LIz Moore - Long Bright River

  • Long Bright River von Liz Moore


    ASIN/ISBN: 3406748848



    Zum Inhalt: (lt. Amazon)


    Einst waren sie unzertrennlich, seit fünf Jahren sprechen sie nicht mehr miteinander, doch die eine wacht insgeheim über die andere. Jetzt aber ist die Lage bedrohlich geworden: Mickey, Streifenpolizistin in Philadelphia, findet ihre drogenabhängige Schwester Kacey nicht mehr auf den Straßen der Blocks, die sie kontrolliert und auf denen Kacey für ihren Konsum anschaffen geht.

    Gleichzeitig erschüttert eine Reihe von Morden an jungen Prostituierten die von Perspektivlosigkeit und Drogenmissbrauch geplagte Stadt. In ihrem enorm spannenden Roman erzählt Liz Moore die Familiengeschichte von Mickey und Kacey und deren Entfremdung parallel zur Geschichte der Jagd



    zur Autorin:


    Liz Moore, geboren 1983, hat zunächst als Musikerin in New York gearbeitet und anschließend begonnen Romane zu schreiben. "Long Bright River" ist ihr vierter Roman, der in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Liz Moore hat für ihre Romane u. a. den Rome Prize erhalten. Sie lebt mit ihrer Familie in Philadelphia.


    Meine Meinung:


    Menschen, die lesen, wissen, was ich meine. Es gibt Bücher, die nicht nur den Verstand erfreuen oder die Zeit vertreiben, sondern die etwas im Inneren zum Klingen bringen. Bücher, die das Herz berühren, die auf die ein oder andere Weise starke Gefühle freisetzen, die zu Tränen rühren oder vor Freude lachen lassen. Genau diese Leseerlebnisse sind es, die ich mir erhoffe und die mich immer wieder darin bestätigen, dass Lesen das Leben auf so vielfältige Art bereichert und es die schönste Nebensache in meinem Leben ist. Diese Bücher sind es, die ich meine Schätze nenne, die ich beglückt ins Regale stelle, die ich allen lieben Menschen wärmstens an Herz lege. So ein Buch ist Long Bright River für mich.


    Es ist der erste Roman, der von Liz Moore ins Deutsche übersetzt wurde. Für mich war die Autorin also eine Neuentdeckung. Der Klappentext suggeriert, dass es eine Mischung aus verschiedenen Genres wäre und ich habe eher mit einem Krimi gerechnet. Aber in Wirklichkeit ist es vielmehr ein Familienroman und eine Millieustudie in dessen Zentrum zwei ungleiche Schwestern der amerikanischen Universitätsstadt Philadelphia stehen. Die Erzählung pendelt zwischen der jugendlichen Vergangenheit der Hauptdarstellerinnen und der dramatischen Gegenwart. Die jüngere Schwester Kacey hat eine typische Drogenkarriere hinter sich. Trotz der vehementen Versuche von Michaela, der nur wenig älteren, ist sie auf der Straße gelandet und plötzlich verschwunden. Mickey, die, aufgrund ihres Berufes als Streifenpolizisten, immer noch aus der Ferne ein Auge auf ihre Schwester hatte, befürchtet das Schlimmste und vermutet, dass die Frauenmorde im Viertel etwas damit zu tun haben könnten. Bald hat sie einen Verdächtigen ausgemacht und sie meldet ihre Erkenntnisse den Vorgesetzten, die ganz anders reagieren, als sie es erhofft hatte.


    LIz Moore hat eine sehr klare Sprache, die sich wunderbar lesen lässt und mit der sie es schnell schafft, dass man den Darstellerinnen sehr nahe kommt. Die Kindheit der Schwestern ist vom frühen Drogentod der Mutter geprägt. Bald verschwindet auch der Vater aus ihrem Leben und die Großmutter ist wenig begeistert, die Kinder aufzuziehen. Dies lässt sie sie immer wieder ziemlich rüde spüren und die Lieblosigkeit und Härte dieser verhärmten Frau macht einem mehr als einmal den Hals eng und das Herz schwer. Umso enger halten die Mädchen aneinander fest. Kacey ist die Extrovertierte, die die stillere Mickey immer wieder aus ihrem Schneckenhaus zerrt. Später, als Kacey im Drogensumpf zu versinken droht, ist es Mickey, die sie immer wieder rauszuziehen versucht. Aber die Sucht ist zu stark und niemand hilft den beiden. Irgendwann muss Michaela sich um den kleinen Sohn Thomas kümmern und die Schwestern drifften unweigerlich auseinander. Die Sprachlosigkeit, die sich zwischen ihnen breit macht, wird eindringlich geschildert und ist sicherlich für viele Familien mit Drogenabhängigen exemplarisch. Dennoch spürt man beständig, dass die Liebe der beiden nur verschüttet ist und das es möglich wäre, den tiefen Riss zu kitten. Natürlich wünscht man sich auch, dass Kacey einen Weg findet , clean zu werden bzw. als sie verschwindet, dass sie nicht tot ist, sondern irgendwann von Michaela gefunden wird.


