Der 1. Dezember von Voltaire
Vorweihnachtszeit/Adventszeit.
Eine besinnliche Zeit?
Mitnichten!
Es ist Hochsommer, die Temperaturen sind teilweise bei über 30 Grad. Man sollte meinen, das da niemand an das Weihnachtsfest denkt. Irrtum!
Die Jagd auf Weihnachtsgeschenke ist eröffnet, genau genommen beginnt sie bereits am 2. Januar.
Wollt ihr den totalen Kommerz? Das „Ja-Gebrülle“ ist kaum zu überhören.
Dabei bietet doch gerade die Vorweihnachtszeit die Möglichkeit zu inneren Einkehr, zum Beschäftigen mit Dingen, für die während des Jahrs kaum Zeit vorhanden war.
Ist es nicht irgendwie doof, das der Begriff „Weihnachten“ durch den Geschenkewahn pervertiert wird?
Dabei kann man gerade in der Vorweihnachtszeit Dinge erleben, die es wert sind erlebt zu werden.
Hier ein kleines Beispiel:
Im letzten Jahr war ich Mitte bei Dezember bei PENNY (eine Ladenkette die ich meide wie der Teufel das Weihwasser). Vor mir an der Kasse ein ältere Mann. Er packte seine Einkäufe auf das Laufband. Dabei passierte es. Ein Becher mit Buttermilch fiel herunter und der Inhalt breitete sich auf dem Boden aus.
Die Kassiererin, eine keifende Trümmerlotte, pöbelte auch sofort los. Naja, PENNY eben.
Der ältere Herr machte einen hilflosen Eindruck.
Die Kassen-Xantippe aber pöbelte weiter.
Ich schaute sie an und sagte: „Noch ein Wort – und dieser Laden ist bald Geschichte, so wie Sie auch. Holen Sie einen Lappen und wischen das hier auf. LAUFSCHRITT!“ Ich fühlte mich trotz absolut fehlender Kompetenz angenehm an meine Zeit bei der Bundeswehr erinnert. Die Dame meinte dann sie müsste ihren Chef holen. Der kam, ein Zwerg, der versuchte sich breit zu machen.
Eine Witzfigur.
Er schaut mich an und sagte: „Was erlauben Sie sich.......“
Ich brüllte ihn daraufhin an: „Nehmen Sie die Hacken zusammen wenn Sie mit mir reden.!“
Der Zwerg verstummte.
Anschließend kam ich mit älteren Mann ins Gespräch. Er lud mich zu einem Kaffee ein und wir unterhielten uns sehr angeregt. Aus einer Tasse Kaffee wurden drei Stunden.
Albert, so hieß der Mann, war einer der angenehmsten Gesprächspartner die ich je kennengelernt hatte. Und mit dem Thema „Literatur“ hatten wir dann auch sehr schnell ein Gesprächsthema das eigentlich immer unerschöpflich ist.
Aber er erzählte auch von sich. Er jammerte nicht, er nannte nur sachlich die Fakten. Seine beiden Kinder waren bei einem Unfall ums Leben gekommen, seine Frau hatte das nicht verkraftet und den Freitod gesucht. Er wollte kein Mitleid, war nur sehr dankbar das da jemand war der zuhörte.
Ich lud ihn zu unser zum Abendessen ein.
Meine Frau wird mit Fremden nie schnell warm – aber mit Albert war es total anders. Sie hatten sofort einen Draht zueinander. Denn auch Albert war ein Rosenliebhaber – und wenn die beiden über Rosen ins Gespräch kamen, dann gab es kaum etwas, das sie ablenken konnte.
Im Laufe des Jahres wurde Albert ein wirklich guter Freund. Nie aufdringlich, dankbar aber nicht devot, immer interessiert an seinen Mitmenschen. Ein wunderbarer Mensch.
Vor zwei Wochen ist Albert gestorben. Er fehlt. Trotzdem waren wir dankbar für dieses wunderbare Geschenk seiner Freundschaft.
Was ich eigentlich sagen wollte ist: Die Vorweihnachtszeit kann so unendlich viel mehr sein als die sinnleere Jagd nach Geschenken.
Der Tod ist nicht das Ende – er ist nur der Anfang von etwas Anderem. Und Menschen sind erst dann wirklich tot – wenn wir sie vergessen und nicht mehr in unserem Herzen tragen.
Es ist wirklich so: Liebe kennt keine Grenzen.
Nachsatz:
Ich habe wenn ich mich rechte erinnere für Eulen-Adventskalender 2011 (6.12. 2011) mal einen Beitrag geschrieben (Das Aufsatzheft) den ich für meinen Besten halte. Auch die Frau die ich dort beschrieben habe, lebt nach wie vor in meinem Herzen – und gerade jetzt in dieser für mich besinnlichen und stillen Zeit ist wieder gegenwärtig.
Der Büchereulen-Adventskalender 2011
Aber warum habe ich das jetzt alles aufgeschrieben?