Der Inhalt
Die Ich-Person, ein Bildhauer, der nicht mit Namen genannt wird, blickt nach dem Tod seiner Ex-Frau Olga zurück auf die Beziehung mit ihr und versucht zu analysieren, warum und woran diese Beziehung zerbrochen ist.
Schon ihre erste Begegnung ist schicksalshaft: Die Ich-Person wird, als er aus dem Süden des Landes nach Amsterdam trampt, von einer rothaarigen Frau – Olga - mitgenommen und schon rasch kommt es zu einer Knutscherei in deren Auto, mit schmerzlichen Verlauf, aber darüber will ich nichts weiter erzählen (ich sag nur Reißverschluß :grin).
Kurz und gut – die beiden bekommen ein Verhältnis, heiraten schließlich sogar.
Den Rest müßt ihr selber lesen.
Der Autor
Zuerst einmal will ich meine Verwunderung zum Audruck bringen, daß man Jan Wolkers noch nicht in Deutschland entdeckt hat. In den Niederlanden ist er immerhin einer der bekanntesten Schriftsteller der Gegenwart.
Zugegeben, jedermanns Sache sind die manchmal sehr unverblümte Ausdrucksweise von Wolkers und seine erotischen Detailbeschreibungen nicht, und vielleicht sind die Niederländer ja poetisch weniger zart beseitet. Hinter Wolkers hartem Kern steckt allerdings eine sehr ausgeprägte Beobachtungsgabe, mit der er schonungslos alles aufdeckt, was ihm in die Quere kommt.
Von Haus aus ist er eigentlich Bildhauer, was man nicht nur in seinen Buchcharakteren zurückfinden kann, sondern auch in der Art und Weise wie er seine Protagonisten und deren Gegenspieler sprachlich aufbaut, oder besser gesagt, modelliert.
Geboren 1925 in Oegstgeest (einem Vorort von Leiden). Studierte Bildhaukunde erst in Leiden, später in Amsterdam und Paris und arbeitet noch heute als Bildhaukünstler. Als Schriftsteller debütierte er 1962.
Obwohl er eine stattliche Anzahl Romane und Kurzgeschichten verfaßt hat, sind meines Wissens nur die folgenden 3 ins Deutsche übersetzt worden:
- Türkische Früchte, 1994 (Original 1969)
- Zurück nach Oegstgeest, 1994 (Original 1965)
- Der Pfirsich der Unsterblichkeit, 1989 (Original 1980)
Er lehnte verschiedene niederländische Literaturpreise ab.
Der Befund
(Nld. Originaltitel “Turks Fruit”)
Warum man den Titel übersetzt hat als “Türkische Früchte” ist mir ein Rätsel, vor allem da dieser “Türkische Honig” (was “Turks Fruit” korrekt übersetzt bedeutet) eine wichtige symbolische Rolle in diesem Buch spielt. “Türkischer Honig” ist nämlich das einzige, das Olga in den letzten Tagen ihres Krankenbettes essen kann und will.
Einfach liest sich das Buch nicht, da es keinen chronologischen Aufbau in welcher Form auch immer aufweist. Die Ich-Person springt kreuz und quer zurück in die Vergangenheit
Wolkers Stil ist gewöhnungsbedürftig und für die Allerprüdesten kann ich nur anraten, das Buch lieber nicht zu kaufen bzw. zu lesen. Denn peinlich genau wie in fast keinem anderen seiner Werke schildert er uns sexuelle Handlungen hautnah und bis ins kleinste Detail. Gleich im ersten Abschnitt werden wir mit einem frustrierten Protagonisten konfrontiert, der sich vor dem Foto der geliebten Olga selbstbefriedigt.
Doch handelt es sich bei diesem Werk keineswegs nur um pornographische Ergüsse. Hinter all den Masturbationsaktionen, der Hurenlauferei und den von Erotik bis Perversion in allen Schattierungen vorkommenden Sexspielen verbirgt sich ein einsamer Mensch, der sich verzweifelt selbst zur Rechenschaft zieht und uns als Leser gleichsam zwingt an dieser Selbstbeschauung teilzuhaben und ein Urteil zu fällen.
Das Buch ist sicher nicht jedermanns Sache, aber mir hat es gut gefallen. Ein Tipp für Abenteuerlustige in Sachen Lektüre, die mal was anders probieren wollen.