit, die sie in Vorgängerbänden gezeigt hat. Jetzt in dem Buch ist sie anpackend und auch optimistisch.




    Gewundert habe ich mich auf Seite 18 im vorletzten Absatz, dass der fremde Herr, "Ilse auf den Arm nimmt", auch wenn sie sicher durch Entbehrungen weniger wiegt, doch als 15-jährige stelle ich mir das etwas unbeholfen vor. Nimmt er sie vielleicht am Arm....?

    Vermutlich ist Ilse auch körperlich jünger aussehend als ihre 15 Jahre. Kann ja durch die Entbehrungen der letzten Jahre durchaus sein. Aber ja, mir erschien sie zeitweise auch ziemlich jung in ihrem Denken und Benehmen. Aber das war sie schon in den vorherigen Bänden. Immer die kleine, schutzbedürftige Schwester.

  • Ilse wirkt auf mich viel jünger in ihren Aussprüchen/ Handeln, als eine 15-jährige.

    Diesen Eindruck macht sie auf mich gar nicht. Das Mädchen ist 15 Jahre alt! Da ist man doch noch weit entfernt vom Erwachsensein... Zumindest wenn man noch relativ behütet aufwachsen kann, wie Ilse es konnte. Ruth war das leider verwehrt. Kein Wunder, dass sie da erwachsener rüber kommt.


    Gewundert habe ich mich auf Seite 18 im vorletzten Absatz, dass der fremde Herr, "Ilse auf den Arm nimmt", auch wenn sie sicher durch Entbehrungen weniger wiegt, doch als 15-jährige stelle ich mir das etwas unbeholfen vor. Nimmt er sie vielleicht am Arm....?

    Oder ist damit vielleicht die Redewendung "jemanden auf den Arm nehmen" (= jemanden verulken/veräppeln https://de.wiktionary.org/wiki/jemanden_auf_den_Arm_nehmen ) gemeint? Ich habe die Stelle nicht mehr im Kopf, aber evtl. würde das auch passen.

  • Oder ist damit vielleicht die Redewendung "jemanden auf den Arm nehmen" (= jemanden verulken/veräppeln https://de.wiktionary.org/wiki/jemanden_auf_den_Arm_nehmen ) gemeint? Ich habe die Stelle nicht mehr im Kopf, aber evtl. würde das auch passen.

    Eher nicht.

    Zitat

    "und nun schauen wir nach rechts. Dort ist sie, die Statue of Liberty, die Freiheitsstatue. Sehr ihr sie? Könnt ihr sie sehen?" Er nahm Ilse auf den Arm und trat an die Reling.

    Da er kurz vorher Ilse über den Kopf streicht, schätzt er sie wohl einfach für viel jünger ein.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Der erste Abschnitt war für mich nicht leicht, auch wenn es div. Wiederholungen gab. Ich habe entweder zuviel „nebenbei“ im Kopf oder das lesen des Vorgängers war doch zu lange her.


    Ich habe mich gewundert ‚(und mache es immer noch) das der „weltmännische“ Karl sich von den beiden Betrügern so aufs Kreuz legen lässt. Bisher ist er mir doch als vorsichtig und besonnen in Erinnerung… oder lag es daran, das die Betrüger ihn in englischer Sprache „über den Tisch“ zogen???


    Wenn ich mir die ganze Überfahrt und die Reise nach Chicago durch den Kopf gehen lasse, es muss schon eine enorme Nervenbelastung gewesen sein. Ich habe mir die Kriegsberichte der Schiffsreisen angesehen, das war wohl schon heftig.


    Für mich war es verwunderlich, das die Wohnung bereits eingerichtet war, waren das die Möbel, die vor Ewigkeiten nach USA geschickt wurden oder hat man vor Ort diese Sachen zusammen „geholt“?

  • Für mich war es verwunderlich, das die Wohnung bereits eingerichtet war, waren das die Möbel, die vor Ewigkeiten nach USA geschickt wurden oder hat man vor Ort diese Sachen zusammen „geholt“?

