Shaun Usher (Hrsg.): Letters of Note – Katzen. Bemerkenswerte Briefe, OT: Letters of Note – Cats, diverse Übersetzer, München 2020, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN 978-3- 453-27245-3, Hardcover (Leinenoptik), Lesebändchen, 206 Seiten, Format: 9,5 x 1,3 x 14,7, Buch: EUR 12,00 (D), EUR 12,40 (A), Kindle: EUR 9,99.
Fangen wir am besten mit der Vorstellung des Herausgebers an, weil dadurch schon das Konzept des vorliegenden Buchs klar wird:
Shaun Usher, der mit seiner Familie in Manchester lebt, ist Autor und alleiniger Betreiber der Blogs lettersofnote.com, listsofnote.com und speechesofnote.com. Hierfür durchforstet er die Archive dieser Welt nach faszinierenden Briefen, ungewöhnlichen Listen und inspirierenden Reden. LETTERS OF NOTE war sein erstes Buch, das gleich ein Weltbestseller wurde.
27 Briefe über Katzen
27 höchst unterschiedliche Briefe, in denen es um Katzen geht, hat Shaun Usher hier gesammelt. Das älteste Schreiben ist von 1745, das neueste von 1988. Manche Verfasser oder Empfänger sind bekannt wie z.B. Jack Lemmon, Walter Matthau, Anne Frank, Charles Dickens, T.S. Eliot, Elizabeth Taylor, Charles Darwin, Raymond Chandler oder Florence Nightingale.
Andere Namen sagen vermutlich nur Insidern etwas, aber das macht nichts: Jedem Brief(ausschnitt) steht ein einleitender Text voran, der kurz erläutert, wer hier warum an wen schreibt. Deswegen hat man am Schluss das Gefühl, nicht nur eine Menge über verschiedene Katzenschicksale gelesen, sondern auch Einblick in viele verschiedene menschliche Biographien erhalten zu haben. Das kleine Büchlein, das nur ungefähr so groß ist wie ein Smartphone, bietet eine erstaunliche Fülle an Information und Unterhaltung.
Wer hätte gedacht, dass der Erfinder Nikola Tesla seine lebenslange Faszination für die Elektrizität einer Beobachtung in seiner Kindheit verdankt – und seinem Kater Macak. Keine Sorge: Auch wenn es hier um Strom geht, dem Kater ist nichts passiert!
Humorvoll und herzerwärmend
„Irgendwann, so hoffe ich, werde ich Katzen mit Schlangen kreuzen können. Die häuten sich nämlich selbst – zweimal jährlich. So könnte ich mir die Arbeitskosten für das Häuten sparen und hätte zwei Felle pro Katze.“ (Seite 36) – Zum Glück ist Jack Lemmons Geschäftsidee von der „Katzenranch“ nur ein Jux, der seinen Schauspielerkollegen Walter Matthau zum Lachen bringen sollte. Matthau hat das sicher gleich richtig verstanden. Die beiden kannten sich ja lange und gut.
Die Leser*innen der Zeitschrift THE MIDWIFE dagegen werden anno 1751 nicht sofort gewusst haben, was sie von der Zuschrift einer gewissen Mary Midnight halten sollten. Die Dame schildert darin in allen Einzelheiten ein kurioses Musikinstrument, bestehend aus lebenden Katzen. Dass die „Katzenorgel“ nur parodistischer Unfug ist, den sich der englische Dichter Christopher Smart ausgedacht hat, konnten sie ja nicht wissen. Es werden doch nicht Aktionen wie diese gewesen sein, die dann für Smarts späteres Schicksal verantwortlich waren?
Herzerwärmend ist die „Gebrauchsanweisung“, die Florence Nightingale einem Kater mitgibt, den sie in gute Hände weitervermittelt hat und auch der Brief des Landschaftsarchitekten Frederic Law Olmsted an seinen kleinen Sohn, in dem er ihm anschaulich erklärt, warum er ihn den Familienhund Quiz nicht an den Urlaubsort nachschicken könne: Quiz müsse daheim bleiben und verhindern, dass zu viele fremde Katzen aufs Grundstück kämen. Wie der Vater die Zustände beschreibt, die ohne den Hund zu Hause herrschen würden, das ist zu köstlich!
Traurig, makaber und mysteriös
Mysteriös ist der Vorfall, den der Autor Robert Southey einem guten Freund beschreibt. Was bewog den neuen Kater im Haus, Zombi, zu seinem rätselhaften Tun? – Ein bisschen makaber ist die „Ode auf den Tod der geliebten Katze in einem Goldfischbecken“. Die „Horrorgeschichte“, die Jane Welsh ihrer Freundin Katherine erzählt, ist eigentlich gar nicht gruselig, sondern der alltägliche Wahnsinn im Zusammenleben mit Katzen. Da gibt’s schon mal Verkettungen unglücklicher Umstände – und bedauernswerte Sachschäden.
Traurig wird es immer dann, wenn jemand seinem Briefpartner vom Tod eines vierbeinigen Hausgenossen berichten muss, oder wenn ein Tier verschwunden ist wie Elizabeth Taylors Kater Cassius.
Kartoffeln mit Aroma und ein Skandal
Missgeschicke, die nur dann lustig sind, wenn sie anderen passieren, gibt’s hier natürlich auch: Wenn die Katze auf dem Dachboden neben das Katzenklo pieselt und die Kartoffeln in der Wohnung darunter ein ungewöhnliches Aroma annehmen ... oder wenn der Kater In die Kleenex-Box k*ckt und der verschnupfte Hausherr dies zu spät bemerkt.
Liebe, Freude, Trauer, Albernheiten ... in diesem kleinen Buch steckt eine große Bandbreite menschlicher Gefühle. Sogar einen Skandal beinhaltet es: Dass die Dichterin Anna Seward die anspielungsreichen Liebesbriefe veröffentlichte, die sie mit dem Arzt und Philosophen Erasmus Darwin ausgetauscht hat, ging den Familien doch zu weit. Auch wenn die Briefe im Namen von Annas Katze an Darwins Kater ging – und umgekehrt. Im Jahr 1780 sah man so etwas noch ziemlich eng.
Viel Unterhaltung im kleinen Format
Ich fand das Buch amüsant, abwechslungsreich und inspirierend. Mit dem einen oder anderen Briefeschreiberwerde ich mich wohl ein bisschen näher beschäftigen. Das Büchlein ist auch ein nettes Geschenk für eine*n Katzenfreund*in. Es ist aber wirklich nicht groß. Beim Bestellen hatte ich nicht auf die Größenangabe geachtet und war überrascht vom handlichen „Handy-Format“.
Im Anhang gibt’s zu jedem beteiligten Übersetzer/jeder Übersetzerin eine kleine, humorvolle Vita, die auch darüber Auskunft gibt, wie die Person zu Katzen steht. Mit einer Übersetzung beteiligt sind: Kirsten Borchardt, Timo Blunck, Gunter Blank, Wulf Dorn, Marcus Jensen, Karl-Uwe Keup, Kristof Kurz, Thomas Krüger, Conny Lösch, Kirsten Naegele, Markus Naegele, Claudia Voit und Hans Wollschläger.
ASIN/ISBN: 3453272455 |