'Die Rückkehr' - Seiten 001 - 038

  • Dann fange ich mal an, zumal der erste Teil, den ich als eine Art „Ouvertüre“ empfunden habe, recht kurz ist.


    NB. Ich hatte nach der Anmeldung durchaus darüber nachgedacht, die Einteilung doch zu verändern, um andere Abschnittslängen zu erhalten (vor allem die recht langen etwas zu kürzen). Aber als ich mir das Buch dann nochmals genauer angesehen habe, ließ ich es denn doch so, denn die jetzige Einteilung folgt derjenigen, die der Autor dem Buch gegeben hat. Und er muß ja am Besten wissen, wie die einzelnen Kapitel zusammen gehören.


    Da ich die letzten Wochen über meist auf Englisch gelesen habe, ist die deutsche Sprache fast schon so etwas wie eine Erholung. Der Autor hat mich auch gleich für seine Geschichte eingenommen, bisher gefällt es mir stilistisch außerordentlich gut. Was auch damit zu tun haben mag, daß ich sein Buch „Der Engel mit der Posaune“ in ausnehmend guter Erinnerung behalten habe, trotz des überaus ernsten Inhalts. Das wollte ich vor diesem Roman zwar nochmals lesen, habe es zeitlich aber leider nicht geschafft. - Ich habe in meine alten dortigen Leserundenbeiträge hineingelesen und denke, es ist eine Art Gewohnheit eingetreten, die mir jetzt hilft. Oder anders: ich bin den Stil des Autors gewohnt und fühle mich fast „zuhause“ damit.


    Besonders angenehm und lobenswert fiel mir an mehreren Stellen auf, daß der Verlag bei der Neuausgabe den Text nicht anhand der heutigen political correctness zensiert hat, sondern im Original beließ (vgl. z. B. S. 21: „Wöchentlich zweimal eine Negerin zur Hilfe.“).


    S. 25: „Du musst dich entschließen, Felix. Nicht weil du heut etwas unterschrieben hast, sondern weil du sonst nicht weiterkannst.

    Über den Satz werde ich wohl noch eine Weile nachdenken.


    Aus Seite 28 wurde dann die Zeitbezogenheit des Textes deutlich, zumindest für mich. Mit „diversen Herren Cohn“ konnte ich erst einmal nichts anfangen, diesen Begriff habe ich noch nie gehört. Wikipedia klärt dann auf, daß damit die Juden gemeint sind.

    S. 31: „Zwei Menschen trafen sich auf einem Hügel, unweit der Station Scarsdale im Staate New York, und ihnen widerfuhr, was in diesem Augenblick den Menschen überall begegnete, wo sie einander trafen. Sie wussten nichts voneinander.

    Wie in einer Stadt eben. Als ich vor fünf Jahren aus einem Dorf hierher in eine Kleinstadt verzog, machte ich eben diese Erfahrung in ähnlicher Weise. Während man sich im Dorf (selbst als dort Zugezogener) kannte und vom anderen wußte, trifft das hier schon auf die nächsten Nachbarn nicht mehr zu. Stadt eben. Wie viel mehr muß das dann in einer Großstadt wie New York so sein.


    Insgesamt ist mir der Einstieg ins Buch sehr gut gelungen und ich freue mich aufs Weiterlesen. Auch wenn ich vermute, daß das nicht unbedingt eine Komödie werden wird, eher schon eine Tragödie. Aber das bringt die Zeit mit sich.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Mir hat der Einstieg ebenfalls gut gefallen. Die Familie und Felix Umgebung wird vorgestellt, seine Zerrissenheit wird schon deutlich.


    Er tut seinen Landsleuten aber ein wenig Unrecht. Diese Volksabstimmung ergab zwar große Zustimmung zum Anschluss an Nazi Deutschland. Es handelte sich aber um keine freie Wahl.

    Allerdings haben sicher viel zu viele aus Überzeugung zugestimmt.


    Gelegentlich irritiert mich der Sprachgebrauch.

  • Gelegentlich irritiert mich der Sprachgebrauch.

    An den Stil mußte ich mich seinerzeit im "Engel mit der Posaune" erst gewöhnen. Hier empfinde ich den ähnlich - und komme ob meiner Gewohntheit sehr gut damit klar. Einzelne Austriaca stören mich nicht, im Gegenteil. Da das Buch von Österreichern handelt und im Weiteren dort spielt, finde ich das passend.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich konnte dann auch endlich mit dem Buch starten und der erste Abschnitt gefällt mir recht gut.

