Das Haus ohne Männer - Karine Lambert

  • ASIN/ISBN: 3837139999


    Der Originaltitel:

    L'immeuble des femmes qui ont renoncé aux hommes


    Worum es geht
    Die "Casa Celestina" ist ein altes Haus in Paris mit vielen charmanten Details, das jeden Besucher mit seiner heimeligen Atmosphäre verzaubert. Außer dem Kater Jean-Pierre dürfen aber nur Frauen im "Haus der Glückseligkeit" leben, selbst Handwerkern und männlichen Verwandten ist der Zutritt verboten.
    So verlangt es die Besitzerin, "die Königin", eine ehemalige Prima Ballerina, deren große Zeit längst vorbei ist. Der Bewohnerin der ersten Etage, Giuseppina, kann das nur recht sein, da ihr Leben stets von Männern dominiert wurde, vom Vater, den Brüdern, vom Ehemann. Aber auch Rosalie und Simone hatten kein Glück mit dem anderen Geschlecht. Nur Juliette, die während der Abwesenheit ihrer Freundin Carla für ein paar Monate deren Wohnung gemietet hat, glaubt ganz fest an die große Liebe - und plötzlich werden Männer wieder zum Hauptgesprächsthema im Haus ohne Männer.


    Meine Meinung
    Mit diesem Buch hat Karine Lambert einen wunderschönen Roman über die Liebe vorgelegt, oder besser gesagt, über deren Fehlen im Leben fünf ganz unterschiedlicher Frauen. Mir hat die Charakterisierung der Protagonistinnen sehr gut gefallen, da ich allesamt sehr realistisch dargestellt fand.
    Die alternde Diva, die sich auch mit 75 Jahren noch nicht damit abgefunden hat, dass der einstige Ruhm verblasst und die Bewunderer verschwunden sind, kann man letzten Endes nur bedauern. Es ist immer traurig, wenn Menschen an einer Profession so sehr haften, dass sie im Alter keinen anderen Sinn mehr finden können.
    Die frühere Marketingfachfrau und jetzige Yogalehrerin Rosalie trauert immer noch um ihre erste und einzige Liebe, die wort- und grußlos aus ihrem Leben gegangen ist, und die Übersetzerin Simone hatte einfach immer nur Pech mit den Männern, von denen sie sich eine stabile Partnerschaft erwartete.
    Karine Lambert schreibt unglaublich einfühlsam über unerfüllte Hoffnungen, über enttäuschte Sehnsüchte und verletzte Gefühle. Rückzug vom anderen Geschlecht ist die Devise dieser Frauen, die wohl stellvertretend stehen für alle, die ihre Träume allzu oft wie Seifenblasen zerplatzen sahen. Bei einer der häufigen Diskussionen mit Juliette gewährt Simone tiefe Einblicke in ihre wahren Empfindungen:
    „Man kann die Liebe nicht ersetzen, man ersetzt die Illusionen, die Erwartungen, die Turbulenzen, die Abhängigkeit, die Enttäuschungen, die Paartherapien und die Leere durch angenehme Dinge, die in Reichweite sind.“
    Trotz aller Bemühungen scheint keine der Frauen durch die Wahl einer Lebensform ohne Männer wirklich glücklich zu sein. Unterschwellig klingt immer wieder die Sehnsucht nach einem Partner an, mit dem man das Leben teilen kann.
    Im Gegensatz zu ihren Mitbewohnerinnen hat Juliette den Männern keineswegs abgeschworen. Ihre verzweifelte Suche nach dem Richtigen fand ich sehr berührend, manchmal vielleicht sogar etwas übertrieben, aber für eine Frau um die Dreißig auch nur zu verständlich. Die biologische Uhr tickt bereits, wobei sich in Juliettes Fall auch noch ein riesiges Liebesdefizit aus der Kindheit gesellt. Ihre Lebenseinstellung kann ich ganz und gar nachvollziehen:
    „Eines Tages werdet ihr es bereuen, wenn ihr alt und grau seid, vor dem Kaminfeuer sitzt und euch eine Hand fehlt, die ihr halten könnt.“
    Wie sehr es im Untergrund, sprich in den tiefsten Tiefen der Seelen brodelt, zeigt sich an einem Ausbruch Giuseppinas, nachdem sie ein Gläschen zuviel getrunken hat. Sie ist ohnehin wütend auf Juliette, die so offen auf Männersuche ist, und durch den Alkohol enthemmt, schreit sie durchs ganze Haus, dass auch sie der Liebe nicht abgeschworen habe, sondern dass die Liebe sie einfach nicht finden wolle.
    Eindrucksvoll, berührend und zeitweilig humorvoll erzählt die Autorin von den geheimen Wünschen und Sehnsüchten dieser Frauen, die alle eines gemeinsam haben, die Hoffnung auf ein erfülltes Leben mit dem richtigen Mann an ihrer Seite.
    Nicht nur inhaltlich, auch sprachlich fand ich den Roman sehr gelungen. Die Geschichte wird flüssig erzählt, und ist angenehm anzuhören.
    Die Sprecherin Katrin Fröhlich hat ihre Sache ebenfalls sehr gut gemacht, und den verschiedenen Charakteren durch ihre lebhafte Vortragsweise zusätzliches Charisma verliehen. Eine Szene, in der sich Juliette mit einem ihrer potentiellen Traummänner zu einem Badeausflug aufmacht, ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Die Umständlichkeit mit der die Badesachen nach einer genau festgelegten Reihenfolge ins Auto gepackt und dann doch noch einmal ausgepackt werden, wie getankt und ein Parkplatz gesucht wird, hat Katrin Fröhlich mit einem derart trockenen Humor gelesen, dass man unwillkürlich lachen muss.
    Die Grundstimmung des Romans ist dennoch eine eher nachdenkliche, werden doch viele der wohl auf ewig ungelösten Rätsel und Probleme zwischen Männern und Frauen angesprochen. Schließlich bedeutet Liebe immer auch, sich ins Leere zu stürzen, wie es im Roman so treffend heißt. Was einen letzten Endes erwartet, weiß am Anfang eben keiner so ganz genau. Und doch möchte ich Juliette uneingeschränkt zustimmen, wenn sie behauptet:
    „Ein Leben ohne Männer ist wie ein Leben ohne Salz, ohne Zucker, ohne Chili, ohne Honig.“
    Wer wollte schon auf alle diese Köstlichkeiten verzichten, die dem Leben erst die richtige Würze verleihen?
    Der einzige Kritikpunkt, den ich anzumerken habe, betrifft die Länge oder besser gesagt die Kürze der Geschichte. Die Hörzeit von 4 Stunden 39 Minuten war wie im Flug vorbei, und gerne hätte ich die liebgewonnenen Protagonistinnen noch weiter auf ihrer Suche nach der einzig beglückenden Lebensart begleitet.


    <3<3<3<3 von 5 für kurzweilige Unterhaltung.