Frank Goldammer - Juni 53

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Sommer 1953. Der Alltag in der jungen DDR ist beschwerlich, die Unzufriedenheit der Bevölkerung wächst und die Zahl derer, die das Land verlassen, steigt unaufhörlich. Mit harter Hand setzt die SED-Regierung ihre Forderungen durch. Auch Max und Karin Heller erwägen die Flucht in den Westen. Als es am 17. Juni zu großräumigen Protestbewegungen kommt, wird Heller zu einem Dresdner Isolierungsbetrieb gerufen: Der Leiter wurde brutal mit Glaswolle erstickt. Ein Opfer der Aufständischen? Heller hat einen ganz anderen Verdacht und sucht in den Wirren des Volksaufstands einen unberechenbaren Mörder. Währenddessen drängt Karin zu Hause auf eine Entscheidung: gehen oder bleiben?


    Autor (Quelle: Verlagsseite)

    Frank Goldammer wurde 1975 in Dresden geboren und ist gelernter Maler- und Lackierermeister. Neben seinem Beruf begann er mit Anfang zwanzig zu schreiben, verlegte seine ersten Romane im Eigenverlag. Mit ›Der Angstmann‹, Band 1 der Krimiserie mit Max Heller, gelangte er sofort auf die Bestsellerlisten. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.


    Allgemeines

    Fünfter Band um den Dresdener Oberkommissar Max Heller

    Erscheinungstermin: 23.12. 2019 bei der dtv Verlagsgesellschaft als broschiertes TB mit 368 Seiten
    Gliederung: Nicht-nummerierte Kapitel, jeweils mit Datum und Tageszeit überschrieben – Glossar

    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Max Heller

    Handlungsort und -zeit: Dresden, 18. bis 28. Juni 1953


    Inhalt

    Nachdem sich die Unzufriedenheit der Arbeiter in der DDR am 17. Juni 1953 in einem Aufstand Bahn gebrochen hat, muss sich Max Heller mit dem Tod von Martin Baumgart, Leiter des VEB (Volkseigenen Betriebs) Rohrisolation, beschäftigen. Dessen Leiche wird in einem Behälter mit Glaswolle gefunden. Sein Kollege Kruppa, Funktionär der Betriebsparteiorganisation, wird vermisst. Für die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit scheint der Fall klar: Die aufständischen Arbeiter haben, möglicherweise angestiftet von Feinden im Westen, den Betriebsleiter gelyncht und den vermissten Kollegen entführt; diese Behauptung liefert auch einen weiteren Vorwand, missliebige Bürger als vermeintlich Aufständische verhaften zu können.

    Max Heller ermittelt dagegen auch in andere Richtungen. Es soll eine von der Obrigkeit nicht gern gesehene Studie über nachteilige gesundheitliche Folgen der ungeschützten Arbeit mit Glaswolle gegeben haben, die Studie ist nicht auffindbar. Außerdem soll es eine Liste früherer zwangsverpflichteter und misshandelter sowjetischer Arbeiter geben, auch diese Liste ist verschwunden. Nicht zuletzt gab es auch persönliche Konflikte zwischen dem Ermordeten und seinen Mitarbeitern. Heller werden die Ermittlungen nicht leichtgemacht, da er aufgrund seiner beharrlichen Weigerung, Mitglied der SED zu werden, beruflich immer wieder mit Repressalien zu kämpfen hat.


    Beurteilung

    Wie schon im vorherigen Roman „Roter Rabe“ werden auch in „Juni 53“ eindringlich die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR in den frühen Fünfzigerjahren geschildert. Die meisten Menschen sind nicht mit den „Segnungen“ des Sozialismus einverstanden, die Arbeiter müssen immer höhere Arbeitsnormen erfüllen, bekommen immer weniger Geld und können für ihr Geld immer weniger kaufen. Sie wissen, dass es ihren Kollegen im Westen besser geht, diese bekommen schneller Wohnungen, besitzen Autos und können sich Urlaub leisten. Außerdem leben sie nicht im oppressiven Klima ständiger Bespitzelung und willkürlicher Justiz-Aktionen.

