Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Berlin, Sommer 1928. In Bühlers Ballhaus in der Auguststraße, auch »Clärchens Ballhaus« genannt, wird eine Garderobiere ermordet aufgefunden. Clärchen, die Betreiberin, ist schockiert. Zielt der Mord in irgendeiner Weise auf ihr Etablissement? Oder hat der kommunistische Ex-Geliebte der Toten etwas mit der Tat zu tun? Kommissar Leo Wechsler und seine Kollegen ermitteln in einer Welt aus Charleston, Sekt für eine Mark und hemmungslosem Amüsement.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Susanne Goga lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach. Sie ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für ›Mord in Babelsberg‹ und dem Silbernen HOMER für ›Nachts am Askanischen Platz‹.
Allgemeines
Siebter Band der Reihe um Leo Wechsler
Erschienen am 21.02. 2020 bei der dtv Verlagsgesellschaft als TB mit 320 Seiten
Gliederung: Prolog (1922) – 33 Kapitel – Epilog – Nachwort – Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Berlin, im Sommer 1928
Inhalt
Während an einem Samstagabend die Gäste in „Clärchens Ballhaus“ in Berlin tanzen, wird im Hinterhof die Garderobiere Adele Schmidt ermordet. Für Leo Wechsler und seine Kollegen von der Mordkommission ist das ein unerklärlicher Fall, da die junge Frau sehr umgänglich war und keine Feinde hatte. Zunächst vermutet man, dass es eine Eifersuchtstat ihres ehemaligen Freundes sein könnte, jedoch liegt die Trennung schon einige Zeit zurück. Clara Bühler, die Inhaberin des Tanzlokals, weist den Verdacht zurück, es könne sich um eine Tat von Konkurrenten handeln, die dem Ruf ihres Etablissements schaden wollen. Die Ermittlungen treten auf der Stelle, bis Leo erfährt, dass Adele am Tatabend ein Kleid trug, das ihr eine Freundin geschenkt hat – eine Freundin, die nicht auffindbar ist…
Beurteilung
„Der Ballhausmörder“ gibt einen sehr guten Einblick in das Leben der Berliner Bevölkerung während der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Viele Menschen leben unter ärmlichen Bedingungen; diejenigen, denen es besser geht, amüsieren sich bei Sekt und Tanzveranstaltungen im Nachtleben.
In diesem Milieu spielt sich ein Mord ab, für den es kein Motiv zu geben scheint. Das Mordopfer wurde mit Chloroform betäubt, ein Modus Operandi, der auch bei einer Reihe von ungeklärten Sexualstraftaten in Frankfurt und Berlin vorliegt, aber es wurde nicht missbraucht – deshalb scheint es sich um verschiedene Täter zu handeln. Da die Gerichtsmedizin noch in den Kinderschuhen steckt, sind die Ermittler auf möglichst viele Zeugenaussagen angewiesen. Die Ermittlungen gestalten sich dementsprechend schwierig und unspektakulär, sie werden logisch aufgebaut und äußerst realistisch beschrieben. Obwohl die Spannungskurve flach bleibt, ist es sehr fesselnd, zu beobachten, wie Leo Wechsler und seine Kollegen allmählich durch akribische Arbeit aus kleinsten Puzzlestückchen ein Bild zusammensetzen. Die Auflösung ist für den Leser nicht zu früh absehbar, dann jedoch gut nachzuvollziehen.
Die Romanfiguren sind in ihren Charakteren sehr gründlich und differenziert ausgearbeitet. Ihr Privatleben wird nur am Rande zur Sprache gebracht, was es auch Neueinsteigern in die Reihe erlaubt, der Handlung zu folgen.
Neben der Krimihandlung wird auch die sich wandelnde Rolle der Frau thematisiert. Schülerinnen sind an einer guten Schulbildung und einer anschließenden soliden Ausbildung, bzw. einem Studium interessiert und verheiratete Frauen finden es nicht länger selbstverständlich, ab der Eheschließung nur noch Hausfrau zu sein. Sie nehmen sich auch das Recht, sich von ihren Partnern zu trennen, wenn diese ihren beruflichen Ambitionen im Weg stehen – hier setzt sich eine Entwicklung aus den Nachkriegsjahren fort.
Fazit
Eine sehr atmosphärische Schilderung des Lebens im Berlin der 1920er Jahre mit einem gut konstruierten Kriminalfall, fesselnde Unterhaltung ganz ohne reißerische Elemente!
10 Punkte