'Blackbird' - Seiten 145 - 210

  • Bogi ist immer noch krank und Motte hat große Schwierigkeiten, damit klar zu kommen. Er kann sich nicht immer überwinden, ins Krankenhaus zu fahren, und hat dann ein schlechtes Gewissen deswegen. Ich kann ihn da gut verstehen, ich glaube, mir wäre das in dem Alter und in dieser Situation auch nicht leicht gefallen.


    Dann kommt auch noch der Umzug und auch der nimmt Motte mehr mit, als er gedacht hätte. Was dazu führt, dass er seine ersten Erfahrungen mit Haschisch macht - wenn's nicht so traurig wäre, wäre diese Episode ja schon fast lustig gewesen, wie er da erst gar nichts merkt und dann doch plötzlich völlig high ist. Und wieder ist es Steffi, die ihn aus der Situation rettet, auch noch im Café die Zeche übernimmt und es dann hinnimmt, dass er einfach abhaut.


    Und dann kommt Bogi aus dem Krankenhaus nach Hause - das letzte Aufrappeln, bevor ihn der Krebs endgültig dahinrafft. Das habe ich bei meiner Oma und auch bei meiner Großtante genau so erlebt, dass es auf einmal nochmal besser geht und man hofft schon, dass sie es geschafft haben, und dann ist es doch ganz schnell zu Ende. :-(


    Die Begeisterung über den neuen großen Plattenladen, das fand ich schon irgendwie lustig. Ich war ja nie so der Platten-Sammler, aber ich kann die Freude nachvollziehen, wenn die Jungs jetzt endlich an all die heißbegehrten Scheiben rankommen. Nur der kleine Musikladen hat mir dann doch irgendwie leid getan, wenn ihm durch die große Konkurrenz jetzt die Kundschaft wegbleibt. Das hatte doch einen sehr aktuellen Bezug, auch wenn es heutzutage der Online-Handel ist, der den kleinen Läden den Garaus macht.


    Tja, und dann muss Bogi doch wieder ins Krankenhaus und Motte ist auch noch live dabei, als er stirbt. Das ist für ihn sehr traumatisch - kann ich gut nachvollziehen, v.a. weil es doch eben noch den Anschein hatte, als würde doch alles wieder gut werden. Und so rennt er los und landet bei Bogi zu Hause, wo er die zwei Flaschen Wein holt, die er eigentlich damals, als die Welt noch in Ordnung war, mit Bogi trinken wollte, klaut auch noch ein Fahrrad und fährt los, um seinen Schmerz im Amselfelder zu ertränken.


    Wenn ich so drüber nachdenke, ist Motte trotz seiner Kumpels und seiner Liaison mit Steffi eigentlich doch ganz schön einsam, oder was meint ihr? Mit seinen Eltern geht ja gar nichts mehr, der Vater ist mit der neuen Freundin weggezogen, die Mutter ist mit ihren eigenen Krisen beschäftigt, und von den Freuden scheint keiner nah genug dran zu sein...


    LG, Bella

  • Manche Passagen sind heftig zwiespältig. Gleichzeitig traurig und lustig.

    Einsam ist Motte schon. Ich frage mich so nachträglich, ob nicht die meisten Jugendlichen einsam sind.

    Ich war es sicher. Mit meinen Eltern war nicht zu reden, die Freundinnen waren zwar meist da, meistens aber auch nicht schlauer als ich und so blieb uns oft die gemeinsame Hilflosigkeit.

    Was auch im Buch recht eindringlich beschrieben wird, weil ich die Jungs alle so empfinde.

    Steffi ist die einzige, die schon ein gewisses Selbstbewusstsein aufgebaut hat.

  • Dieses zwiespältige, zwischen extremen Emotionen schwankende Grundgefühl ist ja genau das, was die Pubertät ausmacht. Und ja, auch ich habe mich damals einsam gefühlt und hatte das Gefühl, dass mich eigentlich kaum ein Erwachsener wirklich versteht.


    Steffi ist in ihrer Entwicklung schon weiter, das liegt sicher zum Teil auch daran, dass sie den Schritt von der Schule ins Arbeitsleben schon hinter sich hat. Ansonsten sagt man ja auch, dass Mädchen den Jungs in der Reife etwas voraus sind.

  • Die Begeisterung über den neuen großen Plattenladen, das fand ich schon irgendwie lustig. Ich war ja nie so der Platten-Sammler, aber ich kann die Freude nachvollziehen, wenn die Jungs jetzt endlich an all die heißbegehrten Scheiben rankommen. Nur der kleine Musikladen hat mir dann doch irgendwie leid getan, wenn ihm durch die große Konkurrenz jetzt die Kundschaft wegbleibt. Das hatte doch einen sehr aktuellen Bezug, auch wenn es heutzutage der Online-Handel ist, der den kleinen Läden den Garaus macht.

    Das mit den Plattenläden kenne ich noch so. Da gab es kleine Kabinen, keine Kopfhörer, in denen man sich die Platten anhören konnte. Die Begeisterung, dass es jetzt eben eine ganz andere Auswahl gibt, kann ich gut verstehen.


    Manche Passagen sind heftig zwiespältig. Gleichzeitig traurig und lustig.

    Einsam ist Motte schon. Ich frage mich so nachträglich, ob nicht die meisten Jugendlichen einsam sind.

    Ich war es sicher. Mit meinen Eltern war nicht zu reden, die Freundinnen waren zwar meist da, meistens aber auch nicht schlauer als ich und so blieb uns oft die gemeinsame Hilflosigkeit.

    Ich denke schon, dass die meisten Jugendlichen bezüglich ihrer Gefühle einsam sind. Ging mir auch so, wie Motte schildert, bei ihnen wurde nichts angesprochen, da musste ich schon schlucken. Probleme hatte man einfach nicht zu haben, denn man hatte es doch gut.

    Aber ich glaube es liegt auch daran, dass man sich seiner Gefühle nicht richtig bewusst ist oder sie auch nicht erklären kann. Dann die Scham, die ja bei Motte auch Thema ist, soll ich überhaupt, kann ich da mit jemandem drüber reden?

    Ich denke, Steffi tut ihm gut, die Mutter ist ja eher mit sich selbst beschäftigt, was Steffi ja gut erkannt hat.

  • Ich habe auch zum größten Teil Kassetten gehabt - aus dem Radio aufgenommen. Aber ab und zu hat es für eine LP gereicht - und da habe ich mich in dem Entscheidungsprozess von Motte echt wiedergefunden. Ich habe auch noch sehr viele von meinen Platten hier, wenn ich auch im Moment keinen Plattenspieler habe.

  • Hmm, mein Musikgeschmack war eher rocklastig und ich hatte damals schon eine Schwäche für deutschen Rock und Pop. Hier liegen noch diverse Alben von Rio Reiser, den Toten Hosen und Heinz Rudolf Kunze (den ich heute noch großartig finde und immer wieder gerne live erlebe). International Queen, Bon Jovi, Meat Loaf...


    Aber ab und zu auch Pop - a-ha fand ich zum Beispiel großartig, die Eurythmics, Depeche Mode...


    Und Irish Folk - allen voran die Pogues und die Dubliners.


    Irgendwie ziemlich bunt gemischt.

  • Mein Taschengeld hat für Platten nicht gereicht. Tonband und Kassettenrekorder waren mein Ding.

    Wenn ich nur an die verwickelten Kassetten denke, die ich mühsam mit dem Bleistift gerettet habe. :lache

    Sie Erinnerungen ploppen auch bei mir gerade auf...

    Ich habe übrigens noch einen Schuhkarton voller selbst aufgenommene Kassetten aus meiner Aufnehmzeit:)

    Hübsch mit Vildern aus der Zeitung beklebt und so...Hach:love:

  • So, Abschnitte beendet. Das war echt heftig. Heftig gerade wegen der Holprigkeit und dem totalen Überfordertsein in Mottes Gedanken. Sein Freund stirbt, und er ist auch noch dabei, und er ist allein.

    belladonna Ja, ich finde auch, dass Motte überhaupt sehr allein ist, allein gelassen mit seinem Heranwachsen, dem jetzt alles meistern zu wollen und dem überfordert sein. Steffi finde ich Klasse und mit beiden Beinen im Leben, aber dass sie ihm wirklich nahe kommt, lässt er auch nicht zu oder kann es nicht.