    Nicht nur Max Heller durchschaut das Unrechtregime der DDR, auch seine Frau Karin erkennt die Dysfunktionalität des Staates. Bei der Suche nach einem Heimplatz für die mittlerweile völlig demente Frau Marquart, bei der sie und ihr Mann seit Kriegsende leben, erhält Karin keinerlei Unterstützung und ist am Ende ihrer Kräfte. Nachdem sich ihr Sohn Klaus, ein eingefleischter Sozialist, seinen Eltern vollkommen entfremdet hat, treibt Karin nur noch der Wunsch um, alles hinter sich zu lassen und zu ihrem Sohn Erwin in den Westen zu gehen.

    Ihr Mann, dessen Persönlichkeit auch in diesem Roman ausgezeichnet ausgearbeitet ist, fühlt sich zwischen seinem Pflichtgefühl in Bezug auf seine Arbeit und seine Kollegen einerseits und seiner Liebe zu Karin und dem Wunsch nach einem freien Leben andererseits zerrieben.

    Der sehr komplexe Kriminalfall in „Juni 53“ ist in sich abgeschlossen, dennoch sollte man zum besseren Verständnis der darüber hinausreichenden Umstände Vorkenntnisse aus den vorherigen Bänden mitbringen.


    Fazit

    Eine eindrückliche Schilderung des bedrückenden Lebens in der DDR der Fünfzigerjahre, verbunden mit einem komplexen Kriminalfall – eine lohnende Lektüre, die dem Leser Konzentration abverlangt!

    Vorkenntnisse aus den vorherigen Bänden der Reihe sind wünschenswert.

    9 Punkte


    ASIN/ISBN: 342326232X

  • Frank Goldammer, 1975 in Dresden geboren, ist Malerund Lackierermeister. Mit seinen historischen Krimis um Kommissar Max Heller gelangt er regelmäßig auf die Bestsellerliste. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in Dresden.


    Aufstände und ein brutaler Mord in einer Isolationsfabrik


    "Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten." (Johann W. von Goethe)

    Juni 1953:

    Bei einem Protest in einer Firma für Isolationen wird der Leiter Martin Baumgart brutal mit Glaswolle erstickt. Außerdem fehlt von Gerd Kruppa einem weiteren Mitarbeiter jede Spur. Heller und Oldenbusch ermitteln und bekommen zudem den Genossen Bech von der Stasi zur Seite gestellt, der besonders ein Auge auf Max gerichtet hat. Ist Baumgart gar ein Opfer der Protestbewegung oder steckt ein anderer Täter dahinter? Und nicht nur beim Aufbau der DDR geht alles sehr mühsam und langsam voran, sondern ebenso im Haushalt der Familie Heller. Frau Marquarts Demenz verschlimmert sich zusehends, dadurch gerät nicht nur Karin an ihre Grenzen. Währenddessen spitzen sich die Unruhen im Land zu, immer öfters kommt es zu Auseinandersetzungen, weil die Menschen unzufrieden sind. Doch die SED Regierung greift hart durch und so bleibt vielen nur entweder die Flucht aus dem Land oder zu schweigen. Darum denken Karin und Max immer öfters über eine Flucht in den Westen zu Sohn Erwin nach.


