Hier kann zu Kapitel 3 - 4 (Seiten 90 – 172) geschrieben werden.
'Unorthodox' - Kapitel 3 - 4
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Die Kellerszene mit Cousin Moshe war natürlich erschreckend. Aber das ist zugegebenermaßen nichts, was außerhalb einer Religionsgemeinschaft nicht auch passiert. Leider.
Einigermaßen positiv überrascht hat mich der Umgang der Familie mit dem Vorfall. Meine Einstellung gegenüber der Gruppe ist schon so negativ, dass ich fest erwartet habe, dass dem Mädchen die Schuld zugeschoben wird. Dass das nicht passiert ist, empfand ich als einen kleinen Lichtblick. Auch wenn ich mir für Deborah einen wesentlich liebevolleren Umgang mit ihr gewünscht hätte.
Es ist schon fast köstlich, wie die beiden Mädchen im Sommerlager von den Sirenen im hohen Gras aufgeschreckt werden und die Aufregung gar nicht verstehen (können). und wie letztlich die Erwachsenen herumdrucksen, weil sie ihre Aufgeregtheit auch nicht erklären wollen.
Gut gefallen hat mir der Abschnitt über Deborahs Erfolg in der Schule, zuerst als Schülerin, dann als Lehrerin. Ich habe mich für sie gefreut, als sie eine gleichgesinnte Freundin gefunden hat. Kaum vorstellbar, dass ein simpler Kinobesuch die beiden Mädchen aufgrund ihrer rigiden Erziehung derart aus der Fassung bringt.
Und obwohl Radios nicht zulässig sind, kauft Zeidi höchstpersönlich nach dem 11. September eins. Regeln sind dehnbar...
Mich hat auch der Abschnitt über Deborahs Mutter sehr interessiert, die Frage hat sich ja schon im ersten Leseabschnitt gestellt. Sie hat also die Gemeinschaft verlassen. Es wird nicht explizit gesagt, aber sie hatte vermutlich gar kein "Recht" (nach den Regeln der Gemeinschaft), die Tochter Deborah mitzunehmen. Ob sie überhaupt gewollt hätte, wird gar nicht gesagt. Nach den Umständen bezweifele ich es, vermutlich hatte die Mutter zunächst mehr als genug damit zu tun, für sich selbst zu sorgen. Ich bleibe gespannt, ob sich Mutter und Tochter später treffen.
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Ich muss gestehen, dass ich zur Zeit nicht voran komme.
Das liegt nicht am Buch sondern an dem unmenschlichen Stress im Büro, der meine ganze Energie frisst.
Aber ich hoffe, dass es demnächst auch bei mir weitergeht, da mich die Geschichte von Deborah wirklich interessiert.
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Ein Mädchen darf nicht mit einem Mann im Zimmer sein, selbst wenn andere Frauen anwesend sind, aber mit mehreren Männern darf sie alleine sein ???; sie darf, wenn sie einen Einkauf bezahlt, das Geld nicht dem Kassierenden direkt übergeben, sie muss es auf den Tresen legen. Selbst männliche Familienmitglieder (z. B. Cousin) dürfen nicht mit einem Mädchen sprechen.
Und natürlich gibt es keine Aufklärung, so dass sie von ihrer ersten Regelblutung geschockt ist.
Da sie nun älter als 12 Jahre ist, wird ihr das Singen verboten.
Jetzt kann ich das alles auch zeitlich einordnen, da sie zur Zeit des Anschlags auf die Twin Towers 14 Jahre alt ist.
Oh ja, Regeln sind dehnbar, besonders wenn es die Männer betrifft.
