Eigentlich ist die große Zeit der europäischen Superhelden seit dem Ende des Kalten Krieges vorbei. Doch als Anfang 2016 ein blutrünstiges Monster damit beginnt, die Wiener Innenstadt unsicher zu machen, schließen sich einige der wenigen noch aktiven Superwesen zusammen, um die Bedrohung zu stoppen.
Captain Austria Jr., Sohn des legendären Führers der „Wiener Wächter“ Captain Austria, die übermenschlich starke Wrestlerin Lady Heumarkt mit ihrer undurchdringlichen Haut, das sagenumwobene Wasserwesen Donauweibchen und der geheimnisvolle Bürokrat stellen sich der zuerst unüberwindlich scheinenden Aufgabe. Und machen sich auf die Suche nach dem Monster, nach alten Verbündeten und nicht zuletzt nach Antworten.
Superhelden begleiten mich, seit ich lesen kann, also seit meinem fünften Lebensjahr, und das wären dann mittlerweile 48 Jahre. Meine Comicsammlung besteht zu 99% aus amerikanischen Originalcomics, welche ich seit 1977 sammle, und so möchte ich mir selbst (angeberischerweise) ein relativ fundiertes Wissen in Punkto Marvel, DC, Image und Co. attestieren.
Aufgewachsen bin ich zwar mit den Helden, die Stan Lee, Jack Kirby, Steve Ditko, Roy Thomas und die anderen kreativen Köpfe bei Marvel in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts erschufen, und somit kann man mir also eine geschmackliche Prägung in diese Richtung unterstellen. Doch wenn man sich einmal ein wenig auf dem Weltmarkt der Superhelden umsieht und über den amerikanischen Tellerrand hinausblickt, so findet man in fast jedem Land irgendeine Comicserie, welche dem Lokalkolorit mit eigenständigen Kämpfern für das Gute Tribut zollt.
Sieht man sich die Namen der Superhelden an, kann man nicht umhin hinter der ganzen Sache eine Comedy zu erwarten. CAPTAIN AUSTRIA JR., LADY HEUMARKT, DONAUWEIBCHEN und BÜROKRAT sind nicht wirklich das, was man erwartet, bei ernsthafter Unterhaltung. Dieses Vorurteil führt sich jedoch selbst ad absurdum, wenn man die Namen der amerikanischen Superhelden in die deutsche Sprache übersetzt. Ich werde mir jetzt nicht die Mühe machen, denn das ist eigentlich bekannt – WOLVERINE = Vielfraß usw..
Die ganze Geschichte beginnt irgendwie mittendrin und das Universum der AUSTRIAN SUPERHEROES existiert scheinbar schon so lange wie es MARVEL oder DC gibt. Man hält sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf, sondern schickt die vier Helden sofort in einen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner, dem sie (natürlich) unterliegen und sich somit als Team erst einmal finden müssen. Doch werden die Originstorys und diverses Hintergrundwissen Stück für Stück als Backstory nachgereicht und man bekommt ein Gefühl für die handelnden Figuren und deren Hintergrund.
Der Zeichenstil mutet durchgehend amerikanisch-independent an, und hat nichts von dem von mir erwarteten franco-belgischen Einschlag. Nichts wirkt wie ein Funny, denn die ganze Geschichte hat zwar ihre humorigen Seiten doch arten die nicht in Klamauk oder Cartoon aus. Wenn ich unbedingt einen Vergleich heranziehen müsste, so wäre der bei den GREAT LAKES AVENGERS, welche John Byrne in den Neunzigern des vergangenen Jahrtausends in den WEST COAST AVENGERS entwickelt hatte, oder bei seinen später entstandenen NEXT MEN.
Konnten mich also die austrialischen Superheroes begeistern?
Das konnten sie, denn nach einer persönlichen Auszeit von Superhelden im Medium Comic, hatte ich einen wirklich diebischen Spass dabei, einmal etwas zu lesen, das so viel Lokalkolorit hat, das man auch die Schauplätze irgendwie nachvollziehen kann – selbst als Nichtösterreicher.
Das erste Abenteuer ist geschafft. Ein Team aus Individualisten – im Stile der AVENGERS oder JUSTICE LEAGUE – wurde zusammengestellt und selbst der Umstand, dass das Universum der ASH bereits existierte, bevor sich die „Rückkehr der Helden“ ereignet, tut allem keinen Abbruch.
Wer sich also einmal von Local Heroes begeistern lassen möchte und nicht zu sehr Wert auf Mainstream legt, der wird hier voll und ganz auf seine Kosten kommen.