    Der etwas ungewöhnliche Sprachgebrauch und der ein wenig altmodische Stil sind mir auch aufgefallen. Aber im positiven Sinne: mir gefällt die Art wie der Autor schreibt. Ich lese das Buch dadurch auch eher langsamer und intensiver.

    Ein paar ungewöhnliche Ausdrücke sind mir auch aufgefallen, zum Beispiel auf S. 15: "Wenn man scharf hörte...". Ich kenne eigendlich nur "scharf sehen" oder "angestrengt hören". Scharf hören ist mir noch nie untergekommen. Ich weiß nicht ob so was vielleicht auf die österreichische Sprache zurückzuführen ist ?



    S. 31: „Zwei Menschen trafen sich auf einem Hügel, unweit der Station Scarsdale im Staate New York, und ihnen widerfuhr, was in diesem Augenblick den Menschen überall begegnete,wo sie einander trafen. Sie wussten nichts voneinander.“

    Dieser Satz ist mir auch ins Auge gestochen. Allerdings habe ich seine Bedeutung gar nicht so auf das Leben der Menschen in der Großstadt bezogen. Sondern ich habe es so verstanden, dass ganz allgemein die Menschen nichts von sich selbst preis geben wollen sondern ihre wahren Gedanken, Gefühle usw. für sich behalten und man deswegen eigentlich nicht wirklich etwas voneinander weiß. Eher so wegen der damaligen Zeit mit den Krieg und den vielen Auswanderen. Das die einzelnen Menschen sich nicht getraut haben, zu viel über sich zu verraten.



    SiCollier : Danke für den Link zu den diversen Herren Cohn. Mir ist der Ausdruck auch aufgefallen und ich konnte damit gar nichts anfangen. Also mal wieder etwas dazu gelernt duch eine Leserunde.;)


    Von den Figuren hat mir hier im ersten Abschnitt die Großmutter Viktoria mit ihrer Kathi am besten gefallen. Ich weiß ja nicht, ob sie im weiteren Verlauf des Buches überhaupt noch eine Rolle spielen wird, aber von ihr würde ich gerne noch mehr lesen. Sie ist so schön direkt und spricht einfach aus was sie denkt.


    Felix Verhältnis zu Livia verstehe ich noch nicht so ganz. Einerseits denkt er schon von ihr als seine Ehefrau, andererseits sprechen sie sich noch mit "Sie" an und sie scheint ihm dann doch nicht so wichtig zu sein. Und die Liebeserklärung, die er ihr gemacht hat,war ja auch nicht wirklich romantisch, sondern sehr hölzern und förmlich. Ich bin mal gespannt, ob die beiden wirklich heiraten werden.

  • Dieser Satz ist mir auch ins Auge gestochen. Allerdings habe ich seine Bedeutung gar nicht so auf das Leben der Menschen in der Großstadt bezogen. Sondern ich habe es so verstanden, dass ganz allgemein die Menschen nichts von sich selbst preis geben wollen sondern ihre wahren Gedanken, Gefühle usw. für sich behalten und man deswegen eigentlich nicht wirklich etwas voneinander weiß. Eher so wegen der damaligen Zeit mit den Krieg und den vielen Auswanderen. Das die einzelnen Menschen sich nicht getraut haben, zu viel über sich zu verraten.

    So kann man es auch sehen. Vielleicht hat der Autor von beidem etwas gemeint, denn in Amerika waren die Verhältnisse doch etwas anders als in Europa.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • So kann man es auch sehen. Vielleicht hat der Autor von beidem etwas gemeint, denn in Amerika waren die Verhältnisse doch etwas anders als in Europa.

    Salopp oder umgangssprachlich ausgedrückt, bedeutet es einfach, dass man den Menschen immer nur "vor den Kopp gucken kann".

    Man kann erst dann wissen, was wirklich im Gegenüber vorgeht, wenn sie/er sich öffnet. Umgekehrt ist es ja genauso.

    Ich habe das tatsächlich als allgemeine Aussage verstanden, unabhängig vom Krieg, Zeit und Ort.


    Ich mag die Sprache und den Stil. Es liegt also nicht am Buch, dass ich so langsam voran komme.

    Interessant finde ich, wie Lothar die Überheblichkeit der Auswanderer auf den Punkt bringt. Felix selbst hat sie verinnerlicht, geht aber eher kritisch mit sich und seinem Umfeld um. Die Großmutter ist sich ihrer bewusst, lacht aber darüber.

