Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 23.08.2020)

  • Francois Villemin öffnete die Tür zum Anatomischen Theater, das ihm die Universität Tours für seine Vorlesung zur Verfügung gestellt hatte, und bat die Studenten, Platz zu nehmen.

    "Ich heiße Sie herzlich willkommen", sagte er, stellte seinen Laptop auf dem Schreibtisch ab und schloss ihn an den Beamer an.

    Der beigefarbene Wollanzug, die schmale Silhouette, sein kahler Schädel und sein gepflegter weißer Bart verliehen ihm das Aussehen eines schottischen Schauspielers.

  • Rieke


    "Hier, Schatz, wie findest du die?" Aufgeregt tippte ich mit dem Finger auf den Angebotsprospekt eines Einrichtungshauses, um meinen Freund auf die traumhaft schöne Tapete darin aufmerksam zu machen. Basti hob den Blick von seinem Smartphone und seufzte: "Ach Rieke. [...]"


  • Arne Rönning mochte die Novemberfunkelheit nicht, sie drückte auf seine Stimmung und er bekam Schlafstörungen, doch sowie es in den Dezember überging, besserte sich seine Laune wieder. Nin war es allerdings Mitte November, und draußen schüttete es.

    Er wandte sich vom Fenster ab und betrachtete das dunkelhaarige Mädchen, das am Rand seines Schreibtisches saß: seine Tochter Olivia, zwölf Jahre alt.


  • Ab und zu blieb ich am Tresen sitzen, aber ich wollte nicht, dass der Barmann glaubte, ich bräuchte was zum Reden. Ich saß in einer Ecke in der Nähe eines Fensters, und er kam immer wieder vorbei, beiläufig, um leere Gläser einzusmmeln, und dann fragte er mich, ob ich noch was trinken wolle oder wie ich dazu stand, dass Deutschland Brasilien so dermaßen in den Boden gerammt hatte, oder dazu, dass Gareth Brooks jetzt doch nicht im Croke-Park-Stadion auftrat. Ich versuchte, mir mich aus seiner Warte vorzustellen.

  • Er kam zu Fuß. Wie eine Fata Morgana erschien er zwischen den flirrenden Hitzewogen auf der Straße, die sich bis zu unserem Tor wand. Ich beobachtete ihn aus dem Schatten unserer geschlossenen Veranda heraus.

    Geht mir genauso wie tweedy39 . ;) Viel Spaß mit dem Buch!

    Aktuelle Lektüre: Das Eulenhaus - Agatha Christie | Todesspur - Andreas Gruber
    SUB: 101

    tweedy39 gefällt das.
  • Die Luft in dem überfüllten Raum schien zu kochen. Hunderte gingen hinein, doch über tausend waren gekommen, sodass sich draußen vor den Türen immer mehr Menschen drängten, die auf Zehenspitzen versuchten, jedes Wort der erstaunlich kleinen Rednerin zu hören. Sie lief auf der Bretterbühne hin und her und unterstrich ihre Sätze mit energischen Gesten.


    Aktuelle Lektüre: Das Eulenhaus - Agatha Christie | Todesspur - Andreas Gruber
    SUB: 101

    Estha, Rouge, Lupus und einem weiteren gefällt das.
  • Sie hörte erst zu schreien auf, als sie starb. In diesem Augenblick begann der andere Schrei.

    Der Junge, der im Wald Kaninchen jagte, war sich nicht sicher, ob es der letzte Schrei der Frau oder der erste des Kindes war, der ihn aufmerksam machte.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

    Estha, Ayasha und Rouge gefällt das.
  • Eilean Choaridh, Loch Eriboll, Sutherlandshire, Nordschottland


    Der weiße Hengst spähte mit aufgesperrten Nüstern durch den sich auflösenden Nebel. Seine Muskeln zitterten vor Anstrengung, als sein Vorderhuf endlich Boden fand, er wieder stehen konnte. Seine Rippen hoben und senkten sich unter der Last des bewusstlosen Mädchens.


    Lesen ist ein grosses Wunder

    Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

    Estha, Rouge und Lupus gefällt das.
  • Den Namen "Wyatt Speeks" in meinem Posteingang zu sehen war wie ein Schlag in die Magengrube. Alles stürzte wieder auf mich ein: der entsetzliche Anruf, die Fassungslosigkeit, das Bild meines Bruders, erfroren in der arktischen Eiswüste. Ich klappte den Laptop zu, setzte ein schwaches Lächeln auf.


  • Vorstellung bei Hofe

    *Der Stolz der Familie*


    In jeder Ballsaison kommt eine Zeit, in der die ersten Gesellschaften hinter uns liegen und wir unsere Einschätzung überdenken müssen. Manche Debütantinnen, die in den Tagen vor ihrer Vorstellung bei Hofe so vielversprechend erschienen, haben ihren Glanz bereits eingebüßt, während andere uns überraschen wie eine Knospe, die zunächst kämpfen muss, aber dann zu einer prächtigen Blüte aufbricht. Jetzt treten diese Mädchen in die erste Reihe und beweisen, was das Außerordentliche der Ballsaison ist: Jede Debütantin kann brillieren, wenn sie nur Stärke und Glück auf ihrer Seite hat.


    Lesen ist ein grosses Wunder

    Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

    Estha, Rouge und Lupus gefällt das.
  • Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus. Die Stadt Corinne lag hinter ihm, mit ihren Spielhöllen, Saloons und Bars voll wütender Männer. Vor nicht einmal zwei Stunden hatte Ming einen Mann getötet, und schon wichen die Erinnerungen daran dem Feuer der Fantasie.