    Fasziniert hat mich, dass die zwei Handlungsstränge so geschickt ineinander verwoben sind, dass man erst ziemlich am Schluss das ganze Bild klar und deutlich sehen kann und erkennt, warum alles so und nicht anders gekommen ist, warum der Vater verschwunden und sogar, warum Kacey drogensüchtig geworden ist. Natürlich auch, was mit ihr geschah und warum Mickey mit ihrem Sohn alleine ist. Auch, wer der Mörder war, wird am Ende geklärt. Aber dazwischen liegt nicht nur eine bewegende und traurige und irgendwie dennoch wunderbare Geschichte, sondern auch so manche Überraschung für den Leser. Und nach dem Finale, welches durchaus versöhnlich und mit viel Hoffnung gewürzt ist, gibt es das allerletzte Bild, dass die Autorin mit ach so sanften grausamen Worten beschreibt, welches mich so erschüttert hat, dass ich eine ganze Weile gebraucht habe, bis ich das Bild aus dem Kopf bekommen habe.


    Ein grandioses Buch. So voller Liebe und voller Wahrheit und Traurigkeit, dass ich erschüttert und glücklich gleichzeitig sein durfte.


    Alle Eulenpunkte die es gibt, dafür.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Mickey Fitzpatrick ist Polizistin in Philadelphias zwielichtigem Bezirk Kensington, während ihre Schwester in der gleichen Gegend ein Leben zwischen Drogen und Prostitution fristet. Schon lange Zeit hatten sie keinen direkten Kontakt mehr, dabei waren sie als Mädchen quasi unzertrennlich. Sie wurden mehr schlecht als recht von der Großmutter in ärmlichen lieblosen Verhältnissen großgezogen, nachdem ihre, der Drogensucht verfallene Mutter, sie verlassen hat. In rückblickenden Kapiteln erfährt man, wie sich die Geschwister so unterschiedlich entwickeln konnten. Zum Anfang des Buches ist man emotional schnell in der Situation drin, wird sofort in die Ereignisse geworfen.


    Immer wenn ein Einsatz rein kommt fürchtet Mickey doch eines Tages ihre Schwester als Opfer an der Einsatzstelle vorzufinden. So ist sie wieder mal besonders beunruhigt, als sie mit ihrem neuen Partner zu einer weiblichen Leiche gerufen wird. Doch es handelt sich um eine unbekannte Frau, deren Todesursache zunächst auch ungeklärt bleibt. Als einfache Streifenpolizistin ist Mickey trotz ihres großen persönlichen Interesses sowieso aus den meisten Informationen und den weiteren Ermittlungen ausgeschlossen. Doch dann werden zwei weitere Leichen von erwürgten Frauen gefunden, die vermutlich auch Prostituierte waren. Mickey wird immer besorgter um ihre Schwester. Und so nimmt sie selbst, obwohl sie kein Detective ist, Ermittlungen nach ihrem Verbleib auf. Mit dem Vergehen der Zeit wird die Suche nach ihr immer dringlicher. Sie riskiert zu viel bei der Recherche nach Kacey, die wahrscheinlich nicht mal gefunden werden will. Sie setzt ihre Arbeit, ihr Leben und die Sicherheit ihres 5-jährigen Sohnes Thomas aufs Spiel. Plötzlich geht es dann sogar um weit mehr. Sie gerät immer tiefer in den Schlamassel.


