Poesiealbum 349 – Alfred Grünewald

  • Auswahl von Volker Bühn

    MärkischerVerlag, [Nov] 2019


    Kurzbeschreibung:

    Grünewald – von Beruf Architekt, von Berufung Lyriker – war Anfang des vorigen Jahrhunderts fester Bestandteil der österreichischen Literatur. Zusammen mit Stefan Zweig, Felix Braun u.a. reihte er sich in die „Zweite Generation des Jungen Wien“ ein; als Anhänger der lyrischen Form entzog er sich jedoch dem literarischen Zeitgeist – avantgardistische Sprachzertrümmerung war ihm zuwider. So leistete er verblüffend Originelles und formal Meisterhaftes; die Nazis adelten ihn im Stürmer mit der Prognose, „auch einmal zu den verpönten Autoren“ zu gehören, um ihn wenig später als Juden zu ermorden. — Seine Gedichte aus der Zeit höchster Not offenbaren einen liebevollen, empfindsamen, leicht verletzlichen Menschen.


    Über den Autor:

    Alfred Grünewald (1884 1942) gilt als ein Vertreter der Wiener Moderne im Umkreis so bekannter Namen wie Felix Braun, Franz Theodor Csokor, Alma Johanna Koenig, Ludwig von Ficker und Stefan Zweig. Er wandte sich schon als Student Balladen und Lyrik zu. Später konzentrierte er sich auf Dramen und Aphorismen, die heute noch diskutiert werden. Anfänglich von der Neuromantik angezogen, wechselte er zum Expressionismus, verschloss sich aber den neuen Versformen und hielt an der strengen Form fest.

    Der in Wien geborene Dichter wuchs in einer bürgerlichen Familie auf, studierte Architektur und war Schüler von Adolf Loos. Kurz nach dem Anschluss Österreichs musste er nach Frankreich fliehen, wo er seine literarische Arbeit fortsetzte.


    Mein Eindruck:

    Die Lyrikreihe Poesiealbum des Märkischer Verlag Wilhelmshorst ermöglicht immer wieder mal Wiederentdeckungen fast vergessener Dichter.

    In diesem Band ist es der österreichische Dichter Alfred Grünewald, der zur Zweiten Generation des jungen Wien galt. Er überlebte 1938 das KZ Dachau und emigrierte nach Frankreich. 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert und ermordet.


    Seine Gedichte haben eine Form, die für den Leser von heute ungewöhnlich klingt.

    Man muss sich erst ein wenig daran gewöhnen, dann sind einige der Gedichte wirklich großartig. Nennen möchte ich zum Beispiel das originelle, zweiseitige Gedicht „Vom Alten, der ins Gestern ging“. Darin gehen die Erinnerungen eines alten Mannes immer mehr in die Vergangenheit. Immer mehr seiner frühen Freunde, seine tote Frau und andere stehen für ihn wieder im Leben. Er geht schließlich nicht alleine in den Tod, als es ans Sterben ging.


    Auffällig auch das Gedicht Düsterer Park.


    Zwischen Dickicht dort die schmale Lichtung

    schwindet schon dem Blick. Der Niedrung Kühle

    schauert auf: ein Anhauch der Vernichtung.

    Über dir von Wolken ein Gewühle.



    Alfred Grünewald mied das düstere nicht, dennoch ist er kein Pessimist.


    Erwähnenswert das Cover des Heftes, das eine Farblithographie von Oskar Kokoschka zeigt. Durchaus passend.


    Manche Gedichte enthalten mahnende Worte, z.B. in „Du sollst des eigenen Wahnes Wächter sein“:

    Die Würde sollst du wahren vor dir selbst

    und des Verächtlichen Verächter sein.



    Im Heft steht über Alfred Grünewald: Seine originellen Texte mit ihrem versteckten Humor und der Zartheit ihrer Verse verdienen das Wiederentdecken.


    Dem kann ich mich anschließen!


    ISSN: 1865-5874