Gunna Wendt - Clara und Paula: Das Leben von Clara Rilke-Westhoff und Paula Modersohn-Becker
Inhalt:
Ende des 19. Jahrhunderts verlassen zwei junge Frauen ihre Elternhäuser, und beide haben nur ein Ziel: zu malen. Aber das ist nicht einfach, denn Frauen sind in staatlichen Kunstakademien und den Anatomiestunden nicht zugelassen. Der Unterricht muss also privat finanziert werden - ein Ausbildungsweg, der als nicht ernsthaft betrieben belächelt wird. Die beiden Frauen treffen sich schließlich in Worpswede, werden Teil der dortigen Künstlerkolonie und entwickeln eine tiefe Freundschaft. Die Autorin schildert diese Freundschaft und die Entwicklungen, welche die beiden Frauen durch machen - sowohl im künstlerischen als auch im privaten Bereich.
Meine Meinung:
Ich bin von dem Buch ein bisschen hin- und hergerissen.
Der Anfang hat mir sehr gut gefallen. Ich fand es sehr spannend, wie die beiden Frauen aus ihren unterschiedlichen Familien heraustraten, um Künstlerin zu werden. Clara (Rilke-) Westhoff tat das selbstbewusst und fordernd, was sie in der männlich beherrschten Welt der staatlichen Kunstakademien oft anecken ließ. Die Argumente, warum Frauen hier nicht zugelassen wurden, sind heute lächerlich, aber ich kann mir gut vorstellen, welchen Kampf eine Frau damals ausfechten musste, um überhaupt eine Ausbildung zu bekommen und halbwegs anerkannt zu werden. Paula (Modersohn-) Becker war in dem Punkt zurückhaltender, schaffte es aber auch, ihren Weg zu beschreiten.
Auch die Anfangsjahre in Worpswede, als sich die Freundschaft zwischen den beiden Frauen entwickelte, war interessant zu lesen. In der Künstlerkolonie trafen sich viele namhafte Künstler der damaligen Zeit, und nicht nur Maler. Diese bunte und fröhliche Zeit kann mal als Leser genau vor Augen haben. Aber es wird auch deutlich, wie ernsthaft die beiden "Mädchen in Weiß", wie die Freundinnen genannt werden, an ihrem künstlerischen Werdegang arbeiteten.
Mit dem Auftreten weiterer Personen wird das Buch aber schwieriger zu lesen. Hier beginnen sich dann zu viele Biografien zu vermischen. Natürlich ist es wichtig, Rainer Maria Rilkes Leben vor der Ehe mit Clara Westhoff zu beschreiben, und auch das Leben weiterer Künstler wie Auguste Rodin, bei dem Clara lernen durfte, aber hier verliert das Buch den roten Faden. Es ist zwar immer deutlich, welche Bedeutung ihre Freundschaft für die beiden Frauen hatte, aber sie gerät für mich zu sehr in den Hintergrund.
Immerhin hat das Buch mein Interesse an der damaligen Künstlergemeinschaft in Worpswede geweckt, ich werde mich noch näher mit den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern beschäftigen. Vielleicht schaffe ich sogar mal eine Reise dorthin.