Gunnar Hinck - Wir waren Maschinen. Die bundesdeutsche Linke der siebziger Jahr

  • Titel: Wir waren Maschinen. Die bundesdeutsche Linke in den siebziger Jahren

    Autor: Gunnar Hinck

    Verlag: Rotbuch

    Erschienen: Mai 2012

    Seitenzahl: 464

    ISBN-10: 3867891508

    ISBN-13: 978-3867891509

    Preis: 4.95 EUR


    Die bundesdeutsch Linke in den siebziger und Ende der sechziger Jahre – ist ein Thema, das bis heute eigentlich nie so richtig verarbeitet wurde. Wer waren die „Linken“? Wo kamen sie her? Wo waren ihre Wurzeln?

    All das arbeitet der Autor akribisch auf.

    Und wenn man seinerzeit selbst Teil der Bewegung war, wenn man seinerzeit ein strammer Linker war, dann hilft dieses Buch wirklich beim Erinnern.


    Es war eine Zeit der Auseinandersetzung mit den Eltern und mit den Ewiggestrigen in der Schule und im Beruf und an den Hochschulen. Der „Muff von 1000 Jahren musste wirklich aus den Talaren“. Es war eine Zeit aber auch von schlimmen Irrtümern und der Suche nach einem „neuen“ Miteinander.


    Wobei es „die Linke“ eigentlich nie gegeben hat. Es haben unzählige linke Gruppen, Parteien und Grüppchen. „Die Linke“ war untereinander hoffnungslos zerstritten denn einen gemeinsamen Weg oder ein gemeinsames Ziel gab es nicht.

    Es gab die „sowjetische Fraktion“ mit den kommunistischen Betonköpfen, es gab die maoistische Fraktion mit ihrem Irrationalismus, es gab die Trotzkisten der IV. Internationale und es gab die Spontis und Stadtguerillas.

    Es gab Dummschwätzer die jeden Tag die proletarische Revolution vor der Tür sahen. Man war dermaßen verbohrt, dass man eben nicht gesehen hat, dass die Menschen, die wirklich gearbeitet haben, für diese Möchtegern-Revolutionäre nur ein müdes Lächeln übrige gehabt hatten.


    Der Autor macht sich auf Spuren der damaligen Wortführer. Es ist interessant, wer das alles beispielsweise beim KBW war – unter anderem Wilfried Kretschmann, heute Ministerpräsident in Baden-Württemberg.


    Anderseits möchte ich diese Zeit in meinem Leben auch nicht missen – habe ich doch sehr viel gelernt und mir wurden so nach und nach die Augen über diese Irrlehren geöffnet.


    Ein wichtiges ein wirklich sehr interessantes Buch über eine Zeit die in diesem Land sehr viel verändert hat. 8 Eulenpunkte.


    Ich gehe mal davon aus, dass an einem solchen Buch, mit dieser Themenstellung kaum Interesse hier bei der Büchereule vorhanden ist. Aber wer weiß – vielleicht ja doch, wurde bei dem einen oder anderen das Interesse geweckt.


    ASIN/ISBN: 3867891508

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Och doch, ich finde daß das sehr interessant klingt.

    Meine bisherigen Beschäftigung mit der Zeit war viel über die RAF zu lesen, wie die sich entwickelte. Das finde ich hochinteressant, da ich die Zeit als Kind ja noch so miterlebt habe - aber eben damals noch nicht soo viel damit anfangen konnte, wie heute.


    Ich guck direkt mal, ob die Bücherhalle das Buch hat.

  • Interessant ist, dass das Buch im Rotbuch-Verlag erschien, der ja auch aus dieser Zeit stammt und anscheinend trotz mehrfachen Besitzerwechsels die aufgeklärt-gesellschaftskritische Haltung behalten hat.

    Wie erklärt der Autor den Titel? Mir fallen alle möglichen Metaphern zu dieser Zeit und dem politischen Engagement ein, aber auf diesen Vergleich wäre ich nicht gekommen. Bezieht sich das auf die Abhängigkeit der marxisitschen Gruppen vom damals real existierenden Sozialismus? Oder ist die Steuerung durch politische Heilsideen linker Provenienz gemeint? Da war aber auch viel Auseinandersetzung und Debatte, gesteuert wie Maschinen habe ich das nicht empfunden.
    Denn auch ich habe in den Endsiebziger Jahren angefangen zu studieren und war im linken Spektrum politisch tätig. Die Bandbreite dieser "Bewegung" war wirklich riesig, und es war bei all seinen Irrtümern ein spannendes Jahrzehnt, in dem die jungen Menschen politischer wirkten als bis noch vor kurzer Zeit. Jetzt hat sich ja durch Klimabewegung wieder einiges getan in der jungen politisch aktiven Szene.

  • finsbury


    Der Titel wird in diesem Buch nicht erklärt. Allerdings weiß ich aus meiner "linken Zeit" (ich gehöre zu den sogenannten Alt68zigern) das man seinerzeit wie Maschinen funktionierte . Alles wurde dem vermeintlichen revolutionären Ziel untergeordnet. Man war, wenn man es genau nimmt, nicht mehr selbstbestimmt.

    Aber die "linke Zeit" war dann bei mir relativ schnell wieder vorbei. Wurde Offizier in der Bundeswehr und habe dann studiert.


    Der Rotbuch-Verlag ist im Laufe der Zeit "liberaler" geworden. Anfangs war man "stramm sozialistisch" aber in späteren Jahren wurde die Verlagspalette vielseitiger.


    Interessant ist vielleicht noch, dass der Autor dieses Buches, Gunnar Hinck" 1973 geboren wurde, also nichts von dem worüber er schreibt, bewusst selbst erlebt hat.


    Ob die jungen Menschen heute wieder politisch aktiver geworden sind bezweifle ich. Es sind einige wenige die sich politisch engagieren. Gerade auch bei der FfF Bewegung ist interessant zu beobachten, dass die Aktivitäten in den Ferienzeiten erheblich heruntergefahren werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Nun, Ende der Siebziger war es sicherlich anders als Ende der Sechziger, und du hast es erlebt, dann weißt du am besten, wie du das empfunden hast.

    Ich erinnere mich an viel politischen Diskurs, auch In Form von Wortstreit, aber man wurde nicht dazu gezwungen, sich einer Meinung unterzuordnen, jedenfalls habe ich das nicht so empfunden. Ich habe mir mehrere Verbände angeschaut, mich für einen entschieden und dafür während des Studiums gearbeitet. Später ist mein Engagement dem Alltag eher zum Opfer gefallen und meine Meinungen zu Aspekten politischen Lebens differenzierter, so dass ich mich heute nicht mehr einer Partei zuordnen würde. Für die gesellschaftspolitische Grundhaltung der sozialen Gerechtigkeit setze ich mich aber auch heute noch ein.

    In den Neunzigern und Zehnern habe ich die Jugendlichen und jungen Menschen als zum größten Teil äußerst unpolitisch empfunden, insofern machen mir einige der heutigen Klimabewegungen schon Hoffnung auf ein wenig mehr Mitmach-Demokratie, auch wenn es noch kein wirklicher Aufbruch ist.