Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 23.08.2020)

  • Es war zehn nach fünf an einem eisigen Dezembernachmittag. Joshua Kane lag auf seiner Pappe draußen vor dem Strafgerichtsgebäude in Manhattan und dachte daran, jemanden zu ermorden. Nicht irgendjemanden.


  • "Bedric! Oh mein Gott, Bedric, komm schnell, es ist so furchtbar..." Bedric ließ die Sense sinken, und als er sich umwandte, sah er seine Schwester mit fliegenden Zöpfen auf sich zulaufen, die Hände in die Höhe gereckt, als wolle sie den Himmel anflehen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Wangen nass von Tränen, aber erst als er das Blut auf ihrem Rock sah, spürte er einen heißen Stich der Angst in der Magengegend.


  • Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern. Da ist es vielleicht kein Wunder, dass ich auch ein Mann mit zwei Seelen bin. Ich bin kein missverstandener Mutant aus einem Comicheft oder Horrorheft, obwohl mancher mich als solcher behandelt hat.

  • Die Patientin lag ausgestreckt auf dem OP-Tisch, die Hand- und Fußgelenke mit Lederriemen fixiert. Ein greller Scheinwerfer erleuchtete den Tisch, während der übrige Raum in tiefe Dunkelheit getaucht war. Die Frau hatte die Augen weit aufgerissen, doch der Knebel in ihrem Mund erstickte ihre Schreie, als eine Krankenschwester ihren Kopf in einer Vorrichtung platzierte, die jede Bewegung unterband.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Manchmal denke ich, daß ich nicht sie erklären muß, sondern mich, mein Interesse an ihr, das so spät, fast sechs Jahre nach ihrem Tod, wieder in mir erwacht ist. Doch vielleicht muß ich erst vom Vergessen sprechen, das gewaltsam als Abwendung und Trennung begann und dann allmählich in Beruhigung überging. Ich habe immer weniger, immer flüchtiger an sie gedacht und irgendwann dann nicht mehr.


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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Der Mann, den alle nur als Jotun kannten, schritt zielstrebig durch den morgendlichen Nebel, den Kragen seiner Kapitänsjacke hochgeschlagen und einen Schal locker um Hals und Mund geschlungen. Sein Atem bildete eine weiße Wolke in der kalten Luft.

    Plötzlich blieb er stehen und lauschte.


  • Der erste Sommer ohne Störche war ein Zeichen, und als im Herbst die Stichlinge mit weißen Bäuchen in der Mergelgrube trieben, war das auch ein Zeichen. "De Welt geiht ünner", sagte Marret Feddersen und sah die Zeichen überall. Die alten Ulmen starben einen Sommer später, am Westerende, wo sie seit hundert Jahren Ast in Ast gestanden hatten.


  • Hercule Poirot betrachtete die junge Frau, die eben in sein Zimmer geführt wurde, mit Interesse und Wohlgefallen.

    In ihrem Brief hatte nichts Genaues gestanden, lediglich die Bitte, ihn aufsuchen zu dürfen, ohne dass der Grund für ihren Besuch genannt worden wäre. Es war ein kurzes, geschäftsmäßiges Schreiben gewesen.


  • Ein ganzer Baumstamm loderte auf einer Unterlage von Kohlenglut im offenen Kamin. Durch die grünlichen, bleigefassten Fensterscheiben sickerte das spärliche Licht eines Märztages.

    Königin Isabella, die Gemahlin Eduards II. von England, sass auf einem hohen Eichenstuhl, über dessen hohen Rückenlehne die drei englischen Löwen emporragten.

  • Hercule Poirot betrachtete die junge Frau, die eben in sein Zimmer geführt wurde, mit Interesse und Wohlgefallen. In ihrem Brief hatte nichts Genaues gestanden, lediglich die Bitte, ihn aufzusuchen zu dürfen, ohne das der Grund für ihren Besuch genannt worden wäre. Es war ein kurzes, geschäftsmäßiges Schreiben gewesen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Hercule Poirot betrachtete die junge Frau, die eben in sein Zimmer geführt wurde, mit Interesse und Wohlgefallen.

    In ihrem Brief hatte nichts Genaues gestanden, lediglich die Bitte, ihn aufzusuchen zu dürfen, ohne das der Grund für ihren Besuch genannt worden wäre. Es war ein kurzes, geschäftsmäßiges Schreiben gewesen.


    Annabas und Regenfisch - ich reih mich mal in die Runde ein. ;)

  • Wenn mir vor ein paar Jahren jemand erzählt hätte, dass ich in meinem Leben noch mal irgendwas veröffentlichen würde, wo "If you believe" draufsteht, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt. Klar, der gleichnamige Song war Ende der Neunziger mein Durchbruch als Sänger. Er war europaweit ein Hit, in Italien 10 Jahre lang die Werbemelodie für Nutella, und es kommen heute immer noch die unterschiedlichsten Leute zu mir, die sagen: "Mann, 'If you believe' war 'ne krasse Nummer, ein echt geiler Song."

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Beispielsweise habe ich "es" dir nie offiziell gesagt. Ich kam einfach mal geschminkt zum Kaffee, mit einer Schachtel Lindt&Sprüngli (der mittelgrossen, nicht der kleinen wie üblich), oder dann später in einem Rock zum Weihnachtsessen. Ich wusste, oder nahm an, dass Mutter es die gesagt hatte.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Eine kleine Station an der Strecke, welche nach Russland führt.

    Endlos gerade liefen vier parallele Eisenstränge nach beiden Seiten zwischen dem gelben Kies des breiten Fahrdammes; neben jedem wie ein schmutziger Schatten der dunkle, von dem Abampfe in den Boden gebrannte Strich.

    Hinter dem niederen, ölgestrichenen Stationsgebäude führte eine breite, ausgefahrene Straße zur Bahnhofsrampe herauf.


  • "Sind wir bald da?"

    Mit der glimmenden Zigarre im Mundwinkel sah Johnny in den Rückspiegel. Er liebte seine Kinder, aber Felix, der gerade acht geworden war, konnte wirklich eine Nervensäge sein.


  • In der Regel bekommen wir die Leichen nicht zu sehen, wenn sie ganz frisch sind. Jedem modernen Polizisten wird eingebläut, dass seine oberste Pflicht - nach dem Schutz von Leib und Leben - darin besteht, den Tatort vor Verunreinigungen zu bewahren. Das heißt, die erste Kollegin vor Ort lässt niemanden durch, außer der Mordkommission.


  • Obwohl die Tür geschlossen war, türmte sich ein schmaler Streifen Sand auf den abgenutzten Bodendielen auf und schob sich zentimeterweise in den zugestellten Korridor hinein. Sand fand immer einen Weg, und es war ein müßiges Unterfangen, diesen ständig zu entfernen. Sie hatte es aufgegeben, bevor sie jemals damit anfangen hatte.


  • Obwohl die Tür geschlossen war, türmte sich ein schmaler Streifen Sand auf den abgenutzten Bodendielen auf und schob sich zentimeterweise in den zugestellten Korridor hinein. Sand fand immer einen Weg, und es war ein müßiges Unterfangen, diesen ständig zu entfernen. Sie hatte es aufgegeben, bevor sie jemals damit anfangen hatte.


    Ich war grad ganz irritiert, weil ich genau diese Zeilen vor kurzem doch schon mal gelesen hab. :chen (Vielleicht les ich das auch als nächstes, mal sehen.)