Die ziemlich einhellige Meinung, die hier geäußert wird, ist negativ und das kann ich verstehen. Denn der "Regenroman" ist ein gnadenloses Buch, ein Buch, das dem Leser eine ihren "Sinn" nicht offenbarende Handlung vorsetzt, und diese bis zum Erbrechen detailliert schildert, sie seziert. Sie wird dem Leser serviert - ganz nach dem Motto "Friss oder stirb!".
Und das Buch kann einem die Stimmung verregnen, denn wenig in der Handlung ist erfreulich. Leon, erfolgloser Dichterfürst mit den falschen Freunden, und Martina, eig. Roswitha, die immer jemanden braucht, an den sie sich klammern kann (sei es nun Mann oder Hund) und erkennen muss, dass auch diese beiden sie nicht beschützen können, hat es in die trostlose und doch in ihren Augen so hübsche Moorlandschaft verschlagen. Horden von Schnecken, ein Haus, an dem scheinbar nichts mehr intakt ist, und ein aufgebrachter Boxer halten die Stimmung beständig auf dem Tiefpunkt, d.h. sie wird eigentlich immer schlimmer.
Und dieses Schlimmerwerden wird akribisch geschildert, unglaublich kraftvolle Vergleiche und eine Sprache, die sich nicht dazu hinreißt, sich in der Handlung zu verlieren oder auf die Tränendrüsen zu drücken, sondern stattdessen eine eher beschreibende Funktion einnimmt, zwingen den Leser in diesen trostlosen Morast. Ja, sie ist trocken und lakonisch ... und bissig. Ich hatte fast das Gefühl, als weide sie sich genüsslich am Schicksal der Figuren.
Es ist ein böses Buch. Es schildert Gemeines und das anscheinend gerne. Vergewaltigung, Mord, Tod, Krankheit, Schneckenplage und dazu herrlich überzeichnete Charaktere, denen man das Ausfüllen ihrer Klischees wirklich abnimmt, da sie Individualität erhalten. Und wenn man zwischen den Unsympathen genauer schaut, mindestens einen Sympathieträger gibt es. Martina, die mit ihrem Leben nicht klarkommt, sich an andere klammert - und enttäuscht wird, zerstört wird (durch das "Versagen" ihres Mannes, Missachtung durch ihre Familie und auch den Wunsch, anderen gefallen zu wollen.) Allein das "Vater, ich habe gesündigt!" ist bezeichnend.
Und ihr Ende ist ungewiss. Denn so genau auch alles geschildert ist, vieles bleibt der Vorstellung und (automatischen?) Interpretation des Lesers anheimgestellt. Wie geht es mit ihr weiter? Was ist mit dem Krämer?
Man kann manches auf zwei Arten in diesem Buch lesen.
Ich weiß nicht, ob es ein Buch zum Empfehlen ist, da ich die schlechten Meinungen verstehe - meinen Geschmack hat es jedoch getroffen.
Fazit
Mir hat das Buch gefallen, all die armseligen Gestalten, der Regen, das Moor, die ganze trostlose Handlung - vor allem aber überzeugt Karen Duve durch ihren Schreibstil.
9/10 Punkten
bartimaeus