'Die Leben der Elena Silber' - Seiten 463 - 542

  • Sie hat bei den Behörden keinen Erfolg, weil der Nachweis für den Tod ihres Mannes fehlt und zerstört aus Frust darüber die Zukunft ihrer Töchter.

    Das habe ich anders empfunden. Sie hat kein Geld, um die Ausbildung der Töchter zu finanzieren. Außerdem versteht sie zu wenig Deutsch, um sich im Bürokratie-Dschungel zurecht zu finden und ist zu stolz, um um Hilfe zu bitten. Also erfindet sie eine Geschichte, weil sie das ihr Leben lang getan hat und hofft, auch diesmal damit durchzukommen. Als sie vor dem Dozenten gedemütigt wird, reagiert sie über und falsch und verbietet das Kunststudium. Ich denke auch, dass sie ernsthaft glaubt, dass ein Medizinstudium ihre Tochter einmal besser ernähren kann.

    Jelena handelt oft falsch und macht alle nur denkbaren Fehler, aber ich kann sie auch hier wieder verstehen. Ich erlebe das so oft in meinem Alltag, dass Biografien in die Irre laufen aus purem Unverständnis, Unwissenheit, mangelnden Sprachkenntnissen und nicht immer mit Absicht.

    Ich weiß nicht, ob den Töchtern klar war, dass auch äußere Umstände zu dem ganzen Unglück der Familie geführt haben. Das macht das Leben nicht besser, aber vielleicht nachvollziehbarer.


    Mal sehen, ob ich dem Autor nun gehörig auf den Leim gegangen bin und sich Jelena am Ende noch als eine ganz andere entpuppt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Es ist, als hätte sie jede Liebesfähigkeit verloren. Aber sie liebt ihn doch, das denke ich schon, wahrscheinlich in dem Rahmen, in dem es ihr möglich ist. Das scheint nicht so viel zu sein. ich finde das ganze für Sascha wirklich tragisch.:(

    Sie hat in meinen Augen nie eine Liebesfähigkeit besessen. Bis auf die sehr kurze Episode mit Sascha in jenem Sommer. WIe soll sie etwas weitergeben, was sie gar nicht kennt?

    Und das setzt sich wieder in den Töchtern fort usw. Wirklich schlimm.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Regenfisch


    ich hatte den Eindruck, dass sie versucht, den Behörden das zu erzählen, von dem sie erhoffte, am meisten für die Familie herauszuholen. Was wie Du schreibst aufgrund mangelnden Wissens und fehlenden Sprachfähigkeiten nicht von Erfolg gekrönt war.

    Ja klar, sie steht stellvertretend für die vielen Frauen, deren Männer während des Krieges verschwunden sind, aus welchen Gründen auch immer. Nur weiß Jelena nicht, welche Nachweise sie bringen muss, um Robert für tot erklären zu lassen. Deshalb erfindet sie mal wieder eine Geschichte. Sie braucht ja auch Geld für ihre Mädchen. Ich kann das nachvollziehen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich denke auch, dass Elena immer wieder und wieder Geschichten, alternative Realitäten erfindet, dass sie irgendwann nicht mehr wusste, Was eigentlich wirklich passiert war. Ich mache ihr nicht mal einen Vorwurf daraus. Verdrängung ist eine Art Selbstschutz, schützt sie und so viele Frauen in diesen schlimmen Zeiten vor der furchtbaren Wirklichkeit. Mich interessiert, was tatsächlich mit Robert passiert ist und ob sie eigentlich weiß, was geschehen ist.:gruebel

  • Regenfisch


    ich hatte den Eindruck, dass sie versucht, den Behörden das zu erzählen, von dem sie erhoffte, am meisten für die Familie herauszuholen. Was wie Du schreibst aufgrund mangelnden Wissens und fehlenden Sprachfähigkeiten nicht von Erfolg gekrönt war.

    Den Eindruck hatte ich auch, so wie Du und Regenfisch .


    Allerdings gemischt mit dem dumpfen Gefühl, dass Jelena auch ein unwahrscheinlich starkes Geltungsbedürfnis hat, um jeden Preis nach außen gut dastehen will - auch wenn es irgendwann offensichtlich sein sollte, dass es unglaubwürdig wird. Egal ob bei den Behörden oder den Nachbarn, wo manchmal weniger mehr gewesen wäre.


    Dass sie alleine mit vier minderjährigen Mädchen und dem Verdacht, dass Robert ein Nazi war, völlig überfordert war ist klar. Die fremde Sprache und Umgebung, wieder ein neues Staatssystem, da kann sie sich nicht zurechtfinden.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.