Es erinnert mich ein wenig an "Game of Thrones", als sich die beiden Söhne des Rabbis um den „Thron“ streiten – nix mit brüderlicher Liebe. Früher war ein Rabbi bescheiden, nicht auf der Suche nach Macht und Anerkennung. Heutzutage haben sie opulente Häuser und private Ritualbäder und lassen sich in teuren Autor chauffieren. Gruselig fand ich „Simchat Thora“ mit dem jährlichen Auftritt des Rabbis. Die Männer versammeln sich und tanzen, während die Frauen sich oben hinter eine Absperrung drängen und nur Gucklöcher haben.
Ich habe noch 15 Seiten zu lesen. Mich erschüttern immer wieder die Reglementierungen.
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Die Kellerszene mit Cousin Moshe war natürlich erschreckend. Aber das ist zugegebenermaßen nichts, was außerhalb einer Religionsgemeinschaft nicht auch passiert. Leider.
Einigermaßen positiv überrascht hat mich der Umgang der Familie mit dem Vorfall. Meine Einstellung gegenüber der Gruppe ist schon so negativ, dass ich fest erwartet habe, dass dem Mädchen die Schuld zugeschoben wird. Dass das nicht passiert ist, empfand ich als einen kleinen Lichtblick.
Bei der Szene bin ich auch über meine eigenen Vorurteile gestolpert. Wobei ich darüber sehr froh bin, denn damit wurden mit diese Vorurteile sehr deutlich bewusst. Und mir klar, dass ich sehr genau aufpassen muss, was wirklich im Buch steht und war ich mir nur zusammenreime. Und wieviel Macht Vorurteile und Schubladendenken haben .
Von daher freue ich mich auch, dass viele meiner Vorurteile eben nicht zutreffen und ich bin eher überrascht, wie viel Freiheit sich Deborah dann doch immer wieder erschleichen kann. Mir gefällt es sehr, wie sie sich anhand von Literatur die Welt erschließt und wie viel Kraft sie daraus gewinnt.
Es ist natürlich die Frage, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist und es kommt sehr darauf an, mit welchem Bild im Kopf man an das Buch herangeht. Bei ultraorthodoxen Juden habe ich mit einem sehr stark reglementierten Leben gerechnet und lese jetzt gerne von den Lichtblicken. Natürlich gibt es die Reglementierungen genauso, da hat Irri schon recht. Ein Buch - und gerade so eins - liest natürlich jede(r) sehr subjektiv und mit eigenen Eindrücken - abhängig von den eigenen Vorstellungen. Was grundsätzlich ja in Ordnung ist - nur (um wieder auf den Anfang zu kommen) für mich ist es wichtig, meine Vorurteile zumindest im Blick zu haben.
Von daher bin ich auch sehr froh, das Buch mit euch in einer Leserunde zu lesen, weil da - zumindest geht es mir immer so - viel tiefer in eine Buch eingedrungen wird. Es gibt verschiedene Meinungen, da kann man vergleichen, überdenken, genauer hinschauen und so setze ich mich viel intensiver mit dem Text auseinander. Gerade bei einem solchen Buch sehr gewinnbringend. War eine ausgezeichnete Idee, vielen Dank an dieser Stelle an Breumel !
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Man lebt - zumindest als Kind und Jugendliche - das Leben, in das man hineingeboren wird.
Auch mich freuen natürlich die Freiräume, die sich Deborah verschafft, und es gibt ja viele Aussteiger.
Ich persönlich habe subjektiv starke Probleme mit solchen ultra-extremen Sekten, Strömungen oder was auch immer, egal in welcher Religion, so wie generell mit Religionen.
Ich steige jetzt hier aus der Leserunde aus. Ich habe trotzdem vor, das Buch fertig zu lesen.
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Ich steige jetzt hier aus der Leserunde aus.
Das ist aber schade!
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Das finde ich auch!
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Immer wieder gibt es Abschnitte, die zeigen, das die Autorin neben dem erzählerischen auch über bemerkenswerte essayistische Qualitäten verfügt, die zwar auf ihren Erfahrungen beruhen, aber auch gut ausgearbeitet sind. Zum Beispiel über Essen oder über Bücher wie Die Erwählten von Chaim Potok.
