Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 23.08.2020)

  • Eine Bewegung im Unterholz, und heraus stob ein Fasanenhahn. Unwillkürlich verfolgte der größere der beiden Wildhüter die flache Flugbahn des Vogels mit dem Lauf seines Gewehrs, eine fließende, rhythmische Bewegung, die den erstklassigen Schützen verriet. Sein Gefährte dagegen hielt den Blick aufmerksam auf das Gehölz gerichtet.


  • Es war keine Flucht, aber ich muss zugeben, dass ich erleichtert war, das enge Tal nach zwei Monaten endlich zu verlassen. Am Anfang war ich noch ein paarmal auf die Hügel der Umgebung gestiegen, um etwas Aussicht zu haben, aber selbst von da oben sah man nur noch höhere Hügel und bewaldete Berge. Und nachdem Anfang Dezember das Wetter umgeschlagen und der Schnee gekommen war, war ohnehin nicht mehr daran zu denken, abseits der gepflügten Straßen weiterzukommen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Staub und Moder lagen in der stickigen Luft.

    Der rauchige Geruch von Feuer war allgegenwärtig und Alas rannte durch einen dunklen Gang unterhalb von Yl.

    Schwer atmend folgte er seinem Führer eine steile Treppe hinauf, trat durch eine versteckte Tür und fand sich in einem fast leeren Raum wieder.


    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Vermutlich wissen Sie, dass Mr Keg Trumpet, der normalerweise für uns in die Rolle des Weihnachtsmanns schlüpft, derzeit bei polizeilichen Ermittlungen hilft. Dabei geht es um die Frage, wie 150 Videorekorder in seine Schrebergartenhütte gelangen konnten.

    Dadurch fehlt uns leider ein Weihnachtsmann für das diesjährige Weihnachtsgeschäft.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

  • Der Betrüger benutzte den Namen eines tatsächlich existierenden Juniorprofessors für Amerikanistik der Portland Staate University, der in Kürze zur Promotion nach Stanford wechseln würde: Neville Manchin. In seinem Schreiben, das einen perfekt gefälschten Briefkopf der Universität trug, stellte sich "Professor Manchin" als angehender Spezialist für F. Scott Fitzgerald vor, der sich darauf freue, im Rahmen einer geplanten Reise an die Ostküste die Originalmanuskripte und -schriften des berühmten Autors einsehen zu dürfen. Adressiert war der Brief an Dr. Jeffrey Brown, Leiter der Manuskriptsammlung, Abteilung für Sammlungen und Rara, Firestone Library, Princeton University.


  • Für Mord gab es immer ein Publikum.

    Die Menschen zeigten Entsetzen oder Schadenfreude, Sarkasmus oder stille Trauer, stets aber waren sie von diesem ultimativen Verbrechen derart fasziniert, dass es sowohl in der Realität als auch in der Fiktion regelmäßig ein ergiebiges Thema war.

    Über die Jahrhunderte hinweg hatte man mit Mord die Theater zuverlässig bis an den Rand gefüllt.


    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • "Ach, du liebe Güte", seuftzte die schmächtige alte Dame beim Anblick der hohen Stufen, die es zu besteigen galt, um in den Eisenbahnwagen zu gelangen; ihre gebrechliche Zierlichkeit, ihr halb humoristischer, halb verzweifelt-hilfloser Ausdruck machten aus diesen drei einfachen Stufen ein Hindernis ersten Grades, eine uneinnehmbare Festung, ein unbezwingliches Gebirge. Selbst der Pullmanschaffner spürte etwas davon, und mit einem fröhlich-verlegenen "Entschuldigen die Dame-" unterstützte er sachte das zierliche Leichtgewicht am Ellbogen und hob es behutsam hinauf. Ein Offizier, der auf der obersten Stufe stand, wandte sich um, erkannte Mrs. Ambros und half ihr vorsichtig in den Wagen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • München: Hauptstadt des Königreiches Bayern.

    Dies ist kein historischer Roman, auch wenn der Hintergrund stimmt und einige der erwähnten Personen wirklich damals dort lebten, wie König Ludwig II. ganz zu Anfang seiner Regentschaft oder sein Ministerpräsident Ludwig von der Pfordten.

    Manches unterscheidet sich aber von der uns überlieferten Historie.


    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Den Kopf gesenkt, den Körper in eine warme Wolldecke gewickelt, saß Gustav Mahler auf dem eigens für ihn abgetrennten Teil des Sonnendecks der Amerika und wartete auf den Schiffsjungen. Das Meer lag grau und träge im Morgenlicht. Nichts war zu sehen außer dem Tang, der in schlierigen Inseln an der Oberfläche schwamm, und einem überaus merkwürdigem Schimmern am Horizont, das aber, wie ihm der Kapitän versichert hatte, absolut nichts bedeutete.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Theodor Fontane ist durch Brandenburg gewandert, mit dem Schiff durch die Seen und Kanäle gefahren, hat Kirchen und Klöster besucht, Schlösser und Katen, und wenn er beschreibt, was er bei diesen Wanderfahrten gegessen hat, so malt er Bilder, die alle Sinne ansprechen: Man riecht das Wasser, wenn der frisch gefangene und gekochte Hecht in seiner Schüssel auf weißem Leinentuch ruht. Man sieht, wie der Schatten der blühenden Kirschzweige auf den Tellern tanzt. Man hört, wie die Wellen gegen die Holzwände des Schiffes schwappen, während an Deck das Frühstück serviert wird.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Würden Sie lieber mehr lieben und dafür mehr leiden oder weniger lieben und weniger leiden? Das ist, glaube ich, am Ende die einzig wahre Frage.


    Sie könnten - zu Recht - einwenden, das sei keine wahre Frage.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin