Wolfgang Schorlau & Claudio Caiolo - Der freie Hund
Inhalt:
Zu seiner eigenen Sicherheit wird Commissario Antonio Morello aus Sizilien nach Venedig versetzt, denn in seiner Heimat ist er der Cosa Nostra zu nahe gekommen. Dabei hasst er Venedig, diese Stadt ist ihm zu laut, zu voll, die Luft ist schlecht und die Kanäle stinken. Sein erster Tag im Kommissariat fängt denkbar chaotisch an, er kommt zwei Stunden zu spät zum Termin bei seinem Vorgesetzten und seine zukünftigen Mitarbeiter freuen sich auch nicht gerade auf den aus dem Süden, der einem von ihnen den Posten weggeschnappt hat. Viel Zeit zum Gewöhnen bleibt Morello nicht, denn ein toter Student wird sein erster Mordfall in Venedig. Francesco Grittieri, Anführer der Gruppe "Studenten gegen Kreuzfahrtschiffe" und Sohn einer der ältesten und reichsten Familien Venedigs, wurde erstochen aufgefunden. Wurde der Umweltschützer wegen seines Engagements gegen die Kreuzfahrtschiffe ermordet, deren Liegegebühren viel Geld in die Stadt spülen? Oder war es ein Mord aus Eifersucht? Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, denn auch die Familie des Toten verfolgt Interessen, die Morellos Versuchen, den Mord aufzuklären, zuwiderlaufen. Offenbar steht der Tod des Studenten in Verbindung zu sehr einflussreichen Kreisen ...
Meine Meinung:
Warum ausgerechnet Venedig? Das hatte ich mich gefragt, als ich von dem Buch das erste Mal gehört hatte. Venedig ist für mich "besetzt" durch die Brunetti-Krimis von Donna Leon. Aber da ich Wolfgang Schorlaus Krimireihe um den Privatermittler Dengler kenne und schätze, wollte ich das Buch trotzdem unbedingt lesen. Außerdem habe ich mich gefragt, wie sich die Zusammenarbeit Schorlaus mit dem zweiten Autoren Claudio Caiolo auf Stil und Geschichte auswirkt.
Ich war überrascht über den Humor und die Leichtigkeit, die das Lesen des Buches zu einer echten Freude machen. Die Seiten fliegen nur so dahin und wenn man einmal angefangen hat, fällt es schwer, eine Pause zu machen. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die Spannung von Anfang an auf einem hohen Niveau hält.
Die Figuren sind sehr gut gezeichnet, allen voran natürlich Morello, der Mann aus Sizilien. Seine Geschichte und der Hintergrund, warum er nach Venedig versetzt werden musste, wird gut dargestellt. Nahezu alle Figuren machen während der Ermittlungen an diesem Fall eine Entwicklung durch und es war interessant zu lesen, in welche Richtungen diese gingen. Nicht nur Morello war zu Anfang ein Fremder unter seinen Kollegen, auch die Mitarbeiter selbst hatten untereinander nicht das beste Verhältnis. Es hat wohl Morello und diesen Fall mit all seinen Erfolgen und Rückschlägen gebraucht, um sie zu einem schlagkräftigen Team zu machen. An diesem Buch sieht man mal wieder, was ausgefeilte Figuren bewirken können. Natürlich werden ein paar Klischees bedient, z. B. mit der Figur von Claudio, dem Taschendieb mit dem Herz auf dem rechten Fleck, aber das bewirkt nur, dass man auch zu Figuren, die nicht im Mittelpunkt stehen, schnell einen Zugang findet. (Außerdem kommen Klischees ja von irgendwoher, oder? )
Die Ermittlungen führen zu den Verstrickungen der italienischen Politik mit dem Verbrechen und ich war etwas geschockt, wie weitreichend diese sind. Da hier auch bekannte Namen genannt werden, denke ich, dass die Erkenntnisse der Wahrheit entsprechen, auch wenn sie fast nicht zu glauben sind.
Ich hoffe, dass es noch weitere Bücher um Commissario Morello geben wird! Venedig kann sicher mehrere Krimireihen bestücken, ohne dass die sich gegenseitig etwas wegnehmen.
Klare Leseempfehlung.