ASIN/ISBN: 3880224854 -
Ich steige jetzt hier aus der Leserunde aus. Ich habe trotzdem vor, das Buch fertig zu lesen.
Das finde ich auch sehr schade. Du hast dich ja bisher sehr stark in der LR engagiert und interessante Beiträge eingebracht. Sollte ich dir mit meinen Postings irgendwo zu nahe getreten sein, täte mir das sehr leid und war überhaupt nicht beabsichtigt.
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Och Mensch, nein, Du bist mir nicht zu nahe getreten. Mich nimmt die Story sehr mit (was ja im Prinzip toll ist), und ich habe das Gefühl, meine Gedanken und Gefühle nicht so ausdrücken zu können, wie ich will.
O.k.: Ich bin immer hin und her gerissen.
Toll finde ich, dass D. aufgrund ihres ganz eigenen Engagements in der Schule so gut abgeschnitten hat und einen guten Job gefunden hat und sich mit Mindy anfreundet, die auch Lehrerin geworden ist und eine gewisse Unabhängigkeit hat.
Andererseits frage ich mich, warum sie deswegen keinen Ärger bekommt, weil sie ja eigentlich nicht so gut Englisch können dürfte.
Die Englischlehrerin ist sehr herablassend und abschätzig zu ihren Schülerinnen, die ja nichts dafür können, dass sie so schlecht Englisch lesen können - warum eigentlich gibt es Englischunterricht, wenn die Sprache "verteufelt" wird?
Und wie gut ist der Unterricht, wenn die Mädchen selbst nach 3 Jahren Highschool nicht besser Englisch können?
Ich frage mich auch, ob sie auch als verheiratete Frauen berufstätig sein dürfen.
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Und wie gut ist der Unterricht, wenn die Mädchen selbst nach 3 Jahren Highschool nicht besser Englisch können?
Stand nicht im Text, dass sie pro Woche nur eine Stunde haben?
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Ja, eine Stunde pro Woche, aber trotzdem ja über 3 Jahre. Wahrscheinlich haben sich die Mädchen nicht allzusehr angestrengt, da sie das in ihrem weiteren Leben eh nicht brauchen.
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Deborah gefällt mir wirklich sehr gut. Soweit es ihr möglich ist, hinterfragt sie und versucht, einen eigenen Weg zu finden, wirkt lebendig und auch etwas aufmüpfig (positiv). Das finde ich in dieser reglementierten Welt bewundernswert und in ihrem Kopf entsteht schon vage der Plan, nach 3 Jahren Highschool wegzugehen. Für Zedi ist sie lammfromm und bescheiden - sie scheint also durchaus schauspielerische Fähigkeiten zu besitzen
Hallo, gab es keine Aufklärung, da läßt man das Mädel mit ihrer ersten Blutung völlig alleine
Englischunterricht bei Miss Mandelbaum, da mußte ich so richtig grinsen und sie bekommt eine Stelle als Lehrerin - Hut ab, daß sie das in ihrem Alter geschafft hat. Und damit erhält sie vielleicht/hoffentlich wieder ein Stück mehr Freiraum.
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Ja, eine Stunde pro Woche, aber trotzdem ja über 3 Jahre. Wahrscheinlich haben sich die Mädchen nicht allzusehr angestrengt, da sie das in ihrem weiteren Leben eh nicht brauchen.
Was ich meinte mit der einen Stunde pro Woche: Da außerhalb des Englisch-Unterrichts nur jiddisch gesprochen werden darf oder zumindest soll, Radios verboten sind und Bücher auf Englisch erst Recht, wundere ich mich kein bisschen. Dazu kommt noch das Argument, dass die Schülerinnen es nicht brauchen werden.
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Ja, genau das ist das Problem. Warum dann also Englisch-Unterricht?
Vielleicht, weil es staatlicherseits von den USA gefordert wird?