    Meine Meinung:
    Das gelungene Cover gibt Einblick auf eine unruhige Zeit beim Aufbau der damaligen DDR. Der Schreibstil ist flüssig, informativ und unterhaltsam, jedoch diesmal empfand ich es bisschen verworren, was den Plot anbelangt. Vielleicht liegt es daran, da ich mir bis dahin wenig Gedanken zu der DDR Vergangenheit gemacht habe. Dafür machte es das Geschehen umso spannender, weil ich den Täter bis zum Schluss nicht erahnen konnte. Über den damaligen Volksaufstand von 1953, bei dem viele unzufriedene Bürger der DDR auf die Straßen gingen und es zu einer extremen Fluchtwelle kam, wusste ich bis dahin recht wenig. Die Ignoranz der damaligen DDR Führung gegenüber der Arbeiterklasse, die zusehends unter der extremen Erhöhung der Arbeitsnormen, Armut und Hunger leidet, wird immer extremer. Schuld sind sicher die hohen Ausgaben für Reparationsleistungen und dem Aufrüsten des Militärs. Die zusätzlichen Enteignungen von Höfen, Firmen, anderem Eigentum und die Erhöhung der Abgaben setzt dem Volk außerdem zu. Kein Wunder also das es innerhalb der Bevölkerung zu Protesten kommt. Dadurch kommen viele Bürger in Haft, wo man nicht gerade zimperlich mit ihnen umgeht. Die meisten müssen brutale Folter über sich ergehen lassen, bei denen einige sogar sterben. In diesem Krimi wird wieder ein bedeutender Teil der ehemaligen DDR Geschichte aufgezeigt, den man sicher nicht vergessen sollte. Dass der sonst so ehrgeizige und neutrale Heller zusehends darunter leidet, dass er nicht der Partei zugehört, spürt man hier immer stärker. Ich bin gespannt, wie lange er das noch aushalten kann, ohne das es verheerende Konsequenzen für ihn oder seine Familie geben wird. Im Ansatz spürte ich es auch hier schon, was kommen könnte. Zum Glück hält Kollege Oldenbusch weiter zu Max und sie bleiben bisher noch immer ein gutes Team. Genosse Bech hingegen passt so gar nicht in dieses Team, seine Art wie er mit Heller und den Menschen umgeht gefällt mir überhaupt nicht. Besonders, weil man bei ihm nie weiß, wo man dran ist und was er als Nächstes plant. Hier spürt man sofort die extreme Präsenz der Stasi, die anscheinend überall ihre Augen und Ohren hat. Dadurch wird die Diskrepanz zwischen Max und Klaus ebenfalls immer extremer. Klaus, der durch seine Partei eine regelrechte Gehirnwäsche erhalten hat, ist ständig davon überzeugt, dass sie das richtige tun. Durch seine unfreundliche, bestimmende Art entfremdet er sich immer weiter von seiner Familie. Auch die Demenz von Frau Marquart wird hier gut dargestellt und berührt mich sehr, besonders weil sie für mich ein Teil der Familie Heller ist. Für mich war es diesmal eine etwas verwirrende Geschichte, die mich nicht ganz so überzeugen konnte wie die Bände zuvor. Trotzdem bleibt Frank Goldammer weiter ein bemerkenswerter Autor, dem ich gerne 9 Eulen gebe.
    :thumbup:


    ASIN/ISBN: 342326232X

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • Zum Inhalt:


    "Wer die Heimat verrät


    Der Alltag in der jungen DDR ist beschwerlich. Es fehlt an allem, die SED-Regierung verfolgt gnadenlos ihre Kritiker, und die Zahl derer, die das Land verlassen, steigt unaufhörlich. Am 17. Juni 1953 eskaliert die politische Lage. Landesweit kommt es zu gewalttätigen Protesten. In dieser Nacht wird Kommissar Max Heller zu einem Dresdner Isolierungsbetrieb gerufen. Der frühere Eigentümer wurde brutal mit Glaswolle erstickt. Ist er ein Opfer der Aufständischen geworden? Aber Heller hat einen anderen Verdacht. Während er in den Wirren des Volksaufstandes einen unberechenbaren Mörder sucht, drängt Karin auf eine Entscheidung: Sollen sie ihre Heimat verlassen und in den Westen gehen oder sollen sie ausharren?"

    (Quelle: dtv.de)


    Meine Meinung:


    Im fünften Max-Heller-Krimi verschlägt es die Leser ins Jahr 1953. Ausgangspunkt ist der Arbeiteraufstand im Juni, in dem unter anderem die Senkung der Arbeitsnormen gefordert worden. Leider wurde der damalige Aufstand blutig zerschlagen. In den Wirren dieses Aufstandes geschiet der Mord, den es nun wieder gilt, aufzuklären.


    Der fünfte Band wieder flüssig zu lesen, die Figuren sind wieder gut getroffen, auch wenn in den Vorgängerbänden mehr Potential stecke, was die Figurenentwicklung und -ausarbeitung betrifft. Grundsätzlich ist das Buch spannend zu lesen.


    Jedoch finde ich, dass der Titel, trotz der Kürze, zu viel verspricht. Der Juni 53 ist mehr oder weniger Ausgangslage, als bräuchte der Autor auf Teufel komm raus einen Aufhänger, jedoch versumpft es schnell wieder. Der Arbeiteraufstand wirkte auf mich mehr als Platzhalter, als dass es sich über den gesamten Roman zieht. Hier hätte mehr herausgeholt werden können.

    Auch wirkt der Plot ansich auch etwas holprig bzw. zu konstruiert.


    Fazit:


    Alles in allem ein spannender und flüssig zu lesender Roman, der sich zwar gut in die Reihe einfügt, aber meines Erachtens der schwächste Teil ist, da hier die Mankos deutlicher hervortreten als in den vier Vorgängerbänden.


    Daher nur 3 von 5 Punkten