    Das gilt nicht nur für die Amerikaner, sondern auch für die "diversen Herren Cohns". Natürlich sind die von Gelderns etwas besseres. ;-)

  • Salopp oder umgangssprachlich ausgedrückt, bedeutet es einfach, dass man den Menschen immer nur "vor den Kopp gucken kann".

    Man kann erst dann wissen, was wirklich im Gegenüber vorgeht, wenn sie/er sich öffnet. Umgekehrt ist es ja genauso.

    Ich habe das tatsächlich als allgemeine Aussage verstanden, unabhängig vom Krieg, Zeit und Ort.

    Ich hatte das viel profaner verstanden, einfach aus meiner Erfahrung des Gegensatzes Dorf - Stadt, den ich vor einigen Jahren, als wir aus einem Dorf hierher in eine Kleinstadt (die Kreisstadt) gezogen sind, gemacht habe.


    Die "kulturlosen Amerikaner" sind ein ganz eigenes Thema, das für meine Begriffe später im Buch auch auftaucht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Eijeijei, was ist das denn schon wieder für ein Buch. :grin

    Ganz schön strubbelige und zerrissene Sprache, die meist über Andeutungen nicht hinauskommt. Da habe ich mich ja auf was eingelassen.


    Felix ist nun also Amerikaner und weiß noch gar nichts damit anzufangen. So einfach verlässt man dann seine Heimat wohl doch nicht. Der Titel "Rückkehr" deutet aber ja schon an, dass er nicht ewig in den USA bleiben wird. Ich bin gespannt.

  • Eijeijei, was ist das denn schon wieder für ein Buch.

    Ganz schön strubbelige und zerrissene Sprache, die meist über Andeutungen nicht hinauskommt. Da habe ich mich ja auf was eingelassen.

    Also die Sprache ist noch das, was mir an dem Buch mit am besten gefällt!:grin



    Der Titel "Rückkehr" deutet aber ja schon an, dass er nicht ewig in den USA bleiben wird. Ich bin gespannt.

    Ich hatte den Titel eigentlich auf seine "Rückkehr" in das Heimatland Österreich verstanden. Aber man kann es natürlich auch so interpretieren.

  • Ganz schön strubbelige und zerrissene Sprache, die meist über Andeutungen nicht hinauskommt. Da habe ich mich ja auf was eingelassen.

    Ganz so extrem wie Du habe ich das beim "Engel mit der Posaune" nicht empfunden, ich brauchte eine Weile, mich daran zu gewöhnen, bis ich die Sprache für den zu erzählenden Inhalt als sehr passend empfunden habe. Insofern wußte ich hier, was mich erwartete und bin auch hier (ich habe schon ausgelesen) der Meinung, daß die Sprache genau passend zur Geschichte ist. Aber das kann man natürlich auch anders sehen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Mir geht es bezüglich der Wortwahl wie euch. Ist das altes Deutsch oder Österreichisch? Beim Wort "Neger" allerdings gibt es mir jedesmal einen Stich. Dabei kann ich mich schon noch daran erinnern, dass dieser Ausdruck für mich als Kind völlig neutral war.


    Felix Verhältnis zu Livia verstehe ich noch nicht so ganz. Einerseits denkt er schon von ihr als seine Ehefrau, andererseits sprechen sie sich noch mit "Sie" an und sie scheint ihm dann doch nicht so wichtig zu sein.

    Das ist schon seltsam. Felix sagt bzw. denkt ja mehrfach, dass er sie gern hat. Aber Gernhaben scheint mir für eine Ehe zu wenig. Ich hatte den Eindruck, dass Felix in einer Ehe die Möglichkeit sah, sich noch stärker an die USA zu binden. Und da er sonst keine andere Frau zum Heiraten hat und Livia sich ihm fast aufdrängt, liegt diese Ehe nahe.

    Vielleicht ist er ja noch so aufgewachsen, dass es nicht unbedingt eine Liebesheirat sein muss.


    Wie alt ist Felix eigentlich?



  • Felix' Verhalten bei der Bürgerbefragung ist bemerkenswert. Er gibt ganz offen zu, dass er sein Visum über Beziehungen erhalten hat und dass er die USA anfangs unerträglich fand. Ist das naiv oder Berechnung?


    Wieso zögert Felix bei der Unterschrift bei dem Wort "von"? Weil nach dem Ersten Weltkrieg Adelstitel in Österreich verboten waren?

    Wenn jetzt Felix sich dafür entscheidet, den alten Namen "von Geldern" anzunehmen, dann frage ich mich, ob er innerlich nicht doch noch sehr an Österreich und der Vergangenheit hängt.