Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Wie wird man die Frau, die man sein will?
In einer Sommernacht 1906 verlässt die eigenwillige Lisette Winter heimlich ihr Elternhaus: Ihre Liebe gehört dem Modezeichnen und Schneidergesellen Emile. Im Rheingau, fernab einer konservativen Gesellschaft, wollen sie selbstbestimmt leben. Schon bald ist das Paar bekannt für seine extravagante Reform-Mode. Doch dann bricht der Krieg aus und bringt neue Herausforderungen ... Hundert Jahre später hat auch Lisettes Urenkelin das Gefühl, nicht in ihr Leben zu passen. Sie begibt sich auf Spurensuche in die Vergangenheit. Nach und nach entfaltet sich für Maya die bewegende Geschichte der Frauen ihrer Familie – und ihre eigene.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Astrid Ruppert studierte Literaturwissenschaft und arbeitete mehrere Jahre als Producerin und Redakteurin für das Fernsehen, bis sie während einer unfreiwilligen Auszeit zu schreiben begann. ›Leuchtende Tage‹ ist ihr fünfter Roman und der Beginn einer Trilogie über die Geschichte vierer Generationen von Müttern und Töchtern einer Familie. Astrid Ruppert, selbst Tochter, Mutter und Großmutter, geht hier der Frage nach, welches Band die Frauen einer Familie eigentlich zusammenhält. Wann gibt dieses Band Halt, und wann und wie kann man es lösen? Und wie prägt man selbst diese Beziehungen.
Allgemeines
Erster Band einer Trilogie über die Frauen der Familie Winter
Erschienen am 24. Oktober 2019 im dtv-Verlag als broschiertes TB mit 480 Seiten
Gliederung: Prolog – Acht Großkapitel mit nach Jahresangaben gegliederten Abschnitten – Nachwort – Quellenangabe
Erzählung in der dritten Person aus Lisettes Perspektive, Einschübe aus Mayas Tagebuch als Ich-Erzählung
Handlungsorte und -zeit: größtenteils Wiesbaden und Eltville, 1888 bis 1935 / 2006
Inhalt
Lisette wächst in Wiesbaden als Tochter eines wohlhabenden Bauunternehmers auf. Ihrer Mutter Dora, die aus kleinen Verhältnissen stammt, ist nichts wichtiger als zur „guten Gesellschaft“ zu gehören und sie versucht mit allen Mitteln, Lisette zur typischen Tochter aus gutem Hause zu erziehen. Lisette soll sich wie eine perfekte junge Dame benehmen, möglichst wenig eigenständig denken und darauf warten, von einem Mann der gehobenen Gesellschaft – möglichst einem Adeligen – geheiratet zu werden. Lisette ist jedoch ganz anders als ihre versnobte Mutter, sie möchte weder von gesellschaftlichen Konventionen noch von den korsettgestützten Kleidern der Vorkriegszeit eingeengt werden und sie will ihrem Leben einen Sinn geben. Ihr Wunsch gilt einem unabhängigen Dasein als Modezeichnerin, die bequeme Kleidung für Frauen entwirft und dadurch die Lebensqualität der Trägerinnen verbessert. In dem Schneider Emile, der ins Haus kommt, um den Damen der Familie Winter Kleider zu nähen, erkennt sie eine verwandte Seele. Sie verliebt sich unsterblich in den Mann, der sie – als erster Mensch überhaupt – als eigenständige Persönlichkeit wahrnimmt. Da ihre Eltern einer gemeinsamen Zukunft Lisettes mit „nur“ einem Schneider nie zustimmen würden, flieht sie 1906 gemeinsam mit Emile, um fortan mit ihm zu leben und zu arbeiten.
Hundert Jahre später wandelt Lisettes Urenkelin Maya auf ihren Spuren und recherchiert über das Leben ihrer stolzen und mutigen Vorfahrin, die so ganz anders war als sie selbst.
Beurteilung
Der erste Band der Trilogie über die Frauen der fiktiven Familie Winter beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern. Lisettes Mutter Dora, die sich ihrer einfachen Herkunft schämt und deshalb übertrieben standesbewusst und über-angepasst auftritt, kann nicht begreifen, dass ihre Tochter ihre Vorstellung vom Leben nicht teilt. Lisette, eine äußerst starke Persönlichkeit, muss später ihrerseits erkennen, dass auch ihre Tochter eine eigene Persönlichkeit mit eigenen Zielen ist. Dieses Thema spielt auch im Falle von Lisettes Urenkelin Maya, die als Ich-Erzählerin in ihrem Tagebuch über ihre familiengeschichtlichen Nachforschungen berichtet, eine Rolle. Maya bewundert Lisette, ihr ist sehr bewusst, dass sie selbst schüchtern und wenig mutig ist, worin sie sich nicht nur von Lisette, sondern auch von ihrer eigenen „wilden“ Mutter Paula unterscheidet.
Die Charaktere aller Romanfiguren sind sehr gründlich ausgearbeitet. Diese Charaktere agieren vor einem gut recherchierten historischen Hintergrund, der ein eindrückliches Bild der gesellschaftlichen Veränderungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1935 zeichnet. Von besonderem Charme sind eingefügte Zitate aus zeitgenössischen Büchern und Zeitschriften (“Der gute Ton“, „Damenjournal“ etc.), die einen Eindruck vom damaligen Frauenbild vermitteln.
Der Erzählstil ist anschaulich und farbenprächtig, sodass sich das Buch sehr flüssig lesen lässt. Die Beschreibung der großen Liebe zwischen Lisette und Emile ist ein wenig zu gefühlsüberladen geraten und hätte etwas weniger pathetisch gestaltet werden können.
Fazit
Ein vielversprechender Auftakt einer Trilogie, die sich mit den Familienkonstellationen von Frauen und ihren Müttern, bzw. Töchtern beschäftigt, sehr lesenswert!
8 Punkte