Verlag: S.Fischer, 2019
Gebunden, 288 Seiten
Kurzbeschreibung:
1915: Die alte Bibel einer armenischen Familie an der Schwarzmeerküste ist das Einzige, was den Geschwistern Anahid und Hrant auf ihrer Flucht bleibt. Hundert Jahre später in Jerewan wird der Restauratorin Helen eine Bibel anvertraut. "Hrant will nicht aufwachen", hat jemand an den Rand einer Seite gekritzelt. Helen taucht ein in die Rätsel des alten Buches, in das moderne Armenien und in eine Geschichte vom Exil, vom Verlorengehen und vom Schmerz, der Generationen später noch nachhallt. Und sie bricht auf zu einer Reise an die Schwarzmeerküste und zur anderen Seite des Ararat.
Über die Autorin:
Katerina Poladjan wurde in Moskau geboren, wuchs in Rom und Wien auf und lebt in Deutschland. Sie schreibt Theatertexte und Essays, auf ihr Prosadebüt »In einer Nacht, woanders« folgte »Vielleicht Marseille« und gemeinsam mit Henning Fritsch schrieb sie den literarischen Reisebericht »Hinter Sibirien«. Sie war für den Alfred-Döblin-Preis nominiert wie auch für den European Prize of Literature und nahm 2015 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil. Für »Hier sind Löwen« erhielt sie Stipendien des Deutschen Literaturfonds, des Berliner Senats und von der Kulturakademie Tarabya in Istanbul.
Mein Eindruck:
Das Buch ist in einem sorgfältigen, ruhigen Stil verfasst, den ich sehr mag. Ein Hauch von Melancholie begleitet die Sprache der Autorin, die einen armenischen Großvater hatte.
Es gibt zwei Handlungsebenen.
Helen lebt in Deutschland, hat armenische Vorfahren und reist nach Armenien um eine alte Familienbibel zu restaurieren und ihre Restaurationskunst weiter zu verfeinern.
Dann gibt es die Geschichte von 2 Kindern, Anahid und Hrant, Geschwister, die 1915 auf der Flucht sind, um den Genozid zu überleben. Ihre Eltern sind vermutlich tot, nur die Familienbibel haben sie dabei.
Nur anhand der sensiblen Beschreibung dieser Flucht wird die Tragik des Massakers an den Armeniern verdeutlicht, ohne ansonsten ins Detail zu gehen. Das halte ich für gut gemacht.
Durch die Bibel gerät Helen auf die Spur ihrer Wurzeln, aber sie sagt sich auch, sie sei kein Baum (hat also keine Wurzeln). In diesem Zwiespalt der Distanz und dem Interesse bewegt Helen sich durch die Geschichte. Sie fühlt sich in Armenien schnell fast heimisch und findet Freunde, sogar eine Liebe.
Das Buch ist aufgrund des interessanten thematischen Inhalts lesenswert, sprachlich sehr fein gemacht und war meiner Meinung nach zu recht auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis.
ASIN/ISBN: 3103973810 |