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Ich frage mich auch, ob sie auch als verheiratete Frauen berufstätig sein dürfen.
Die meisten Frauen werden keine Zeit haben einen Beruf auszuüben, da sie meist schwanger sind.
Die Tante ist ja Direktorin der Grundschule und verheiratet.
Es gibt Situationen bei denen man Englisch braucht. Ich denke z.B. an Verpackungen, die werden nicht auf jiddisch beschriftet sein oder wenn man mal zu einer offiziellen Stelle muß.
Die Englischlehrerin kommt ja aus einer moderaten Gemeinde und verachtet das strenge Reglement speziell dieser Gemeinde.
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Ahh, dann sind Frauen (nicht alle) wahrscheinlich berufstätig, so lange sie unverheiratet sind und dann wieder, wenn sie älter sind und keine Kinder mehr zu versorgen haben, z. B. als Heiratslehrerin oder als Badefrau.
Trotzdem wird die englische Sprache ja verteufelt, und ich kann nur hoffen, dass die Mädchen nach den 3 Schuljahren besser lesen können.
Ja, die Englischlehrerin verachtet das strenge Reglement, trotzdem muss sie das ja nicht an den Mädchen auslassen; sie MUSS ja nicht dort unterrichten, wenn es ihr dermaßen gegen den Strich geht.
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Och Mensch, nein, Du bist mir nicht zu nahe getreten. Mich nimmt die Story sehr mit (was ja im Prinzip toll ist), und ich habe das Gefühl, meine Gedanken und Gefühle nicht so ausdrücken zu können, wie ich will.
Zum ersten Satz: Da bin ich aber froh! Schön, dass du dich zumindest momentan durchgedrungen hast, weiter mitzuschreiben. Ich kann schon verstehen, dass das Buch aufwühlend sein kann. Vielleicht hilft aber auch der Austauch, auch wenn es natürlich schwer ist, manche Gefühle in Worte zu fassen.
Zum Englischunterricht:
Mich hat auch gewundert, dass es anscheinend keinen interessiert, woher Deborah so gut englisch kann. Für mich ist es ein Zeichen, dass keiner so genau hinschaut, solange sie nach außen gut funktioniert, also sich offensichtlich an die Regeln hält und nicht wiederspricht. Sie hat ihr Doppelleben anscheinend perfektioniert.
Warum dann also Englisch-Unterricht?
Vielleicht, weil es staatlicherseits von den USA gefordert wird?
Soweit ich mich erinnere, wird irgendwo erwähnt, dass Englischunterricht zu den staatlichen Bedingungen gehört, damit die Schule anerkannt wird. Es ist schon erschreckend, dass Kinder, in den USA geboren und dort aufgewachsen, so schlecht Englisch können. Wobei mich das schlechte Lesen noch am wenigsten erstaunt, sich an ein komplett anderes Schriftsystem zu gewöhnen, stelle ich mir sehr, sehr schwer vor. Und dann kommen die ganzen Gründe, die ihr schon angeführt habe: keine Wertschätzung des Faches - egal ob von Schülerinnen, Lehrkräften oder auch Eltern. Und gerade um eine Sprache zu lernen braucht es Engagement und Motivation, sonst wird das nichts (schon gar nicht mit einer Wochenstunde Unterricht).
Irri , ich gebe dir recht in Bezug auf die Lehrerin. Das Verhalten von ihr fand ich auch nicht korrekt.
Nein, das Verhalten der Lehrerin gegenüber den Mädchen ist nicht in Ordnung. Für mich ist sie extrem frustriert - zum einen davon, dass die Mädels Englisch nicht können und wohl auch gar nicht können wollen, und dann - als es eine doch kann - von der Tatsache, dass Deborah diese gute Leistung auch nichts bringen wird. Was nicht ganz richtig ist - es ist sicher mit ein Grund, dass sie zumindest vorläuft ihren Wunschberuf ergreifen kann.