    Ich denke, es sind die Möbel, die Meyers vor der Flucht nach Amerika geschickt haben und einige Tage später kam dann ja auch noch der Container aus England an. Meyers hatten ja auch Möbel nach Holland geschickt, vermutlich haben sie diese dann sich auch noch nach Amerika schicken lassen. So konnten die Freunde die Wohnung mit den schon länger zuvor in den Staaten eingetroffenen Möbeln und denen aus Holland vorerst einrichten und Meyers bekamen dann ja auch bald die Lieferung der in England aufgegebenen Stücke.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Ah ok. Das spricht wirklich sehr gegen die Redewendung. :D


    Oder er hat sie einfach so unter den Armen gepackt und hoch gehoben? Das ist zwar auch recht intim, aber nicht so grenzüberschreitend.

    Eher letzteres. Und bitte bedenkt die Zeit - es gab keine metoo Debatten - es gab kein darüber Nachdenken, wann Grenzen überschritten werden. Das gab es sehr, sehr lange nicht. Und nicht immer waren bei Handlungen, die uns heute grenzüberschreitend erscheinen, unlautere und sexuelle Absichten der Hintergrund. Mädels waren Mädels, man hat sie hochgehoben, damit sie besser sehen. Wenn das heute jemand macht, muss er mit einer Anzeige rechnen.

    Bitte nicht falsch verstehen - ich bin auch schon sexuell belästigt worden. Ich habe auch schon Klapse auf den Po bekommen, bin gekniffen worden, von unangemessenen Sprüchen ganz zu schweigen. Aber nicht immer ist etwas schlimm oder schlecht gemeint und im Moment sehe ich ein großes Ungleichgewicht und eine Unsicherheit - was ist noch okay, was nicht? Vermutlich muss das Pendel nun erst einmal in die andere Richtung ausschlagen, bis sich das einpendelt. Ich hoffe bloß, dass wir dadurch nicht eine durchgehend amerikanische Prüderie bekommen.

  • Ich denke, es sind die Möbel, die Meyers vor der Flucht nach Amerika geschickt haben und einige Tage später kam dann ja auch noch der Container aus England an. Meyers hatten ja auch Möbel nach Holland geschickt, vermutlich haben sie diese dann sich auch noch nach Amerika schicken lassen. So konnten die Freunde die Wohnung mit den schon länger zuvor in den Staaten eingetroffenen Möbeln und denen aus Holland vorerst einrichten und Meyers bekamen dann ja auch bald die Lieferung der in England aufgegebenen Stücke.

    Genau so war das!

  • Endlich findet die Reihe ihren Abschluss, ich war so gespannt nach dem dritten Teil, ob und wie die Meyers wohl nach Amerika kommen, ob dort alles gut geht und sie sich einleben.


    Die Reise auf dem Schiff - der Gedanke, dass U-Boote der Deutschen auf Passagierschiffe schießen könnten, war sehr bedrohlich. Wie gut, dass nichts passiert ist.


    Und dann die Geschichte mit der Vorzugsbehandlung beim Anlanden - ich hatte Gänsehaut und konnte fast nur mit einem halben Auge lesen, weil ich so Angst hatte, dass was Schlimmes passieren würde. Was für Verbrecher, die die Lage der Flüchtlinge ausnutzen.

    Und dann endlich Chicago, wie schön, dass Sophie und Walter für die Meyers da sind, das war so ein wärmendes Gefühl, als endlich die Gefahren und Unwägbarkeiten der Reise geschafft waren und sie durch den Duft der Wäsche ein Heimatsempfinden haben konnten.


    Mich hat dieser erste Abschnitt schon viel Nerven gekostet, ich habe mitgefühlt und mitgelitten, als wäre es meine Familie gewesen.


    Ruth ist unfassbar stark und vernünftig, bewundernswert. Aber auch alternativlos. Ob sie jemals wieder unbeschwert und ausgelassen sein kann? Z.B. S. 82 zeigt ja, dass auch sie Angst hat, aber sie hat keine Chance, schwach zu sein, sie hält die Familie aufrecht.

    Das Bild mit dem Rücksack (S. 80 ) der Erfahrungen fand ich wunderbar, ganz großartig beschrieben. Man hat ihn immer dabei, man kann ihn irgendwann zur Seite stellen, aber er bleibt bei einem.