    Es folgen unerwartete Enthüllungen und Entwicklungen. Ein unglaublicher Verdacht entsteht und die Spannung steigert sich weiter bis zum Ende hin. Zum Schluss wird alles aufgeklärt. Das Buch hat mich mit seinem letzten Absatz nachdenklich zurückgelassen.


    Aus eigener Anschauung gibt die Autorin einen harten realistischen und bestürzenden Einblick in die Welt der Drogen, der regionalen Polizei und der Prostitution. Sie zeigt auf wie schnell man über unüberlegt verschriebene Medikamente in die Abhängigkeit geraten kann, selbst als gut gebildeter und gut situierter Mensch. Ein großartiger Thriller und intensives Familiendrama voller überraschender Wendungen und überzeugenden Charakteren.


    9 von 10 Eulenpunkten

  • Liz Moore hat ihren Roman „Long Bright River“ in Kensington, Philadelphia angesiedelt, einem Stadtviertel Philadelphias, das als größter Drogenplatz im Osten der USA gilt. Sie erzählt uns die Geschichte von Mickey und Kacey, die dort aufgewachsen sind, und deren Leben sich nicht unterschiedlicher entwickeln könnte, auch wenn eine beständige Verbindung zwischen beiden besteht.


    „Long Bright River“ ist Milieustudie, Familiengeschichte und Krimi, wobei die Kriminalhandlung nicht den Schwerpunkt ausmacht. Dennoch ist Liz Moores Roman dank seiner geschickten Konstruktion spannend bis zum Ende und überzeugt mit einer glaubwürdigen Entwicklung der vielschichtigen Charaktere. Mit schnörkelloser Sprache zeichnet Liz Moore eindringliche, nachhaltige Bilder, aus einer Region der USA, die alles andere als “great” ist.


    9 von 10 Punkten

  • Fasziniert hat mich, dass die zwei Handlungsstränge so geschickt ineinander verwoben sind, dass man erst ziemlich am Schluss das ganze Bild klar und deutlich sehen kann und erkennt, warum alles so und nicht anders gekommen ist, warum der Vater verschwunden und sogar, warum Kacey drogensüchtig geworden ist. Natürlich auch, was mit ihr geschah und warum Mickey mit ihrem Sohn alleine ist. Auch, wer der Mörder war, wird am Ende geklärt. Aber dazwischen liegt nicht nur eine bewegende und traurige und irgendwie dennoch wunderbare Geschichte, sondern auch so manche Überraschung für den Leser.

    :write


    Ich habe das Buch gestern zuende gelesen und musste erst einmal eine Nacht darüber schlafen, bevor ich versuche, das in Worte zu fassen. Das ist ja eher untypisch für mich, da ich meist aus der unmittelbaren Emotion heraus meinen Eindruck aufschreibe und poste.


    Ich fand es faszinierend, wie sich die Eindrücke von den Figuren "drehen" - mal war mir Mickey sympathischer, mal Kacey.


    Irgendwie wirkte die gesamte beschriebene Umgebung der Haupthandelnden - Mickey - immer ein wenig grau für mich. Die Leuchtpunkte hat es für mich nur in ihren eigenen vier Wänden gegeben, mit Thomas und mit Frau Mahon. Da wirkte alles so besonders lebendig, wo man draußen manchmal nicht wusste, ob die beschriebenen Personen einfach im Delirium oder tot sind.


    Ich kann gar nicht genau in Worte fassen, warum das so war, aber gerade diese Atmosphäre, diese Eintönigkeit, vielleicht sogar ein Stück weit die Hoffnungslosigkeit haben dafür gesorgt, dass ich immer weiter wissen wollte, was passiert. Wie es weitergeht. Was mit Kacey geschehen ist. Die eigentliche Kriminalhandlung bekam für mich erst wieder Fahrt, als es zu dem Opfer kam, von dem ich von Beginn an vermutete, dass es Opfer wird. Leider.


    Vielleicht sollte jeder einfach doch den Menschen mal ansprechen, von dem er denkt, dass er so anders ist, dass das nicht nett werden kann...dann kann die Welt im Kleinen besser werden. Diese Hoffnung hat das Buch für mich sehr stark ausgedrückt.


    Kann mich ansich den übrigen beeindruckten Worten nur anschließen. Einzig das Ende war leider gar nicht meins, aber ich kann verstehen, warum man es dennoch so schreibt.


    9 Punkte.