    Mir fehlt hier echt die Präsenz der Mutter. Sie darf auch überfordert sein, das ist menschlich, aber warum ist sie nicht mehr für ihren Sohn da, nicht nur um ihn zu nerven?

    Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich weiß, wie das ist mir jungen Männern in dem Alter, und ich nervte meinen Sohn auch genug, aber wenn er uns brauchte, dann kam er und wir waren da und unterstützten ihn. So einfach ist das, und niemand hat versprochen, dass es leicht ist.

  • Unser Herr Sohn ist sehr verschlossen, aber man kennt sein Kind ja schon ein Leben lang und weiß doch, wo man Zugang findet und wo er erwünscht ist.


    Du hast schon Recht. Es gibt genug Familien, wo das nicht funktioniert. Traurig, und so schade.

  • Mir fehlt hier echt die Präsenz der Mutter. Sie darf auch überfordert sein, das ist menschlich, aber warum ist sie nicht mehr für ihren Sohn da, nicht nur um ihn zu nerven?

    Da hast du schon recht, aber mein Eindruck war eigentlich auch, dass Motte die Fürsorge seiner Mutter nicht wirklich vermisst. Ich glaube, sie tut ihm eher leid mit all ihren Problemen, aber eine wirklich Stütze sieht er in ihr nicht mehr.


    Sicher wäre die Sache mit Bogi eine Chance für die Mutter gewesen, ihrem Sohn wieder näher zu kommen, aber die hat sie wohl verpasst. Und da alles aus der Sicht von Motte erzählt wird, erfahren wir natürlich auch nicht näher, was tatsächlich in der Mutter vorgeht und warum sie so handelt oder nicht handelt.


    LG, Bella

  • Ich denke schon, dass er gerne mehr Nähe hätte. Aber zeigen kann er das natürlich nicht.

    Zudem ist es auch gerade eine Zeit der Abnabelung, des Erwachsenwerdens mit all den seltsamen Folgeerscheinungen.

    Ich stelle mir da immer Stachelschweine vor, die es womöglich auch schwer haben, immer einen guten Abstand und genug Nähe zu finden.

  • Ich habe auch zum größten Teil Kassetten gehabt - aus dem Radio aufgenommen. Aber ab und zu hat es für eine LP gereicht - und da habe ich mich in dem Entscheidungsprozess von Motte echt wiedergefunden. Ich habe auch noch sehr viele von meinen Platten hier, wenn ich auch im Moment keinen Plattenspieler habe.

    Mir fehlt der Plattenspieler auch und ich vermisse es, meine Platten zu hören. Irgendwie kann ich mich aber nicht entschließen, einen anzuschaffen. Ja und die Auswahl war zu manchen Zeiten echt schwierig.

  • Vermisst er sie wirklich nicht? Oder tut er in jugendlichem Draufgängertun und Unverletztbarkeit so?:gruebel

    Ich glaube schon, dass er sie vermisst. In manchen Andeutungen kommt das für mich so rüber. Aber er meint, sie hätte genug zu tun, die Trennung auf die Reihe zu bekommen. Rücksichtnahme auf die Gefühle der anderen, das wurde wohl in der Familie so gehandhabt. Möglicherweise aber auch, um sich nicht näher damit befassen zu müssen.

  • Vermisst er sie wirklich nicht? Oder tut er in jugendlichem Draufgängertun und Unverletztbarkeit so?

    Wie ihr schon sagtet erfahren wir ja nur Mottes Sicht. Ich finde schon, dass er seine Mutter bzw. seine Eltern ihn eigentlich nur "nerven" bzw. lästig sind und er ganz mit seiner Abnabelung beschäftigt ist. Mich erstaunt wirklich, wie es Brandt schafft, dass diese Denke so echt wirkt. Ich finde, diese Mutter, so wie sie Motte schildert, vermisst er nicht sonderlich bzw. er lebt neben ihr her. So, wie es aus seiner Sicht immer schon war.

    Er geht ihr aus dem Weg, wann immer er kann.

    Beim Lesen muss ich abwechselnd lachen und heulen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin